Amulett#
Das Wort Amulett (lat. amuletum) für einen krafterfüllten Gegenstand zum Umhängen fand Anfang des 18. Jahrhunderts Eingang in den deutschen Sprachschatz. Das Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens nennt einen vierfachen Zweck:
- Apotropäisch (Unheil abwehren),
- Analogiezauber (man kann damit Zwangshandlungen ausüben),
- Kraft des Trägers stärken,
- göttliche Wesen erfreuen.
Im populären Glauben spielten geschriebene Amulette wie unverständliche Zaubersprüche oder Himmelsbriefe eine Rolle. Eine Sonderform stellen die so genannte "Länge Christi" oder "Länge Mariens" (Abbildung: "Gewisse und wahrhafftige Länge und Dicke unserer lieben Frauen …"), dar. Auf schmalen, aneinander geklebten Streifen ist eine Reihe von Gebeten aufgedruckt. Wer sie regelmäßig las, sollte vor Schaden bewahrt werden. Die erste Erwähnung der Länge Christi erfolgte 1357 im Kloster Erstein im Elsass. Die Länge Mariens war vor allem für Frauen gedacht und sollte Geburten erleichtern. Später gab es Streifen in der angeblichen Körpergröße auch von anderen Heiligen.
Amulette wurden am Körper getragen, im Haus oder Stall angebracht, geküsst oder gegessen. Ihre Kraft erhielten sie durch das Material, Worte und Symbole, magische Handlungen oder Segnung. Auch Reliquien und Sakramentalien hatten oft amulettartigen Charakter, wobei die Kirche den Unterschied zwischen von ihr gebilligten Heiltümern und verbotenem "Aberglauben" betonte. Praktisch dürften aber die Grenzen fließend gewesen sein, denn in Wallfahrtsorten konnte man heilige Längen ebenso kaufen wie Schluckbilder. Dabei handelte es sich um Bogen mit vielen kleinen Darstellungen der Wallfahrtskirche, die man abschneiden und bei Krankheiten wie ein Medikament einnehmen konnte.
Manche Forscher unterscheiden Amulett (apotropäisch) und Talisman (Glück bringend).
Quelle:
Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Berlin 1927/1987. Bd. 1/Sp. 347 f., Bd. 2/Sp. 63 f.
Bild:
"Länge Mariens", 18. Jh. Gemeinfrei
Siehe auch:
Alltagsreligiosität