Regen#
Wegen seiner Bedeutung für die Landwirtschaft haben viele Kulturen den Regen mit überirdischen Wesen in Beziehung gebracht. Regen oder dessen Abwehr zu erflehen, versuchte man in populären wie kirchlichen Riten. Regenzauber, bei dem Mädchen begossen wurden, führte in Deutschland nach der ersten Jahrtausendwende (Burchard von Worms, 1024) zu zwanzigtägiger Kirchenbuße. Noch im 17. Jahrhundert übten in der nicht mehr bestehenden Siedlung Rausmanns (Niederösterreich) drei Mädchen das Regenzauberritual der "Brunnenreinigung" aus.
Hingegen sollten Prozessionen
, Wallfahrten und Gebete zu bestimmten Heiligen Regen oder Schönwetter hervorrufen. Auch dem Regenwasser wurden zu manchen Zeiten bestimmte Wirkungen nachgesagt: Mairegen läßt die Kinder wachsen.
Regen als Orakel zur Hochzeit lässt sich positiv oder negativ deuten. Regen bei einem Begräbnis gilt als Todesvorzeichen für einen der Trauergäste. Hingegen lindert das Wasser die Qualen der armen Seelen. An bestimmten Lostagen zieht man Schlüsse auf das kommende Wetter oder die Ernteerträge: Nasse Ostern bringen ebensolche Pfingsten. Regnet es am 1. August, dann vier Wochen lang. Regnet es im Fasching, bekommt man viel Gemüse, Karfreitagregen bringt keinen Segen für die Landwirtschaft. Regenvorzeichen kommen aus Erfahrung ebenso wie aus irrigen Annahmen. Viele Bauernregeln fanden durch Kalender weite Verbreitung. Mondhof und Abendrot sollten auf Niederschläge deuten. Tiere gelten als Wetterpropheten. Wenn die Schwalben niedrig fliegen, wenn der Laubfrosch in der Tiefe bleibt, wenn Hunde Gras fressen usw.
Bekannte Redensarten sind "vom Regen in die Traufe kommen" (noch Schlimmeres erleiden), oder "jemanden im Regen stehen lassen" (im Stich lassen).
Früher als Regenschirme verwendete man Sonnenschirme, obwohl schon im Jahr 802 Abt Alcuin von Tours dem Bischof Arno von Salzburg einen Schirm schenkte und dazu schrieb: "Ich sandte dir ein Schutzdach, damit es von deinem verehrungswürdigen Haupte den Regen abhalte." Auch die englische Bezeichnung "Umbrella" verweist auf die Schatten spendende Funktion des Schirmes. Der Engländer Jonas Hanway (1712-1786) machte den Regenschirm - aus Holzstäben und Wachsleinwand - populär. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts ließen Metallgestelle die Schirme handlicher werden. Obwohl verschiedene Hersteller mit Taschenschirmen experimentierten, brachte erst der 1930 in Berlin patentierte "Knirps" den Durchbruch.
Der Regenbogen wurde mit Interesse beobachtet und gedeutet. Man dachte ihn aus goldenen Schüsseln aufsteigend oder einen Schatz bergend, als Brücke zwischen Himmel und Erde. Anlass dazu gaben wohl nach dem Regen ausgeschwemmte Bodenfunde antiker Goldmünzen. Wer sie fand, hielt sie für Glück bringend und heilsam. Im Alten Testament ist der Regenbogen das Zeichen der Herrlichkeit Gottes (Ez 1,28), in der Johannes-Apokalypse erscheint er über dem Thron Gottes. (Offb 4,3). In der Kirche wird er gerne als Symbol des Verbindenden, Brückenbauens verwendet. Die "Regenbogenpresse" zeigt mit vielen bunten Bildern das Leben der Reichen und Schönen. 1961 entstand in Italien die Anti-Kriegsflagge mit sieben Streifen in Regenbogenarben (oben violett, unten rot) und dem Schriftzug "Pace". 1978 entwarf der amerikanische Künstler Gilbert Baker ein "positives, freundliches Symbol" für Homosexuelle. Sie verwenden die Flagge mit sechs Streifen (oben rot, unten violett u.a. beim Christopher Street Day und der Regenbogenparade.
Quellen:
Beitl: Wörterbuch der deutschen Volkskunde. Stuttgart 1974. S. 667 f.
Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Berlin 1936/1987. Bd. 7 /Sp. 577 f.
Lutz Röhrich: Das große Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten. Freiburg/Br. 1992. Bd. 2 / S. 1235 f
Helga Maria Wolf: Mythos Wasser. St. Pölten 2009
Wikipedia Regenschirm (Stand 3.3.2024 )
Regenbogenfahne
Bild:
Paar mit Schirm. Postkarte um 1900. Gemeinfrei