Tisch#
Der Tisch war, wie die meisten Möbel im Bauernhaus, ursprünglich Arbeit des Zimmermanns und fest mit dem Gebäude (Wand oder Fußboden) verbunden. Andererseits lagen Tischplatten lose auf einem Gestell. (Daher die Redensart "Die Tafel aufheben") Beim gotischen Schragentisch ruhte die Platte fest verbunden auf Böcken mit schrägen Beinen, beim barocken Stollentisch auf senkrechten Pfosten. Manchmal war die Platte bemalt oder mit Einlegearbeit geziert, darunter konnte eine Lade Platz finden.
Je mehr der Tisch zum "Möbel" wurde, löste sich der Beruf des Tischlers von dem des Zimmermanns. Zeichen des Tischlers sind Hobel und Leim, des Zimmermanns die Axt. Der Tischler arbeitete mit Schwalbenschwanz- und Zapfenverbindungen, der Zimmermann durfte nicht nageln und schrauben. Aufgabe des Zimmerers war der Blockbau, des Tischlers die Vertäfelung der Stubenwände und die Herstellung der Möbel und Kleinmöbel, was häufig auch das Drechseln (in der Stadt ein zünftisches Gewerbe) und Schnitzen einschloss.
In traditionellen Vorstellungen spielte der Tisch eine besondere Rolle. Der pädagogische Aberglaube gebot Ordnung - über Nacht oder wenn man das Haus verließ, sollte nichts auf dem Tisch liegen bleiben. Am Esstisch durfte man nur fromme Reden führen. In der Antike war es Brauch, unter den Tisch gefallene Speisen nicht aufzuheben, sondern als Opfer für die Heroen zu belassen. Christlich interpretiert wurden daraus die Armen Seelen. Um Kleintiere an das Haus zu gewöhnen, mussten sie dreimal um die Tischbeine laufen. Knackende Tische verhießen nichts Gutes. Gegen das Verschreien klopfte man auf die Tischplatte. Auch die Tischordnung war bedeutsam, Eckplätze - traditionell Nicht-Familienmitgliedern zugedacht - galten als ominös. Von dort konnte man zu bestimmten Zeiten hellsehen. Wer dort saß, würde bald heiraten. Noch heute sagt man scherzhaft, wer an der Ecke sitzt, bekommt eine böse Schwiegermutter. Der Tisch galt (wie der Herd) als Symbol des Hauses. Der Tisch durfte nicht gepfändet werden. Er fand als erstes Hochzeitsmöbel seinen Platz, auf dem er stehen blieb. Dieser, in der Stubenecke, war durch den "Herrgottswinkel" - mit Kruzifix, Bibel, Devotionalien, Heiligenbildern als religiöser Wandschmuck - besonders ausgezeichnet. Das Tischgebet war ein lange geübter Brauch.
Ein Tischtuch verwendete man in ländlichen Haushalten nur bei besonderen Anlässen, wie dem feierlichen Mahl. Später wurden (Leinen-)Tischtücher mit Stickereien, z.B. Kreuzstich in überlieferten Motiven, verziert. Jacob Grimm (1785-1863) berichtete, dass das Zerschneiden des Tischtuchs, von dem die Ehegatten je die Hälfte bekamen, ein Rechtsbrauch bei der Scheidung war.
Redensarten lauten: "Etwas unter den Tisch fallen lassen" (nicht erwähnen), "etwas vom Tisch wischen" (nicht ausdiskutieren), "jemanden unter den Tisch trinken" (klaren Kopf behalten, während der Gegner betrunken ist), "jemanden an einen Tisch bringen" (Streitparteien zusammenführen), "reinen Tisch machen" (gründliche Ordnung schaffen), "vom grünen Tisch entscheiden" (Behördentische waren früher mit grünen Tuch bespannt, daher abschätzig für eine Verordnung ohne Sachkenntnis). Der "Tisch des Herrn" ist der Altar, bei dem man die Kommunion empfängt.
Quellen:
Beitl: Wörterbuch der deutschen Volkskunde. Stuttgart 1974. S.804 f.
Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Berlin 1937/1987. Bd. 8 / Sp. 953 f.
Lutz Röhrich: Das große Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten. Freiburg/Br. 1992. Bd. 3 / S. 1624 f
Bild:
Burgenländischer Bauerntisch in moderner Aufstellung. Foto: Alfred Wolf, 2000