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Spinnen#

Spinnen

Das Spinnen von Flachs, Hanf oder Wolle geschah ursprünglich mit dem Wirtel, einem durchlöcherten Stein oder runden Tonklumpen, der - von der rechten Hand in Bewegung gehalten - dem Faden die nötige Drehung gab, während Daumen und Zeigefinger der Linken das Material herauszupften. Darstellungen dieser Frauenarbeit datieren um 700 v. Chr, sie geschah im Gehen und Stehen. An Stelle der Steine traten später Spindeln. Einen Fortschritt bedeutete seit dem 14. Jahrhundert das Spinnrad. Dabei wurde der Spinnrocken für das Flachsbündel mit einem Radgestell verbunden. Nun konnte man in speziellen (einarmigen) Spinnstühlen bei der Arbeit sitzen. Spinnrocken und Rockenständer waren Drechslerarbeit, wenn sie zum Heiratsgut gehörten, auch verziert. 

Spinnstuben, in denen nur Frauen arbeiteten, gaben zu Vorurteilen Anlass. Sie wurden "fast zum Inbegriff von im Hause sich vollziehender von Erzählung, Lied, Musik, Spiel und Tanz begleiteter Gemeinschaftsarbeit". Da die Arbeit in den Winternächten vor sich ging, wurden manche Mädchen von Burschen abgeholt, wodurch die ganze Institution der Spinnstube in Verruf geriet. 

In bäuerlichen Gebieten bestanden Arbeitskleidung, für die Arbeit benötigte Tücher und Säcke aus Hanf. Größere Bedeutung hatte das aus Flachs gewonnene Leinen. Ein mit Leinenballen und Wäsche gefüllter Schrank war zur Aussteuer unerlässlich. Baumwolle kam zwar schon im 13. Jahrhundert über Sizilien und Spanien nach Mitteleuropa, konnte aber erst im 18. Jahrhundert mit Spinnmaschinen sinnvoll verarbeitet werden. Seide wurde auf dem Markt fertig gekauft. Merkantilistische Bemühungen, die Wiener mit verschenkten weißen Maulbeerbäumen und Anweisungen zur Seidenraupenzucht zu ermutigen, blieben letztlich erfolglos. 

Einige Redensarten beziehen sich auf das "Spinnen", zunächst mit abwertendem Beiklang. Wer hingegen "nicht recht spinnen will" gilt als faul. "An einem Rocken spinnen" hieß, sich gut zu vertragen. Der bekannte Spruch, dass Spinnen am Morgen Sorgen bringe, am Abend aber "Gaben", bezieht sich nicht auf die Tiere, sondern auf die Tätigkeit. Schon am Morgen spinnen zu müssen, um das nötiges Zubrot zu verdienen, bedeutete Armut.


Quellen:
Beitl: Wörterbuch der deutschen Volkskunde. Stuttgart 1974. S. 759 f.
Lutz Röhrich: Das große Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten. Freiburg/Br. 1992. Bd. 3 / S. 1506

Bild:
Bergbäuerin am Spinnrad. Sautens (Tirol). Foto: Alfred Wolf, 1948


Siehe auch:
--> Heimatlexikon