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Wien 10 - Favoriten #

Der Südbahnhof wurde 1874 eröffnet und 1945 zerstört. Wien III. Handkoloriertes Glasdiapositiv. Um 1905.
Der Südbahnhof wurde 1874 eröffnet und 1945 zerstört. Wien III. Handkoloriertes Glasdiapositiv. Um 1905.
© IMAGNO Öst. Volkshochschularchiv

Favoriten war - schon 1874 - der erste Stadtbezirk außerhalb des Linienwalls. Er umfasste Teile des 3., 4. und 5. Bezirks sowie Ortsteile von Inzersdorf, Oberlaa und Unterlaa. Der 10. grenzt an den 3., 4., 5., 11., 12. und 23. Bezirk und Niederösterreich. 2015 hat Favoriten eine Fläche von 3.182,2 ha und 189.713 BewohnerInnen.

Schon die Römer siedelten auf dem Laaer Berg. Ausgrabungen eines Gutshofs sind bei der frühmittelalterlichen Johanneskirche (Wien 10, bei Klederinger Straße 70) zu besichtigen. Über den Wienerberg verlief im Mittelalter die Fernstraße nach Kärnten, Venedig und Triest. An der Triester Straße erhebt sich die sagenumwobene, spätgotische Steinsäule "Spinnerin am Kreuz". Die Laxenburger Straße bildete die Verbindung zwischen dem kaiserlichen Schloss "Favorita" (Wien 4) und dem Sommersitz in Laxenburg (Niederösterreich).

Große Veränderungen in dem kaum besiedelten Bezirk brachte der Bau der Südbahn mit ihrem Bahnhof in den 1840er Jahren. Typisch für die Gründerzeit waren die Ansiedlung von Industrieanlagen und Arbeiterwohnungen. Zur Maria Theresianischen Zeit entstand auf dem Wienerberg die erste staatliche Ziegelei. Im 19. Jahrhundert erwarb Alois Miesbach Gebiete zum Ziegelabbau u. a. in Inzersdorf und auf dem Laaer Berg. Der führende Ziegelfabrikant der Monarchie gründete die Wienerberger Ziegelwerke. Sein Erbe und Nachfolger Heinrich Drasche vergrößerte diese und schuf weitere Fabriken. Der Betrieb profitierte nicht zuletzt von den Neubauten an der Ringstraße, wo Drasche gegenüber der Oper seinen Heinrichshof errichten ließ.

Was die Bräuche betrifft, ist das 1928 erschienene Heimatbuch sehr aufschlussreich. Die Fachlehrerin Maria Lang-Reitstätter hatte für ihren Artikel Schüler Aufsätze zu den entsprechenden Themen schreiben lassen. In ihrer Zusammenfassung ergibt sich das Bild der bekannten, meist kirchlichen Rituale im Jahreslauf. Es erstaunt nur, dass sie sich offenbar häufig in dem neuen Fabriksbezirk fanden. Doch berichteten die Kinder auch Spezifisches, wie am Faschingdienstag bei den böhmischen Ziegelarbeitern am Wienerberg. Jede Arbeitsgemeinschaft wählte einen "Pan Tata" (Herr Vater).Nachdem er pflichtgemäß die Arbeitsgeräte kontrolliert hatte, setzte man ihm einen mit Bändern geschmückten Hut auf. Über den weiteren Verlauf schrieb ein vierzehnjähriger Bürgerschüler: "Ein aus Arbeitern zusammengesetztes Quartett spielt einige Stücke auf und darauf setzt sich die Menge der Arbeiter in Bewegung und begleitet unter allerlei Geschrei den Auserwählten nach Hause, wo dieser leider seine Wahl mit Alkohol begießen muss." Die Lehrerin erwähnt Wiesenfeste im Frühjahr und Sommer, die im Laaerwald - streng getrennt nach den Veranstaltern (Katholiken, Arbeiter, deutsche Turner…) - stattfanden. In den Schulen gab es Schulschlussfeste, in einem Gasthaus im Herbst ein Weinlesefest, am 12. November, dem Gründungstag der Republik Österreich, einen Fackelzug. Zu Weihnachten wurde das Fest vor der Bescherung das Fest "eingeblasen" oder "eingeschossen".

Quellen:
Wien in Zahlen, 2015
Helga Maria Wolf: Sehnsucht nach dem Alten Wien. Wien 2014
Favoriten. Ein Heimatbuch des 10. Wiener Gemeindebezirkes. Wien 1928


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