Attersee, Christian Ludwig#
eigentlich Christian Ludwig
* 28. 8. 1940, Preßburg
Maler, Musiker, Bühnenbildner, Schriftsteller, Segelsportler
Christian Ludwig Attersee wurde am 28. August 1940 als Christian Ludwig in Preßburg (Bratislava) geboren.
1944 übersiedelte er nach Landshaag, seine Jugend verbrachte er in Aschach an der Donau, in Linz und am Attersee.
Von 1951 bis 1957 besuchte er das Realgymnasium in Linz, wo er bereits sein künstlerisches Schaffen mit dem Schreiben von Romanen und Liedern sowie dem Entwerfen von Bühnenbildern begann. Als einer der großen Segelsportler Österreichs (zwischen 1957 und 1962 drei Mal österreichischer Staatsmeister) hat er das Pseudonym Attersee in seinen Namen aufgenommen.
1957 begann Christian Ludwig Attersee ein Studium der Bühnenarchitektur an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien (bei Eduard Bäumer), 1959 schloss er ein Studium der Malerei an, das er 1963 erfolgreich beendete.
Anfangs stand Attersee der Objekt- und Aktionskunst nahe, ab Mitte der 1960er Jahre entstehen die für Attersee typischen Objekterfindungen wie "Speisekugel" und "Speiseblau" oder das "Attersteck". Attersee beginnt diese Gegenstandserfindungen auf Leinwandbildern und Farbzeichnungen festzuhalten, wobei er durch die Einbindung von Musik, Sprache, Fotografie, Film usw. eine neue Form des Gesamtkunstwerks schuf. In der Folge traten Zeichnung und Tafelbild immer stärker in das Zentrum; besondere Bedeutung kam dabei den Themen Sexualität und Naturerfahrung zu. Für die meist in Acrylmalerei ausgeführten Werke sind der figural-symbolische Stil, die Verwendung leuchtender Farben und der dynamische Pinselstrich, durch den über die Bildfläche hinaus der Rahmen in das Werk einbezogen wird, kennzeichnend. Als Sprachkünstler verwendet Attersee in seinen Bildern häufig Textelemente.
Attersee war u.a. mit Günter Brus, Hermann Nitsch, Walter Pichler, Dieter Roth, Gerhard Rühm, Dominik Steiger und Oswald Wiener befreundet, mit denen er gelegentlich auch zusammen arbeitete. Er hatte Auftritte als Rock'n'Roll-Sänger in Tanzlokalen und entwickelte eine eigene Gesangssprache.
Seine bildnerische Tätigkeit fasste er in Werkgruppen zusammen, so entstanden in den 1960er und 1970er Jahren die Zyklen "Österreichführer für außerirdische Wesen" sowie jene zur Essens-Welt, zu Alltagsgegenständen, zu Schönheit und Kosmetik und die Zyklen "Segelsport", "Servierlust und Serviettenallerei", "Triebstör und Schwarzbesamung".
Christian Ludwig Attersee ist ein ausgeprägter und vielfältiger Künstlerindividualist: neben seiner Tätigkeit als Maler tritt er auch immer wieder als Musiker, Schriftsteller, Objektmacher und Designer in Erscheinung, produziert Filme und entwirft weiterhin Bühnenbilder.
Zu den wichtigsten Ausstellungen, an denen Attersee teilgenommen hat, gehörten die "documenta VI" in Kassel 1977 und die Biennale in Venedig 1984.
Bereits seit Anfang der 1980er Jahre gab es einige bedeutende Retrospektiven des Schaffens von Attersee in den größten Museen Europas (Museum des 20. Jahrhunderts, Wien; Stedelijk Van Abbemuseum, Eindhoven; Museum für zeitgenössische Kunst, Belgrad; Künstlerhaus Wien; Kunstsammlung Nordrhein Westfalen, Düsseldorf; Stedelijk Museum, Amsterdam).
1990 wurde Attersee als außerordentlicher Professor an die Hochschule für angewandte Kunst in Wien (Meisterklasse für experimentelles Gestalten) berufen und 1992 zum ordentlichen Professor für die Meisterklasse Malerei, Animationsfilm und Tapisserie ernannt.
Christian Ludwig Attersee lebt und arbeitet in St. Martin an der Raab im Burgenland, am Semmering und in Wien.
Auszeichnungen, Ehrungen (Auswahl)#
- Großer Österreichischer Staatspreis, 1998
- Lovis Corinth-Preis der Künstlergilde Esslingen / Deutschland, 1999, 2004
- Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse, 2005
- Silbernes Komturkreuz des Ehrenzeichens für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich, 2007
Ausstellungen (Auswahl)#
- Kunstverein Hannover, 1970
- Badischer Kunstverein, Karlsruhe, Kasseler Kunstverein, Kassel, 1974
- 9. Biennale de Paris, Musée National d'Art Moderne, Paris, 1975
- Kunstmuseum Luzern, 1976
- documenta 6, Kassel, Mannheimer Kunstverein; Museum Hedendaagse Kunst, Utrecht, 1977
- Museum des 20. Jahrhunderts, Wien,1982
- Frankfurter Kunstverein, Aargauer Kunsthaus Aargau, Sammlung Ludwig Aachen, Kunsthalle der Stadt Wilhelmshaven, 1983
- Biennale Venedig, 1984
- Stedelijk Van Abbemuseum, Eindhoven; Neue Galerie der Stadt Linz; Nationalgalerie, Berlin, 1986
- ICC/International Culturell Centrum Antwerpen, 1987
- Museum für zeitgenössische Kunst Belgrad, Museum Moderner Kunst Wien, 1989
- Künstlerhaus, Wien, 1990
- Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien, 1993
- Haags Gemeentemuseum, Den Haag, 1993
- Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, 1993
- Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien, 1993
- "Sa Nostra" Centre de Cultura, Palma de Mallorca, 1995
- Museum Morsbroich, Leverkusen, Stiftung Wörlen/Museum Moderner Kunst Passau, 1995
- Graphische Sammlung Albertina, Wien, 1997
- Kunsthaus Grenchen Schweiz, 1997
- Mestna Galerie Laibach, 1998
- Museum der Schönen Künste, Budapest, 1999
- BAWAGFoundation, Wien, 1999
- Palais Harrach, Wien, 1999
- Russisches Museum (Marmorpalast), St. Petersburg, 2000
- Slowakische Nationalgalerie, Bratislava, 2000
- Stedelijk Museum, Amsterdam, 2002
- Neue Galerie der Staatlichen Museen, Kassel, 2002
- Museum Moderner Kunst / Galerie Noah (Glaspalast), Augsburg, 2003
- Kunsthalle Ziegelhütte und Museum Liner, Appenzell, Schweiz, 2004
- Kunstforum Ostdeutsche Galerie, Regensburg, 2004
- BA-CA Kunstforum Wien, 2005
- Museum Würth, Künzelsau, 2006/07
- Galerie Schmidt, Reith / Tirol, 2007
- Theatergalerie Bremen, Deutschland, 2008
- Schloss Tabor, Neuhaus am Klausenbach, Burgenland, 2009
- Galerie Heike Curtze, Salzburg, 2010
- Galerie Walker, Schloss Ebenau / Rosental, Kärnten, 2010
- Rupertinum, Salzburg, 2011
- Reykjavik Art Museum, Reykjavik, 2011
- Galerie der Stadt Villach, 2012
- Galerie Hilger / BROT Kunsthalle, Wien, 2013
- Sammlung Essl im Schömerhaus, Klosterneuburg, 2014
- Castel dell'Ovo, Neapel, 2014
- alazzo Milesi und Galerija Kula, Split, 2014
Literatur (Auswahl)#
- Attersee, die gemalte Reise. Retrospective 1963 – 1990 (Katalog des Künstlerhauses, Wien), 1990
- Attersee, Malen und Leben (Fotobildband von Kurt-Michael Westermann), 1990
- Attersee: Werkverzeichnis 1963 – 1994, 1994
- Attersee: Da druckgraphische Werk 1966 – 1997 (Katalogbuch anlässlich der Ausstellung in der Graphischen Sammlung Albertina) 1997
- Die Fleischkonditorei. Ein erotisches Album. Bildzyklen, Gedichte und Kurzprosa von Attersee, 1998
- Attersee: Das gemalte Jahr. Bildzyklen und Bildreihen 1964 – 1999 (Katalogbuch anlässlich der Ausstellung des Kunsthistorischen Museums im Palais Harrach), 1999/2000
- Attersee: Die blaue Braut. Album mit erotischen Bildzyklen und Bildern 1995 – 2000, 2000
- Attersee: Malerei 1980 – 2000 (Katalog des Russischen Museums), 2000
- Attersee: Don Giovannis Wetter. Bilder 1992 – 2002 (Katalog des Stedelijk Museums), 2002
- Attersee: Der feuchte Brief. Malerei von Liebe und Wetter (Katalog des Museums Liner und der Kunsthalle Ziegelhütte), 2004
- Attersee: Die Liebe - Das Haus - Der Ring (Katalog des BA-CA Kunstforums Wien und der Kunsthalle Würth), 2006
- Attersee: Segelsport 1951 - 2006 (Katalog zur gleichnamigen Ausstellung in der Atterseehalle), 2006
- Attersee: Das Salome-Rundum (Katalog zur Ausstellung in der Theatergalerie Bremen anlässlich der Premiere der Oper "Salome" am Theater Bremen), 2008
- Attersee. Pinselfresser (Fotobuch von Kurt-Michael Westermann; mit Gedichten von Attersee und Texten von Peter Baum, Ingried Brugger, Andrea Schurian und Alfred Welti), 2010
- D. Gregori und R. Metzger, C. L. Attersee: Sein Leben, seine Kunst, seine Zeit (Biographie), 2010
- Attersee schön wie seine Bilder. Das Fotografische in Attersees Werk 1964-2011 (Ausstellungskatalog Museum der Moderne Salzburg), 2011
Werke (Auswahl)#
Malerei
Raumgestaltung
- Tapetenereignis "Mürrisch liebt Gotik – Brauter’s Weg, ein Weisheiter" im Wiener Café Ring, 1986
- Attersee-Ausstattung des gesamten Wiener Konzerthauses für den 1. Wiener Champagnerball, 1986
- Acht große Landschaften für Schiffsschaukeln für den Vergnügungspark "Luna Luna" von André Heller malt Attersee, 1986
- "Baumzille" (Zierboot und Baumnadel), 1989
- 100 qm großes Außenwand-Mosaik am "Atterseehaus" in der Wiener Mariahilferstrasse, 1996
- 6-wöchige Verhüllung des Wiener Ringturms mit einer malerischen Don Giovanni-Gestaltung Attersees, 2006
- Ausstattung des 1. Liederballs des Wiener Männergesang-Vereins im Kursalon Wien, 2007
- "Wechselstrom/Gleichstrom" (von Heathcote Williams), 1973
- Bühnenbilder für die drei Einakter "Sieben gegen Theben" (Aischylos), "Mauser“ (Hainer Müller) und "Philotas" (G. E. Lessing), Wiener Festwochen, 1987
- "Bantam" von Eduard Arroyo (Kunstsammlung Nordrhein-Westfahlen, Düsseldorf: fünf bemalte Raumobjekte mit dem Titel Boxerauge, die tagsüber als Rauminstallation gezeigt wurden), 1993
- Mozart-Einakter "Bastien und Bastienne" und "Der Schauspieldirektor" (Schlosstheater Schönbrunn), 1993
- Johann Strauss-Operette "Die Fledermaus" (Teatro da Trinidade, Lissabon, anlässlich der Eröffnung der Weltausstellung), 1998
- Ballett "Petruschka" (Igor Strawinsky; Im Rahmen eines Diaghilew-Abends an der Wiener Staatsoper), 2005
- Ballett "Amadé" am Belgrader Madlenianum, 2006
- Oper "Salome" (Richard Strauss: Bühnengestaltung, Kostüm, Licht, Regie: Attersee; am Theater Bremen), 2008
Filme
- Die seltsame Gräfin (Stummfilm; 5 Minuten, schwarz/weiß, 8mm), 1964
- Hennoch der Eingeweihte (Stummfilm; 5 Minuten, schwarz/weiß, 8mm), 1965
- Gartenfilm (Stummfilm; 60 Minuten, Farbe 8mm), 1966
- Gruß Attersee (Spielfilm in Farbe), 1969
- Ugandareise (Stummfilm; 60 Minuten, 9,5 mm), 1970
- Nitschfilm (Stummfilm; 60 Minuten, Fabrbe, 9,5 mm), 1975
- Attersee in Tennessee (Fleisch und Blut; gem. m. Rudolf Klingohr), 1987
- Wettertanz (Attersee-Portrait von Erwin Wagenhofer), 1990
- Gelebte Malerei (Attersee-Portrait von Dana Nowak), 1998
- Mach, was deinen Nachbarn nicht gefällt (Attersee-Portrait, Produktion: Rudolf Klingohr), 2005
- Das Berliner Konzert (Kassette mit 3 LPs; Gesamtaufnahme des Konzerts Berlin, September 1974, von Attersee, Brus, Nitsch, Roth und Wiener, Stuttgart), 1975
- Abschöpfsymphonie (Kassette mit 4 LPs; Gesamtaufnahme des Konzerts München, Februar 1979, von Attersee, Nitsch, Roth, Rühm, Thomkins, Wiener und anderen), 1979
- Klaviertreiben (LP; Klavierkonzert Düsseldorf 1980, Attersee und Gerhard Rühm an den Flügeln spielen eigene Kompositionen), 1981
- Rampi Rampi (Single; Auskoppelung aus der Attersee-LP "Atterseezigeuner"), 1988
- Weihnacht zu Zweit (LP; Weihnachtslieder von Attersee, gesungen von Christine Jones), 1983
- Atterseemusik, Lieder von Wetter und Liebe (LP; Attersee singt eigene Lieder, begleitet sich selbst am Klavier), 1985
- Atterseezigeuner (LP; Attersee und das Fery Trio live in München), 1987
- Weihnacht zu Zweit (CD; Weihnachtslieder von Attersee, gesungen von Christine Jones), 1992
- Atterseemusik, Lieder von Wetter und Liebe (CD; Attersee singt eigene Lieder, begleitet sich selbst am Klavier), 1994
- Atterseezigeuner (CD; Attersee und das Fery Trio live in München), 1998
- Atterseesprache (CD; Gedichte und Kurzprosa von Attersee 1972-1994, gelesen von Bernd Jeschek), 1998
- Atterseeblut ((CD und Vinyl; Songs komponiert von Attersee und Fake Fellini. "Repainted" von Attersee, Don Summer und AleX Drum, 2005
- Äpfel der Liebe ( Attersee und Christine Jones interpretieren Schlager der 1950er Jahre), 2011
- Attersee und seine Freunde (Box mit 4 CDs, einer DVD und einem umfangreichen Booklet), 2012
- Tulpenfresser (Musik und Sprechgesang von Attersee und Hans-Joachim Roedelius zu Texten von Attersee), 2014
Weiterführendes#
- Rumplmayr, J.: Ich bin ein Schauspieler der Kunst
- Borchhardt-Birbaumer, B.: Zwischen Malzeit und Mahlzeit (Essay)
- Historische Bilder zu Christian Ludwig Attersee (IMAGNO)
- Christian Ludwig Attersee (Austria-Wiki)
Quellen#