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Der fast vergessene Wallfahrtsort#

Das Ulrichsbründl in Graz-Andritz war jahrhundertelang eine beliebte Pilgerstätte. Heute ist die fast vergessene Heilquelle samt Kirchlein im Weinitzenwald gut versteckt - aber immer einen Besuch wert.#


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung


Auch heute hat die Lichtung, auf der das Ulrichskircherl steht, nichts von ihrer speziellen Atmosphäre verloren, Foto: © Engele
Auch heute hat die Lichtung, auf der das Ulrichskircherl steht, nichts von ihrer speziellen Atmosphäre verloren
Foto: © Engele

Ulrichsbrunn ist eine uralte heilkräftige Quelle im Weinitzenwald am Nordfuß des nach Stift Rein benannten Reinerkogels und gehört heute zum zwölften Grazer Stadtbezirk Andritz. Doch selbst vielen Andritzern ist dieses idyllische Kleinod vor ihrer Haustüre völlig unbekannt. Wie findet man also dorthin? Geht man vom Gasthof Pfleger in der Andritzer Reichsstraße 5 stadtauswärts, zweigt bald schon der schattige Ulrichsweg nach rechts ab, dem man bis zur kleinen Bäckerei Wölfl folgt. Dort führt ein etwas holpriger Weg leicht bergauf durch den Wald zur nahen Kirche St. Ulrich, die sich sehr idyllisch auf einer Lichtung mitten im Wald befindet - ein uralter geomantischer Kraftort, dessen besondere Austrahlungskraft und Stille spürbar ist, breitet sich vor dem einsamen Besucher aus.

Die Legende erzählt, dass Ulrich von Gösting, Inhaber der Herrschaft Gösting, seit seiner Rückkehr aus der osmanischen Gefangenschaft an einem „türkischen Leiden“ erkrankt war, also häufig an Fieberattacken litt. Als Ulrich eines Tages auf der Jagd in den dichten Wäldern nördlich des Reinerkogels war, wurde er wieder von einem Fieberanfall gebeutelt, trank in seiner Not von einer Waldquelle - und wurde geheilt. Aus Dankbarkeit ließ er an dieser Stelle ein „Kreuzstöckl“ mit dem Bildnis seines Namensvetters, des Brunnenpatrons St. Ulrich (Bischof von Augsburg) errichten. Im Jahr 1572 wird hier bereits eine kleine Kapelle erwähnt. „Schon früh wurde die Quelle gefasst und, zuerst neben neben der Kirchentür aus einer Röhre fließend, spätestens im Zusammenhang mit der Errichtung des heutigen barocken Kirchenbaues in den Jahren 1688/1689 durch Johann Seyfried von Eggenberg hinter dem Hochaltar in die Kirche geleitet“, wird in der „Geschichte der Stadt Graz“ von 2003 berichtet.

In der Barockzeit wurde das Ulrichsbründl immer populärer und erlebte einen enormen Zulauf von Heilung suchenden Pilgern. 1712 wurde das Kirchlein durch Bischof Anton Graf von Wagensperg durch die Verleihung einer unbeschränkten Messlizenz gefördert, was den Zustrom weiter erhöhte. 1736 war der Andrang der Gläubigen so gewaltig geworden, dass auf Initiative des St. Veiter Pfarrers Jakob Payr das Langhaus der Kirche ausgebaut werden musste, „und so entstand eine der wohl idyllischsten Sakralstätten der Stadt“. 1786 aber beendeten die Reformen Kaiser Josephs II. den Pilgerzustrom und die Ulrichswallfahrt.1798 wurde das Gotteshaus sogar zur Demolierung bestimmt. Die Bevölkerung verhinderte jedoch einen Abbruch des Gebäudes und die geplante Weiterverwendung als - man glaubt es kaum - Munitionslager. Damals begann auch allmählich die Parzellierung des Reinerkogels und ein Bewohner der Murvorstadt erwarb das alte Kirchengebäude, das langsam dem Verfall preisgegeben wurde. Doch am Sonntag nach dem Ulrichsfest (4.Juli) fand seit Beginn des 19. Jahrhunderts bis ins 20. Jahrhundert hinein stets ein großes Volksfest statt, wobei Hochamt und Predigt im Freien abgehalten wurden. Zahlreiche Buschenschänken und Verkaufsbuden standen auf der Lichtung rund um die Kirche und im nahen Wald lagerten die zahlreichen Besucher, tranken hoffnungsvoll das Wasser des Ulrichsbrunnens und wuschen sich sogar damit. „Aufgrund des immer ärger werdenden weltlichen Treibens rund um das Ulrichsfest musste im Jahr 1878 gar der Gottesdienst eingestellt werden.“

1917 kaufte der Priester Josef Berghold die Kirche einem Weinhändler ab. Nach der Renovierung wurde ein Stück weiter rechts am Waldrand nach dem Vorbild von Lourdes eine Marienandachtsstätte errichtet und das Quellwasser dorthin umgeleitet, wo man es heute noch trinken kann. In der Folge übernahmen Schwestern der Christkönigsgesellschaft vom Weißen Kreuz das Kirchlein von St. Ulrich und erbauten unweit davon ein Schwestern-Noviziatshaus sowie eine Wärmestube. Seit 1974 betreuen Schwestern der Kongregation der Dienerinnen Christi Ulrichsbrunn, wobei die Quelle frei zugänglich ist.

Ulrichsbrunn um 1830, Litho. J.F. Kaiser
Ulrichsbrunn um 1830, Litho. J.F. Kaiser
Seit fast 100 Jahren befindet sich hier auch eine Marienandachtsstätte
Seit fast 100 Jahren befindet sich hier auch eine Marienandachtsstätte
Foto: © Engele



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© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele