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Eine wahre Krone der Stadt#

Der Grazer Dom durch die Zeiten#


Von

Günther Jontes

Die Illustrationen wurden alle vom Verfasser des Essay in den Jahren 1974 bis 2002 aufgenommen. Sie gehören dem Archiv Bilderflut Jontes an und sind urheberrechtlich geschützt


Was ist ein Dom? Unsere schöne deutsche Muttersprache meint damit eine Bischofskirche, eine Kirche als Kathedralsitz eines kirchlichen Oberhirten, eines Bischofs. Besonders stattliche Kirchenbauten können damit im allgemeinen Sprachgebrauch gleichsam ehrend damit bezeichnet werden wie beispielsweise die obersteirische Stiftskirche von Seckau, die auch mit „Dom im Gebirge“ tituliert wird. Abgeleitet wird Dom vom lateinischen domus „Haus“, womit man das „Haus Gottes“ meint. In anderen europäischen Sprachen gewinnt Dom wieder eine allgemeinere Bedeutung, so im Italienischen, wo duomo sowohl den Bischofssitz als auch einen machtvollen Kirchenbau umschließt. Französisch geht vom Thron des Bischofs aus und hier ist der Dom eine cathédrale, im Spanischen catedral , während dóme das architektonische Element Kuppel benennt, dem das italienische cupola wie das spanische cúpula nicht folgt. Der Franzose unterscheidet sogar noch die äußere Kuppel als dôme von der inneren als coupole. Auch im Englischen ist dome nur die Kuppel und cathedral der Dom als Bischofskirche.

Der Grazer Dom ist der Mittel- und historische Höhepunkt der Grazer Stadtkrone, wie man dieses steil abfallende Plateau mit seinen Bauten nennt. Dom, Dompfarrhof, Burgtor, Grazer Alte und Neue Burg, Schauspielhaus, Alte Universität und der Dompfarrhof bilden diese Bekrönung.

Grazer Dom
Kolorierte Postkarte um 1900
Kolorierte Postkarte um 1900

Deutlich erkennt man, dass der Baukomplex des Grazer Domes am Rande der mittelalterlichen Stadt liegt, die mit einer Stadtmauer nach Osten hin endet. Wie zur Zeit der Erbauung üblich, ist der gotische Kirchenbau geostet, blickt mit dem Chor gegen das Morgenland zum Grabe Christi in Jerusalem. Im Gesamtrelief der Grazer Altstadt liegt der Dom auf einer Terrasse zwischen dem Festungsberg Schlossberg und der Mur im Westen, von deren Niveau mehrere Gassen zum Teil steil auf das Domplateau heraufführen. Ursprünglich war die Anlage ein verteidungsbereites Kirchenkastell. Das „Landplagenbild“ an der Südseite des Doms zeigt mit der ältesten überlieferten Stadtansicht um 1480 die dem Schlossberg vorgelagerte und mit einer Mauer umgebene Stadt.

Grazer Dom
Baukomplex des Grazer Domes am Rande der mittelalterlichen Stadt

Der langgestreckte gotische Bau weist keinen mächtigen Kirchturm auf, sonder begnügt sich mit einem westlichen Dachreiter, der erst 1653 hinzukam. Dicht herangerückt erkennt man den Renaissance-Bau des Mausoleums Kaiser Ferdinands II. mit den grünen Kuppeln, der als eine Grabeskirche für sich steht.

Ein schmaler Durchgang trennt Mausoleum und Dom und gibt hier den Blick auf den mächtigen Baukörper des ehemaligen Jesuitenkollegs mit seinem Sitz der Alten Universität frei.
Ein schmaler Durchgang trennt Mausoleum und Dom und gibt hier den Blick auf den mächtigen Baukörper des ehemaligen Jesuitenkollegs mit seinem Sitz der Alten Universität frei.
Wie ein gespannter Bogen wirkt die Fassade dieses der hl. Katharina geweihten Baues im Übergang von Manierismus zum Barock.
Wie ein gespannter Bogen wirkt die Fassade dieses der hl. Katharina geweihten Baues im Übergang von Manierismus zum Barock.

Wie jede Kirche steht auch der Grazer Dom unter dem Patronat eines Heiligen. Hier ist es der hl. Ägydius, der auffälliger Weise den mittelalterlichen Kaufleuten als Schutzherr galt. Im ältesten Graz war sie die Pfarrkirche der Stadt. Erstmals wird ein Pfarrer bereits 1181 genannt, während die Bezeichnung Pfarrkirche und Basilika erst 1371 offensichtlich wird, obwohl dieser Charakter bereits existiert haben muss.

Da Graz als Zentrum von Innerösterreich zeitweise landesfürstlicher Regierungssitz für die Herzogtümer Steiermark, Kärnten und Krain gewesen war, nimmt es nicht Wunder, dass schon im Mittelalter sich habsburgische Landesherren besonders um die Stadt kümmerten oder wie Kaiser Friedrich III. hier zeitweise lebten. Dieser Herrscher ließ neben der von ihm erbauten Burg , die als Ersatz für den Wohnsitz auf dem Schlossberg entstand, auch an Stelle der relativ einfachen Pfarrkirche einen stattlichen spätgotischen Bau als Hofkirche errichten, deren Bau in Schüben zwischen 1438 und 1462 erfolgte. Jahreszahlen und des Kaisers „Logo“ AEIOU finden sich mit 1438, 1449, 1450. 1456 und 1462 an verschiedenen Stellen.

Am Westportal stehen die Wappenschilde für das Reich und Portugal für den Kaiser und seine Gattin, der Bindenschild für Österreich und der Wappenpanther für das Herzogtum Steiermark. Die Datierung 1456 gibt die Entstehung des Portals an.
Am Westportal stehen die Wappenschilde für das Reich und Portugal für den Kaiser und seine Gattin, der Bindenschild für Österreich und der Wappenpanther für das Herzogtum Steiermark. Die Datierung 1456 gibt die Entstehung des Portals an.
Die Wappen der habsburgischen Erblande, auf denen sich die eigentlich Macht des Hauses Österreich begründete, begleiten hier die Jahreszahl 1449 an der Decke der sogenannten Friedrichskapelle. Die Ziffer 4 der Jahreszahl wird hier, wie damals üblich als eine halbe 8 geschrieben.
Die Wappen der habsburgischen Erblande, auf denen sich die eigentlich Macht des Hauses Österreich begründete, begleiten hier die Jahreszahl 1449 an der Decke der sogenannten Friedrichskapelle. Die Ziffer 4 der Jahreszahl wird hier, wie damals üblich als eine halbe 8 geschrieben.
geheimnisvolle alphabetische Buchstabenreihe der Vokale AEIOU
Geheimnisvolle alphabetische Buchstabenreihe der Vokale AEIOU
geheimnisvolle alphabetische Buchstabenreihe der Vokale AEIOU
Geheimnisvolle alphabetische Buchstabenreihe der Vokale AEIOU

Die geheimnisvolle alphabetische Buchstabenreihe der Vokale AEIOU ist vom Kaiser selber handschriftlich überliefert worden und findet sich auf allen Bauwerken Friedrichs III. Eine Deutung dazu hat er nicht geliefert. Deshalb sind eine Reihe von Auflösungen diskutiert worden. Die landläufigsten sind dabei die lateinische AUSTRIA ERIT IN ORBE ULTIMA („Österreich wird bis zuletzt bestehen“) und ALLES ERDREICH IST OESTERREICH UNTERTAN („Österreich beherrscht die ganze Welt“).

Friedrich III. mit porträthaften Gesichtszügen
Friedrich III. mit porträthaften Gesichtszügen

Durch einen barocken Kapelleneinbau teilweise zerstört zeigt sich Friedrich III. mit porträthaften Gesichtszügen mit dem steirischen Herzogshut auf dem Haupt als monumentale Darstellung des Hl. Christophorus.

Der Herrscher konnte als Baumeister für seine nunmehrige Hofkirche vermutlich den aus Schwaben stammenden Hans Niesenberger gewinnen, der 1459 auf dem Bauhüttentag in Regensburg als Meister von Grätz und 1483 beim Mailänder Dombau als Meister Johannes von Graz genannt wurde. Dass er eine internationale Größe war, beweist die Tatsache, dass er im Schweizer Basel die dortige St. Peter-Kirche erbaute.

Das prachtvolle Westportal des Doms
Das prachtvolle Westportal des Doms
Konsolenengel
Konsolenengel

Das prachtvolle Westportal des Doms verlor im Lauf der Zeit seine gotischen Heiligenfiguren u.a. wie hier des hl. Leopold und der Maria Immaculata, die aber 1884 durch stilistisch geschickt angepasste historistische Skulpturen des heimischen Bildhauers Jakob Gschiel ersetzt wurden.

Mit lieblichem Gesichtsausdruck begrüßen den Eintretenden die aus der Gotik erhaltenen Konsolenengel.

Chor
Chor
Gewölbe
Gewölbe
Gewölbe
Gewölbe
Bindeschild
Bindenschild

Der hohe und gegen das Hauptschiff abgesetzte Chor lässt erahnen, dass ihn eine symbolträchtig figurierte Decke wie einen Himmel abschließt und gleichzeitig wie spielerisch die Last des Daches trägt. Ein durchgehendes Rautengewölbe, das Joch für Joch durch Gurtbogenrippen rhythmisiert ist, führt durch das Schiff.

An den langgestreckten Chor mit seinem kleinen Dachreiter schließt im Süden die angebaute Sakristei an, wo sich an der Ecke eine Rollwerkkartusche mit dem österreichischen Bindeschild befindet, der mit dem steirischen Herzogshut bekrönt ist.

Kupferstich
Kupferstich

Der bekannte Kupferstich des Jacob Georg von Deyerlsperg aus dem Erbhuldigungswerk von 1728 widmet sich zwar dem Prozessionszug Kaiser Karls VI., gibt aber einen schönen Eindruck von der Situation an und um den Dom, der damals schon Ordenskirche der Jesuiten war. Man erkennt die das Areal umgebende Mauer, die den noch im 18. Jahrhundert aufgelassenen Friedhof umschließt und die erst 1830 beseitigt wurde. Noch unter Friedrich III. war der Verbindungsgang gebaut worden, der nach Osten hin die Ansicht abschließt und es dem Hof ermöglichte, auf direktem Wege von der Burg zum Oratorium in der Hofkirche zu gelangen. Domenico dell’Allio hatte ihm 1553/54 ein zweites Geschoß aufgesetzt. Auch er wurde abgebrochen.

Als Erzherzog Karl II. von Innerösterreich 1564 Graz als Residenz bezog und sie mit einer glanzvollen Hofhaltung auszeichnete, wurde der heutige Dom wieder eine Hofkirche. Zuvor war sie bis 1573 Stadtpfarrkirche gewesen, die nunmehr diesen Charakter an die heutige Stadtpfarrkirche in der Herrengasse abgeben musste, die eine Ordenskirche der Dominkaner gewesen war. 1577 wurde St. Ägydius vom Landesfürsten nunmehr den Jesuiten übergeben, mit deren Schicksal sich das Gotteshaus bis zur Auflösung der Gesellschaft Jesu ….nunmehr verbindet. Mit der Neuorganisation des diözesanen Kirchenwesens durch Kaiser Joseph II. wurde der Bischofsitz vom obersteirischen Seckau nach Graz verlegt und unsere Kirche damit zum Dom erhoben, der er noch heute ist.

Wappen der Diözese Graz-Seckau
Wappen der Diözese Graz-Seckau

Auf der neueren Bischofssella im Chor ist das bereits im Mittelalter bezeugte Wappen der Diözese Graz-Seckau als ein segnender Arm zu sehen.

An der Außenseite befindet sich im Süden neben dem Seiteneingang mit dem sogenannten Gottes- oder Landplagenbild eines der künstlerisch und historischen wertvollsten Freskogemälde des Landes. Es wurde 1480 von den Grazer Bürger gelobt, entstand 1485 und erinnert an die furchtbaren Heimsuchungen des Landes im Sommer 1480, als ein überraschender Türkeneinfall, eine Pestepidemie und riesige Heuschreckenschwärme die Bevölkerung an den Rand der Auslöschung brachten. Das Wandgemälde mit seiner dichtgewobenen Bilderwelt zeigt programmatisch nicht nur in erzählerischer Weise die Plagen, sondern verbindet diese auch mit der hl. Dreifaltigkeit in drei identischen Gestalten, mit christlichen Heiligen und alttestamentarischen Propheten, dem Papst und den Ordensgründern Dominikus und Franz von Assisi als Repräsentanten der Laienwelt. All das ist durch zahlreiche Inschriften dem Verständnis näher gebracht worden. Dieses heute nur mehr als ein Schatten seiner selbst sichtbare Meisterwerk wird dem bedeutendsten innerösterreichischen gotischen Maler, dem Meister Thomas von Villach zugeschrieben.

Gottesplagenbild
Gottesplagenbild

Das Gottesplagenbild, das – Gott sein es geklagt! – im 20. Jahrhundert durch stümperhafte Restauratoren in seinem Verfall beschleunigt und praktisch zerstört wurde, war noch lange Zeit praktisch frei zugänglich. Eine Sicherung und Fixierung ab 1975 war ein letzter Rettungsversuch. Man hatte zuvor noch eine genügende Sichtdistanz auf das Wandbild, wie diese Aufnahme des Autors von 1974 zeigt. Heute ist dieser Abstand vergrößert und eine vorgeblendete Glaswand raubt wegen der Spiegelreflexe praktisch den letzten Rest an Möglichkeiten, noch Details des mittelalterlichen Bestandes zu erkennen.

Das bis auf klägliche Reste zerstörte Fresko wurde zum Glück am Ende des 19. Jahrhunderts durch Heinrich Schwach, als der Zustand noch relativ gut war, kopiert. Dadurch sind die Szenen der Plagen als solche genau zu erkennen. Auch die später unleserlich gewordenen zahlreichen Beschriftungen der Figuren und Szenen sind dadurch gerettet worden.

Greuelszenen
Greuelszenen

Greuelszenen, wie die Türken mit der vollständig überraschten Bevölkerung verfahren sind, werden in erschreckender Weise verdeutlicht. Mord und Totschlag auch an Frauen und Kindern, Gefangennahme von Menschen, die dann als Sklaven fortgetrieben und verkauft werden, spielen sich vor der Stadt Graz mit der Schlossbergfestung ab. Aus der Ferne blickt auch die Burg Gösting her. An die 30.000 türkische Brenner und Sänger waren über den Neumarkter Sattel aus Kärnten und Krain in die Obersteiermark eingedrungen und mit mehreren Heerhaufen durch das Murtal bis ins Grazer Feld, das Mürztal aufwärts und in die Oststeiermark gelangt. Befestigte Orte, die sich verteidigen konnten, wurden umgangen, das übrige Land verheert. Es gab aber auch wie bei den später wiederkehrenden Türkeneinfällen Fälle heldenhafter Verteidigung durch tapfere Männer und auch Frauen, die sich in zahlreichen Volkssagen niedergeschlagen haben.

Greuelszenen
Greuelszenen

Der breit angelegte Streifen am unteren Rand des Freskos zeigt aber auch ein Gefecht christlicher Kämpfer hoch zu Ross und zu Fuß.

Brunnen Vergiftung
Brunnen Vergiftung
Wanderheuschrecken
Wanderheuschrecken

Wegen der Vernachlässigung der Brunnen und deren bewusste Vergiftung durch die Feinde brachen auch die Pest und andere Seuchen aus. Die darauf Bezug nehmenden Darstellung zeigt Pflege und geistliche Betreuung von Kranken, flehendes Gebet in der Kirche, den Leichentransport und schließlich die Beisetzung von Särgen in einem Sammelgrab.

Schließlich wird in drastischer Weise gezeigt, wie ein Schwarm von Wanderheuschrecken die sommerlich reifenden Felder kahlfrisst und die ihrer künftigen Nahrung beraubten verzweifelten Menschen versuchen, die Insekten mit Feuer, Glockenläuten und Gebet zu vertreiben.

Grabstein
Grabstein

An die Existenz eines Friedhofs um das Gotteshaus, erinnern heute nur mehr direkt an der Kirchenmauer angebrachte Grabsteine und Epitaphien, die wegen ihrer exponierten Lage leider auch Schändungen durch den Straßenpöbel ausgesetzt sind. Bei der letzten Restaurierung 1962/63 wurden auch große mittelalterliche und frühneuzeitliche Grabsteine, die im Fußboden des Inneren verlegt, sämtliche Konturen durch Schuhabrieb verloren hatten, an die Außenseite des Chores versetzt.

Das stattlichste der verschont gebliebenen Grabmäler ist das des aus Kärnten stammenden Hofkanzlers Herzog Karls II. Wolfgang Schrantz zu Schrantzeneck und Forchtenstein (1530-1594), des eifrigsten und willfährigsten Handlangers des katholischen Hofes bei der Rekatholisierung des Landes und der damit verbundenen erpresserischen Vertreibung der Protestanten.

Grabmal
Grabmal

Das Grabmal befindet sich heute genau gegenüber dem Torbogen, der in den äußeren Burghof führt. Schrantzens Grab befindet sich also unweit von seinem Dienstort, der Grazer Burg. Auf einem steinernen Untergrund sind Bronzereliefs angebracht, von denen im oberen Teil links der Bestattete mit seinen Söhnen in spanischer Hoftracht und rechts seine Gattinnen aus drei Ehen mit zahlreichen Töchtern zu sehen sind. Darunter sind die entsprechenden Wappenschilde angebracht. Diese sind zum Teil in neuester Zeit gestohlen worden und somit wahrscheinlich unwiederbringlich verloren.

Herzschild des Wappens
Herzschild des Wappens

Man beachte im Herzschild des Wappens einer der Gattinnen das heraldische Bild einen Elefanten.

Die größte künstlerische Gestaltung an der Außenseite stellt das Kriegerdenkmal an der Nordfassade dar. Die Namenstafeln am Fuß des großen Reliefs künden in erschreckender Weise von den schweren Verlusten der Dompfarre im Ersten Weltkrieg 1914-1918. Leopold Theyer entwarf das Denkmal, ausgeführt wurde es von Peter Neuböck und Franz Eisner 1923.

In den Flügelreliefs kommt die Obsorge der Kirche für Front und Heimat, für Soldaten und Kriegerfamilien zum Ausdruck.

Flügelreliefs
Flügelreliefs
Flügelreliefs

Ins 20. Jahrhundert reicht dann schon das Epitaph von 1903 für den Prälaten Alois Hebestreit von dem damals in Graz tonangebenden Bildhauer Hans Brandstetter.

Epitaph
Epitaph

Das Innere der gotischen Staffelkirche erstreckt sich von West nach Ost, wo ein raumfüllender prachtvoller barocker Hochaltar den Abschluss bildet.

Das Innere der gotischen Staffelkirche

In den Seitenschiffgewölben finden sich von spätgotischen Rankenmalereien umgeben Heiligendarstellung, von denen die der hl. Barbara mit ihrem Attribut, einem Turm besonders hervorsticht.

Heiligendarstellung

Der barocke Hochaltar ist ein Hauptwerk der spätbarocken Altarbaukunst in der Steiermark. Die äußerst dynamisch bewegte Gruppe der Marienkrönung im Aufsatz des Altars wurde von Johann Jakob Schoy 1730/31 aus Marmor geschaffen.

Barocker Hochaltar

Nach der Übergabe der Kirche an die Jesuiten geschah eine wesentliche räumliche Erweiterung durch den Anbau von Kapellen mit reicher inhaltlicher Ausstattung. Die Kreuzkapelle enthält einen spätgotischen Gekreuzigten aus der Zeit um 1500, der bemerkenswerter Weise mit einem Vollbart aus echtem Haar ausgestattet ist. Ihn begleiten die spätbarock manirierten Figuren Maria, Johannes und Maria Magdalena.

Kreuzkapelle

Ein spätgotischer Kruzifixus zeigt drastisch gestreckt den geschundenen Menschen. Das Lendentuch ist sehr reduziert und die Füße im Typus des Dreinagelchristus an das Kreuz geheftet.

Spätgotisches Kruzifix

Die Mater Dolorosa-Kapelle ist der Schmerzhafte Muttergottes gewidmet. Das Gnadenbild, das Giovanni Pietro de Pomis zugeschrieben wird, ist seit etwa 1620 im Dom nachweisbar. Es zeigt nicht eine Madonna mit Kind, sondern die hl. Maria in Betrachtung der Leidenswerkzeuge Christi.

Mater Dolorosa-Kapelle

Eine gotische Madonna mit Kind ist als Immaculata gezeigt. Ein genauer Blick zeigt, dass sie auf einem Türkenhaupt steht.

Gotische Madonna mit Kind

Kunstvoll gearbeitete Schmiedeeisengitter in ornamentaler Auslegung, wie die Spätrenaissance sie geliebt hat, schließen die Kapelle gegen das Kirchenschiff hin ab.

Schmiedeeisengitter

Einen besonderen Schatz in der gewachsenen Ausstattung der Domkirche stellen die beiden links und rechts vom Triumphbogen zum Chor hin auf Sockeln aufgestellten ursprünglich als Brauttruhen verwendeten Meisterwerke der Tischler- und Intarsienkunst dar. Sie dienen in neuer Funktion seit 1617 als Reliquienschreine und enthalten wie die Sockelinschriften besagen, Gebeinreste der Heiligen Maxentia, Agatha, Martin und Vinzenz aus der Priscilla-Katakombe in Rom. Aus dem kostbaren Ebenholz gefertigt und reich mit Reliefs geschmückt, waren sie ursprünglich Truhen für den Brautschatz der mit dem Görzer Grafen Leonhard VII. verehelichten Paola Gonzaga. Über die St. Georgs-Ritterschaft von Millstatt kamen sie durch eine Erbschaft an die Grazer Jesuiten, die sie nun in ihrem Streben nach der Verbreitung des Glaubens, zu dem auch eine neu entfachte Reliquienverehrung gehörte, in ihrer Funktion vom Weltlichen religiös überhöhten.

Die Truhen sind vor 1477 in Mantua entstanden. Die figuralen Darstellungen auf den Flanken der Schreine bestehen aus Elfenbein- und Knochenschnitzereien und folgen inhaltlich den „Trionfi“ des italienischen Dichters Francesco Petrarca. Sie zeigen in humanistischer Verklärung den Triumph der Liebe, der Keuschheit, des Todes, des Ruhmes, der Zeit und des Göttlichen.

Ein Detail von den Schmalseiten zeigt die meisterliche Verarbeitung von Bein und Elfenbein

Brauttruhe
Brauttruhe Detail

Auch im Inneren des Domes befinden sich hervorragende Beispiele der Grabmalkunst.

Beispiel der Grabmalkunst

Von dem wohl bedeutendste österreichischen Barockbildhauer Georg Raphael Donner hat sich in der Steiermark nur ein einziges Werk feststellen lassen. Es ist dies das Epitaph des Grafen Johann Caspar von Cobenzl (+ 1742). Noch zu Lebzeiten war 1741 der Auftrag für die Schaffung des Grabmals mit der Reliefbüste des Adeligen an den Künstler ergangen, der ihn in dem von ihm wieder bevorzugten Material Blei ausführte. Engelsputten durchbrechen ein wenig die ernste Bestimmtheit des Profilporträts mit seiner Allongeperücke.

Profilporträts

Die wohl prominenteste Stelle für ein Grabmal im Inneren einer Kirche hatte sich der 1572 verstorbene Freiherr Caspar von Herberstein für sich und seine Gemahlin Wandula, eine geborene von Monstorf, die ihm dann 1576 im Tode nachgefolgt war, gesichert. Das Grabmal füllt eine große Fläche an der südlichen Innenwand unmittelbar neben dem Hochaltar. Als Bildhauer dürfte Hans Raiger anzusehen sein, der die im Stile der Zeit platzierten Gestalten des Adeligen und seiner Familie unter dem Kruzifixus geschaffen hat. Da unter dem Landesfürsten Karl II. trotz der einsetzenden gegenreformatorischen Bemühungen sich auch noch Protestanten im Hofstaat befanden, deutet der innere Gehalt des Grabes auch in diese Richtung. Die drei Männer zeigen deutlich porträthafte Züge. Ihrem Stande gemäß sind sie im Harnisch, ihre Helme habe sie vor sich gesetzt.

Knieende Damen

Die knieenden Damen auf der anderen Seite sind die mit dem Mundschleier als Witwe kenntliche Frau Wandula mit ihrer Tochter

Ein prachtvolles barockes Lavabo von 1742 wurde vom Grazer Bildhauer Joseph Schokotnigg geschaffen. Es dient zur rituellen Händewaschung des Priesters vor Beginn der hl. Messe. Diese Anlage war an keine Wasserleitung angeschlossen und musste jeweils in einem darüber gelegenen Behälter neu befüllt werden.

Barockes Lavabo

Die Riesenorgel des Domes trägt an der Emporenbrust den kaiserlichen Doppeladler mit dem österreichischen Bindenschild. Auf der 1687 erbauten Westempore stand die ursprünglich Barockorgel von Anton Römer, die 1977/78 unter Verwendung des alten Dekors des Bildhauers Veit Königer neu geschaffen wurde. Die Bonner Orgelmanufaktur des Hans Gerd Klaus erstellte die Trakturen und das Pfeifenwerk, den Prospekt der Grazer Jörg Mayr. Die Orgel besitzt vier Manuale und ein Pedal, auf ihnen erklingen 70 Register und ein Trompetenwerk.

Riesenorgel

Lange Wanderwege hat das größte mittelalterliche Kunstwerk des Domes hinter sich gebracht. Es handelt sich um das mit etwa 9 m² größte aus der Spätgotik erhalten gebliebene Tafelbild nördlich der Alpen, die „Kreuzigung Christi im Gedräng.“ Der aus der Alltagssprache verschwundene Name bezieht sich auf die Tatsache, dass auf dem Gemälde derart viele Menschen abgebildet sind, dass für Landschaft und Räume zwischen diesen kein Platz mehr vorhanden ist. Allein die Schaffung der Malfläche ist ein handwerkliches Meisterwerk, denn es müssen Holzplatten so mit einander verleimt werden, dass Verwerfungen nicht möglich sind, die den Malgrund und den Farbauftrag zerstören würden.

Stilistisch steht das Bild zwischen zwei Kunstepochen, die sich auch aus der Entstehungszeit, dem Jahr 1457 erklären lassen. Einerseits ist der Goldhintergrund noch ganz in der gotischen Malerei verwurzelt. Der Realismus der bildlichen Darstellungen, vor allem der Mimik und Gestik der dargestellten Menschen lassen den Realismus der aufkommenden Renaissance erahnen. In diesem Sinne war der Meister des Bildes, der aus Ensingen in Baden-Württemberg stammende Conrad Laib ein für damalige Verhältnisse durchaus moderner Maler war. Wäre er in seinem Werk regional gebunden gewesen, hätte ihn Kaiser Friedrich III. wohl kaum für seine Hofkirche verpflichtet.

Die Größe des Bildes sagt, dass es wohl kaum als Retabel am Ende des Chors gedient hat. Wahrscheinlich war es Mittelpunkt des Kreuzaltars des Lettners, der einst den Chor vom Langhaus der Kirche trennte. Das Bild war für die Menschen auch der frühen Neuzeit so eindrücklich in seiner Wirkung, sodass es erhalten blieb. Heute füllt es die Friedrichskapelle an der nördlichen Seite. Nach dem Zweiten Weltkrieg und wahrscheinlich davor war es auch Prunkstück der Alten Galerie, die sich damals noch im Museumsgebäude des Landesmuseums Joanneum in der Neutorgasse befand.

Dieses für sein Genre riesige Meisterwerk ist mit wenigen Blicken kaum zu erfassen. Deshalb wurde hier der Weg gewählt, überraschende Details zu erfassen, die in einigen Fällen in ihrer originellen Art kaum zu überbieten sind.

Christi gekreuzigter Leib entspricht dem Dreinageltypus. Drastisch springt die Blutbahn auf dem Kreuzholz ins Auge. Römische Prominenz hoch zu Ross ist durch Gerüstete und Kriegsvolk unter der Devise SPQR auf einer Fahne zu sehen.

Schmerzgebeugt zusammengesunken wird von der Frauen die Gottesmutter Maria getröstet. Maria Magdalena wischt ihr in liebreicher Geste die Tränen von der Wange. Goldene Nimben zeichnen die Begleiter aus, die Christus auf seinem Leidensweg treu gefolgt sind.

Christi gekreuzigter Leib
Christi gekreuzigter Leib
Gottesmutter Maria wird getröstet
Gottesmutter Maria wird getröstet

Wie es den beiden Schächern, die mit Christus gemeinsam gekreuzigt wurden, gebührt, sind sie nicht angenagelt, sondern nur an das Kreuz gebunden, was wohl das gesteigerte Leiden Christi betonen soll. Der rchte, der reuige Schächer ist in seiner Anatomie sehr gekonnt gezeigt. Die Spannung, die den Brustkorb aus der Linie des Leibes heraustreten lässt ist das einzige dynamische Element seiner Charakterisierung. Und doch ist ein unglaubliches, ja blasphemisches Element in diese Passion des einen Räubers eingeflossen. Sein linker Fuß macht eine Bewegung mit der großen Zehe, als ob sie gekitzelt würde. Und das ist tatsächlich der Fall, denn ein halb hinter einem Geharnischten versteckter Mann mit roter Mütze kitzelt mit einer Feder den Fuß. Ein unglaubliches Detail!

Der rechte Schächer
Der rechte Schächer

Der linke ans Kreuz gefesselte Schächer zeigt mit einer mächtigen Gebärde, dass er nicht gewillt ist, Reue gegenüber Christus zu zeigen. Obwohl gebunden, hat er ein Bein befreit und holt zu einem symbolischen Tritt zu Christus aus. Auch hier ist wie in der mittelalterlichen Bildkunst zu beachten, das die linke Seite die schlechte ist und deshalb der linke Schächer nur der üble Bursche sein kann. Wie in der Heraldik wird die Richtung jedoch immer aus dem Bild heraus gesehen, sodass für den heutigen Menschen die schlechte Seite rechts gelegen erscheint,

Der linke Schächer
Der linke Schächer

Gefühlsregungen in der Mimik so zu zeigen, dass der Betrachter tatsächlich über den inneren Gehalt einer Handlung aufgeklärt wird, hat die mittelalterliche Kunst erst relativ spät und zwar unter dem Einfluss des Humanismus aus Italien gelernt. Lächelnde Engel haben vorher fast immer für uns heute unverständlich gegrinst. Conrad Laib hat in seinem Werk um 1450 bereits den Ausbruch gewagt und seine Gesichter auf unserem Bild zeigen in der Tat die ganze Skala von Spott und Hohn, wie man sie von Pöbel erwartet, der Christi Tod bespottet.

Der rechte Schächer
Der rechte Schächer

Der römische Anteil am Gedränge zeigt hier die Unterschiede zwischen Herrschern und Beherrschten, indem die militärischen und zivilen Vertreter des Imperiums hoch zu Ross paradieren, während die Juden mit ihrer Geistlichkeit auf den Esel und das Maultier gesetzt werden.

Gedränge

Einen prachtvollen Harnisch trägt der die Hinrichtung kommandierende römische Feldhauptmann, wenngleich die Ausschmückung dieser Richtung vor allem auf Wirkung, aber nicht auf Authentizität gerichtet ist.

Harnisch

Wie ein feister christlicher Pfaffe sitzt der jüdische Hohepriester auf seinem langohrigen Reittier und zeigt auf den leidenden Jesus.

Jüdischer Hohepriester

Die schimmernde Rüstung des Römers zeigt das besondere handwerkliche Können des Malers Konrad in der Gestaltung metallischer Oberflächen.

Schimmernde Rüstung

Wollte man den kleinen Buben am Bildrand als eine Instrumentalisierung von Kindern für die Politik sehen, den der Vater zu einem Spektakel im Range eines spannenden Events wie es eine Kreuzigung gewesen ist, mitgenommen hat, so ist das so unverfangen geschildert, dass der Knabe sich sogar sein Steckenpferd zwischen die Beine geklemmt hat. Gerade in solchen Szenen erweist sich auch der immense kulturgeschichtliche Wert solcher Gemälde aus dem späten Mittelalter. Spielzeug und Tod ähnlich gelagert wie ein Schießstand auf einem Kinderfreundefest unserer eigenen Gegenwart.

Kleiner Bub am Bildrand

Weiterführendes#


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