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Dom und Kathedralkirche zum Hl. Ägydius#


Von

Marianne Gerstenberger und Horst Schweigert


Dom in Graz
Dom in Graz
Foto: Cezar Suceveanu. Aus: Wikicommons, unter CC BY-SA 4.0
Gotischer Chor mit barocker Sakristei
Gotischer Chor mit barocker Sakristei
Foto: Andreas Praefcke. Aus: Wikicommons, unter CC BY 3.0

Erbaut als Pfarr- und Residenzkirche des deutschen Königs und römischen Kaisers Friedrich III. ist der Dom seit 1786 die Kathedrale des Bistums Graz-Seckau. Friedrich III. veranlasste 1438 einen völligen Neubau der 1174 erstmals urkundlich genannten und dem hl. Ägydius geweihten Pfarrkirche. Als Baumeister der um 1464 vollendeten und ehemals mit der kai­serlichen Burg verbundenen Kirche (Abbruch des dreigeschossigen Verbindungsganges 1853/54) wird der Schwabe Hans Niesenberger vermutet. 1577 übergab Erzherzog Karl II. von Innerösterreich die Ägydiuskirche dem Jesuitenorden, unter dem sie Kollegiumskirche und - nach Gründung der Universität (1585) - Universitätskirche wurde.

Die 1438 erbaute Sakristei (um 1750 zur Barbara Kapelle adaptiert) weist ein Parallel-Netzrippengewölbe mit den Schlusssteinen "Hl. Veronika" und Engel mit österreichischem Bindenschild und Betonglasfenster von Alfred Wickenburg, 1965, auf.

Darüberliegend die 1449 errichtete "Friedrichskapelle" mit gleichzeitiger Freskoausstattung. Hier ist das bemerkenswerte, zu den größten erhaltenen Tafelbildern der Spätgotik zählende Gemälde "Kreuzigung Christi" von Conrad Laib (1457 datiert) aufgestellt.

Das darüber 1462 erbaute ehemalige kaiserliche "Hoforatorium" wurde 1554 von Domenico dell' Allio zur Romuald-Kapelle umgestaltet.

Barocke Anbauten haben das mittelalterliche Erscheinungsbild der Domkirche verändert. Der Innenbau hat jedoch im wesent­lichen seinen spätgotischen Raumeindruck bewahrt. Die Devise Kaiser Friedrichs III., die Buchstabenfolge „AEIOU" („Alles Erdreich Ist Österreich Untertan"), ist mehrmals am und im Dom angebracht.

Von der mittelalterlichen Ausstattung sind hervorzuheben:

  • das mit den Wappen von Österreich, Portugal und der Steiermark bauplastisch geschmückte, 1456 datierte Westportal (Nischenfiguren von 1884)
  • das fragmentierte „Landplagenbild" an der Südwand - ein vermutlich von Thomas von Villach um 1485 gemaltes Votivbild der Grazer Bürger zur Beendigung der „Gottesplagen" von 1480 (Türken- und Heuschreckeneinfall und das Auftreten der Pest)
  • im Inneren zwei monumentale Freskodarstellungen des hl. Christophorus (um 1460/70), von denen der südliche mit dem Herzogshut Kaiser Friedrich III. portraitähnlich ist, sowie die Gewölbe-Schlusssteine mit den Wappen der habsburgischen Erbländer, von Österreich, Portugal und Steiermark

Durch den Jesuitenorden und durch die Munifizenz des Landesfürsten und des Adels erhielt die Kirche im 17. und 18. Jahrhundert eine prunkvolle Barockausstattung. Im 17. Jahrhundert erfolgten die Anbauten der neuen Sakristei (1615), der Pest- und Mater-Dolorosa-Kapelle (1617), der Franz-Xaver-Kapelle (1659) und der Kreuzkapelle (1666/67). Der nach Entwurf Georg Kräxners 1730/33 errichtete Hochaltar aus buntem Marmor ist ein Hauptwerk der spätbarocken Altarbaukunst in der Steiermark. Sein Figurenensemble bezieht sich sowohl auf den Jesuitenorden (die Marmor-Statuengruppen der Jesuitenheiligen Ignatius/Franz Xaver und Franz de Borgia/Stanislaus Kostka vermutlich von Francesco Robba) als auch auf die katholischen Glaubensgrundlagen (die vier Evangelisten und drei theologischen Tugenden von Johann Jakob Schoy). Eine programmatische Ergänzung liefern die Marmorfiguren der Hl. Katharina und Hl. Barbara (von Pietro Baratta?)als Patronin der Wissenschaft bzw. als Fürbitterin für eine selige Sterbe­stunde und das Altarblatt mit dem Kirchenpatron (von Franz Ignaz Flurer, 1733).

Blick ins Langhaus
Blick ins Langhaus.
Foto: Marco Almbauer. Aus: Wikicommons, unter PD

Die übrige qualitätsvolle Ausstattung, die Seitenaltäre, die Kanzel, die Kirchenbänke, die Beichtstühle und die schmiede­eisernen barocken Abschlussgitter der Kapellen sind Zeugnisse für das hohe künstlerische und handwerkliche Können heimi­scher Meister:

  • Sakraments- (Marien-) und Ignatius-Altäre von Veit Königer (1767/69) mit Altargemälden von Giovanni Pietro de Pomis (1618)
  • Johann-Nepomuk- und Aloysius-Altar (1744/45) von Philipp Jakob Straub mit Altarblättern von Philipp Carl Laubmann
  • Pestaltar (1717/18) von Marx Schokotnigg mit einem Altarbild von Johann Veit Hauckh
  • Franz-Xaver-Altar (1737), Skulpturen von Giovanni Maria Morlaiter
  • Kreuzaltar (1667/68) von Johann Baptist Fischer (?) mit einem spätgotischen Kruzifix (um 1500)
  • Mater-Dolorosa-Altar (1742/44) von Josef Schokotnigg mit dem Gemälde „Schmerzhafte Muttergottes" (um 1620) von Giovanni Pietro de Pomis

Bemerkenswert sind das intarsierte Kirchen- und Beichtgestühl (um 1705/10), die zur selben Zeit entstandene Kanzel mit Gemälden von Johann Veit Hauckh und die Orgel (Prospekt unter Einbeziehung spätbarocker Teile nach Entwurf von Jörg Mayr, Orgelwerk von Hans Gerd Klais, Bonn, 1977/78).

Von den qualitätvollen Epitaphien sind die des Caspar von Herberstein (um 1576), des Sigismund Friedrich von Trauttmansdorff (um 1631) und des Johann Caspar von Cobenzl (1741 von Georg Raffael Donner) besonders hervor­zuheben. Künstlerisch bedeutend ist das ihrer Familie gewidmete, monumentale Votivbild der Erzherzogin Maria von Bayern (1591 von Giacomo Monte) im Chor. Zu den hervorragendsten Kunstwerken der Domkirche zählen die beiden um 1617 als Reliquienschreine adaptierten Renaissance-Brauttruhen der Paola Gonzaga mit Elfenbeinreliefs nach Franceso Petrarcas „Trionfi" (um 1477 nach Vorlagen Andrea Mantegnas).

So ist der Grazer Dom in seiner großartigen Raumgestaltung und Ausstattung ein Zeugnis von der Herrlichkeit Gottes, und die künstlerischen Schöpfungen vergangener Jahrhunderte in diesem Gotteshaus lassen den Menschen Glaube, Liebe und Hoffnung fühlbar werden.

Literatur#

  • Kohlbach, R.: Der Dom zu Graz, Graz 1948
  • Schweigert, H.: Dehio Graz (Dehio Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs), Graz 1979


Das seit dem 17. Jahrhundert zugemauerte Tor (das auf den Lettner, die Empore und in den Dachstuhl führte)
Das seit dem 17. Jahrhundert zugemauerte Tor (das auf den Lettner, die Empore und in den Dachstuhl führte)
Foto: © G. Halper
Das Fresko, das im Zuge der Vorarbeiten für die Innerenovierung entdeckt und befreit wurde
Das Fresko, das im Zuge der Vorarbeiten für die Innerenovierung entdeckt und befreit wurde
Foto: © G. Halper
Die Fresken an der Innenseite des Triumpfbogens (zw. Kirchenschiff und Apsis)
Die Fresken an der Innenseite des Triumpfbogens (zw. Kirchenschiff und Apsis)
Foto: © G. Halper

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