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Die steirische Lebensader#

Schutz, Brücken und Städte, Verkehrsweg, Energiegewinnung und Abfallentsorgung: Immer stand die Mur im Mittelpunkt. Eine kleine Kulturgeschichte auf den Spuren einer Ausstellung.#


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung


Tiertränke auf der Kühtratte am linken Murufer um 1833. Gemälde von Jakob Alt
Tiertränke auf der Kühtratte am linken Murufer um 1833. Gemälde von Jakob Alt
(KK)
Murüberschwemmung 1827 in Graz
Murüberschwemmung 1827 in Graz
(KK)
Zusammenfluss von Mur (braunes Wasser von rechts) und Drau 2009 bei Legrad
Zusammenfluss von Mur (braunes Wasser von rechts) und Drau 2009 bei Legrad
(KK)
Seit der Altsteinzeit lassen sich schon vereinzelt menschliche Spuren entlang der Mur nachweisen. Hinweise auf frühe jungsteinzeitliche Siedlungen gibt es im Gebiet um Graz (Repolusthöhle, Badlhöhle, Zigeunerloch), im Leibnitzer Feld und in Mureck. Denn der Fluß spendete Trink- und Nutzwasser, sorgte für Nahrung, wurde als Barriere zur Verteidigung genutzt und diente auch als schneller Verkehrsweg in einer Zeit, in der es kaum Straßen gab. Die Mur (slowenisch, kroatisch, ungarisch: Mura) entspringt im Salzburger Lungau in fast 1900 Meter Höhe und durchfließt Österreich, Slowenien, Kroatien und Ungarn. Nach 450 Kilometern mündet sie an der ungarisch-kroatischen Grenze bei Legrad in die Drau. Folgt man der indogermanischen Sprachwurzel des Namens, bedeutet Mur so viel wie „stehendes Wasser“ oder „Sumpf“.

Nach der Zeit der Völkerwanderung und der Wiederbesiedlung unserer Region war die Mur ein ganz entscheidender Faktor für die Gründung von Siedlungen, die im Laufe der Zeit zu Städten wurden. Bruck („Ad pruccam“) wird 860 erstmals als Siedlung belegt und wuchs über Jahrhunderte zu einem wichtigen Knotenpunkt heran. Judenburg entstand im 11. Jahrhundert aus einer Kaufmannssiedlung und erlangte im Spätmittelalter seinen wirtschaftlichen Höhepunkt. Leoben („Liupina“) wurde 904 erstmals genannt. Nach Verlegung der Stadt in die „Murschleife“ durch König Ottokar II. von Böhmen, der fast 20 Jahre bis 1276 auch über die Steiermark herrschte, erfolgte 1314 ihre erste Nennung als Eisenhandelsplatz. Frohnleiten wurde um 1280 gegründet - nach dem Bau der Murbrücke. Im frühen 12. Jahrhundert wurde der Name Graz erstmals urkundlich erwähnt, 1150 erhielt die Siedlung die Markt- und um 1230 die Stadtrechte. Vor dem Murtor befand sich die bis 1787 einzige Murbrücke der Stadt, die Hauptbrücke, heute Erzherzog Johann-Brücke genannt.

Nur langsam wuchsen diese Mur-Ortschaften zu Städten mit Steinhäusern, Straßen, Plätzen, Prachtbauten und Befestigungen heran. Ihr wirtschaftlicher Aufstieg war aber immer eng verbunden mit der Schifffahrt und Flößerei, wie anschaulich die Ausstellung „Die Mur. Eine Kulturgeschichte“ im Museum im Palais in der Grazer Sackstraße zeigt, die noch bis 17. Juli von 10-17 Uhr geöffnet ist.

In der Blütezeit der Murschifffahrt und Flößerei im 15. und 16. Jahrhundert war Bruck das Handelszentrum. Menschen und Güter wurden von hier aus flussabwärts bis nach Graz oder Radkersburg gebracht. Transportiert wurden vor allem Holz, Roheisen, Eisenprodukte und Salz. Die Flöße wurden praktischerweise am Zielort zerlegt und das Holz verkauft, während die Schiffe mit Hilfe von Pferden auf den sogenannten Treppelwegen aufwendig und teuer wieder nach Norden gezogen wurden. Mit an Bord die wichtigsten Handelsgüter für das steirische Oberland - Wein und Honig.

Schon früh wurde auch die Wasserkraft genützt: Wassermühlen sind in der Steiermark seit dem 11. Jahrhundert belegt, aber erst seit dem 13. Jahrhundert häufig im Einsatz. Die Grazer Rösselmühle in der Oeverseegasse ist die älteste Mühle der Stadt, wurde durch den rechtsseitigen Mühlgang betrieben und 1270 erstmals erwähnt. Der Name kommt von den Zugpferden, die dort bis Ende der 1950er-Jahre eingesetzt waren. 1903 wurde in Lebring das erste Murkraftwerk in Betrieb genommen. Zu den Stromabnehmern der ersten Stunde zählten die Bierbrauerei Puntigam, die Zementfabrik Werndorf und die Bahnhöfe im Raum Graz ebenso wie die (damals) selbstständigen Gemeinden Liebenau und St. Peter.

Ein großes Problem war die allgemeine Abfallentsorgung in den Fluß. Schon im Mittelalter haben verschiedene Gewerbe wie Gerber, Lederer oder Fleischer Flüsse und Ufer verunreinigt, auch die Haushaltsabwässer gelangten ungeklärt in die Mur. Ab dem 19. Jahrhundert kamen die industriellen Abwässer mit ihren giftigen Substanzen dazu. So wurden viele Flüsse zu offenen Abwasserkanälen und auch die Mur war bis 1970 in einem sehr schlechten Zustand. Verschiedene Sanierungsprogramme griffen ab 1985 und schon im Jahr 2000 konnte die Mur als Güteklasse I und II eingestuft werden.



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© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele