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Graz im Jahre 1935: Der Fall Tegetthoff #

Wie sich eine diffuse Österreich-Idee an einem „heimgeholten“ Denkmal aufrichtet. Der seltsame Kraftakt um die Statue des legendären Admirals. #


Mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt von der Kleinen Zeitung (Sonntag, 6. Dezember 2015)

Von

Robert Preis


1935 wurde ein patriotisches Fest organisiert, das an die einstige Größe der Kaiserzeit erinnern sollte, © PRIVAT, KULTURAMT GRAZ
1935 wurde ein patriotisches Fest organisiert, das an die einstige Größe der Kaiserzeit erinnern sollte
© PRIVAT, KULTURAMT GRAZ

Nach dem Ersten Weltkrieg war Österreich nicht mehr als der klägliche Rest vom einst viel beachteten Ganzen. Glanz und Glorie waren nur Geschichte.

Noch 50 Jahre davor, am 20. Juli 1866, errang die österreichische Marine vor der Insel Lissa gegen die italienischen Truppen einen Sieg für die militärgeschichtliche Ewigkeit. Es war nach Trafalgar die zweitgrößte Seeschlacht des 19. Jahrhunderts. Spätestens von diesem Tage an blieb auch der Name des steirischen Flottenkommandanten im kollektiven Gedächtnis: Admiral Wilhelm Tegetthoff (1827–1871).

Mindestens ebenso abenteuerlich wie dessen Leben verlief jedoch das Schicksal des Helden nach seinem Tod. Tegetthoff wurde in Wien am Matzleinsdorfer Friedhof begraben. Als dieser aufgelassen werden sollte, wurde sein Leichnam nach Graz überstellt, wo Tegetthoff in der Familiengruft am St. Leonhard-Friedhof beigesetzt wurde.

Bereits 1871 beschloss Kaiser Franz Joseph, dem Admiral ein Denkmal zu setzen. In Pola, dem heutigen Pula in Kroatien, wurde dieses 1877 auch von Carl Kundmann errichtet. Ein elf Fuß hohes Standbild, flankiert von vier allegorischen Figuren für Sieg, Ruhm, Mars und Neptun.

Die Historie dieses Denkmals hat der Grazer Historiker Gerhard M. Dienes aufgearbeitet. Diese war am vergangenen Dienstag Inhalt einer Veranstaltung im Museum im Palais, an der auch Schauspieler Gerhard Balluch teilnahm. Denn gerade dieses Denkmal hat seine eigene kulturpolitisch überaus interessante Geschichte.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Pola italienisch, alte Spuren wurden getilgt, das Tegetthoff- Denkmal wurde zerlegt und nach Venedig transportiert. Der Marineverband kämpfte um die Rückkehr des einstigen Untersteirers Tegetthoff, doch vergeblich. Die Spannungen zwischen den Ländern waren zu groß.

Unter Benito Mussolini und seiner faschistischen Partei kam es in den 30er-Jahren zur neuerlichen Annäherung. Österreich war zu dieser Zeit längst zutiefst gespalten. Der christlich-soziale Schutzbund und die sozialistische Heimwehr hatten paramilitärische Formationen gebildet, im Bürgerkrieg starben Hunderte Menschen, die Dollfuß-Regierung installierte den austrofaschistischen Ständestaat. Jetzt zeitigten die Bemühungen um das Tegetthoff-Denkmal Erfolg.

Hans Schmid (1889–1979) wird damals Bürgermeister in Graz. Um das Tegetthoff-Denkmal zu bekommen, reist er persönlich im Frühjahr 1935 nach Venedig und setzt in den kommenden Monaten eine beispiellose Maschinerie in Gang. Der Minister für auswärtige Angelegenheiten erreicht, dass sowohl die italienischen wie österreichischen Eisenbahnen eine 70-prozentige Ermäßigung bei den Transportkosten gewähren. Das Bundesministerium für Finanzen bewilligt die zollfreie Einfuhr der 9000 Kilogramm schweren Bronzeteile und von 40.000 Kilogramm Steinmaterial. Die Gesamtkosten des Projektes „Tegetthoff“ belaufen sich auf 30.000 Schilling (eine Semmel kostete damals fünf Groschen).

Im Oktober treffen die Denkmalteile in Graz ein, Schmid gibt ein Arbeitsprogramm heraus. Am 15. November wird der Elisabethplatz in St. Leonhard in Tegetthoffplatz umbenannt. Im Rathaus herrscht Hochbetrieb, muss doch ein (verordnetes) österreichisch- patriotisches Fest vorbereitet werden. Alles wird aufgefahren: Ehrenkompanie des Bundesheeres, Geschützbatterie, Ehrenkompanien des Schutzkorpsregimentes, der Bundespolizei und Gendarmerie, Zöglinge der Militärmittelschule Liebenau, Grazer Bürgerkorps, städtische Kriegsteilnehmer, Kaiser-Franz- Joseph-Veteranenverein, Kameradschaftsvereine, Invaliden, Staatlicher Arbeitsdienst, Schüler der Mittel-, Volks- und Hauptschulen. Am 1. Dezember fällt die Hülle, eine Batterie feuert 21 Salutschüsse ab, Kirchenglocken läuten. Die Kapellen intonieren „Ich hatt’ einen Kameraden“ und die Bundeshymne.

Jetzt – 80 Jahre später – wird das Denkmal um 250.000 Euro renoviert. Wie wir zuletzt berichteten, soll es im kommenden Jahr wieder aufgestellt werden.



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© "Damals in der Steiermark", Robert Preis


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