„Confusion“ durch neue Apotheke #
Um 1600 gab es bereits drei Apotheken in Graz. Doch die Eröffnung der ersten bürgerlichen Konkurrenz sorgte für „Confusion“.#
Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung
Als die Steirischen Stände 1535 einen gewissen Dr. Fermo zum landschaftlichen Physikus bestellten, bestand dieser darauf, dass das ebenfalls gewünschte Arzneimittellager von einem eigenen Apotheker verwaltet werden müsste. Die Stände stimmten zu und so wurde im selben Jahr ein Dominicus Clemens als Apotheker angestellt.
Diese erste urkundlich erwähnte Grazer Apotheke war anfangs im Landhaus untergebracht, übersiedelte aber bald schon auf den Hauptplatz,wowir sie heute noch als „Adler-Apotheke“ vorfinden. Jetzt wollte auch der Hof nicht zurückstehen und so ernannte 1566 Erzherzog Karl II. Anton Robitz zu seinem Leib- und Hofapotheker, der die spätere „Hirschenapotheke“ in der Sporgasse gründete.
Um aber ihre Apotheker (und damit den Zugang zu Medikamenten) stets in der Hand zu haben, waren die politisch Mächtigen bemüht, dass jene nicht das Grazer Bürgerrecht bekamen – also sich auch nie selbstständig machen konnten. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts ist in der Sackstraße bereits eine dritte Apotheke nachweisbar – die heutige „Landschaftsapotheke“, die damals aber „Zum schwarzen Adler“ hieß. Überhaupt herrschte ein rechtes Verwirrspiel, was die Namen der Apotheken betrifft: So hieß die heutige „Adlerapotheke“ „Zum goldenen Einhorn“, während die „Hirschenapotheke“ das „Zeichen des Panthers“ führte.
Zu großer Aufregung kam es aber 1649, als in Graz eine vierte – diesmal private – Apotheke gegründet werden sollte. Ein gewisser Leonhardt Bliem (Plieml) war zwölf Jahre lang bei den Jesuiten als Apotheker tätig gewesen und suchte nun um Eröffnung einer bürgerlichen Apotheke an. Der Magistrat begrüßte das sehr und verlieh dem Mann umgehend das Grazer Bürgerrecht.
Unerwünschte Konkurrenz#
Die drei bereits bestehenden Apotheken wehrten sich jedoch vehement gegen die unerwünschte Konkurrenz und protestierten in einer Eingabe an die Regierung dagegen. Ihre untergriffige Begründung: „... es ginge nicht an, dass man jedem faulen Apotheker-Gesellen, der nicht mehr arbeiten wolle, die Errichtung einer Offizin (= Apotheke) gestatte.“ Und überdies würde er damit nur „Confusion“ hervorrufen. In ihrer vermeintlichen Existenznot wandten sich die drei Apotheker sogar an den Kaiser – ohne Erfolg. Erst ein Bescheid der Innerösterreichischen Regierung verkündete, dass die neue Apotheke zu schließen sei.
Da hatten sie aber alle die Rechnung ohne den wackeren Bliem gemacht. Den Vorwurf der Faulheit wies er energisch zurück – vor allem von Männern, die selbst nur durch Heirat ihre Apotheken „bequem überkommen“ hätten. Das saß. Die anderen Apotheker gaben klein bei, die Regierung lenkte ein und Bliem durfte seine Apotheke führen – wenn er sein Wissen von namhaften Ärzten „examinieren“ lasse. Wieder protestierte der streitbare Apotheker: Warum sollte nur er überprüft werden und nicht auch die anderen drei? Der Streit wogte eine Zeit lang hin und her, letztlich muss sich Bliem wohl durchgesetzt haben, denn 1654 ist bereits von einer „neuen Apotheke“ in der Herrengasse die Rede, deren Name 1749 auch schriftlich genannt wird: „Beim schwarzen Bären“. Das Geschäftslokal befand sich damals aber auf der anderen Straßenseite, wo das winzige Landhausgässchen (auch „altes Badgassl“ genannt) begann. Dieses Haus wurde 1887 für den Rathausneubau von der Stadt gekauft und abgerissen. Genau an seiner Stelle befindet sich heute der Eingang der Landhausgasse in die Herrengasse. Die Bärenapotheke selbst siedelte auf die gegenüberliegende Straßenseite, wo sie heute noch zu finden ist.
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