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unbekannter Gast

Von Gleichenberger Kurschatten und Seitenblicken#

Der Curort Gleichenberg wurde schnell zum Luxus- und Modeort der reichen und feinen Herrschaften der Habsburgermonarchie und ganz Europas: Seitenblicke auf ihre Launen und Leidenschaften.#


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung


Molkenhalle Bad Gleichenberg
Molkenhalle
© MANG

Der „Curort Gleichenberg“ erlangte schnell internationale Bekanntheit als heilbringende Anlage und wurde Mitte des 19. Jahrhunderts zum Luxus- und Modeort der Habsburgermonarchie. Die Saison begann im Mai und endete Mitte Oktober. Diese Monate waren aber auch ein wahrer Segen für die Bevölkerung der Region, denn in dieser Zeit verdienten sie so viel, dass sie den Winter recht gut überbrücken konnten. Dreimal wöchentlich fuhr ein Privatlohnkutscher von Graz um 05.30 Uhr nach Gleichenberg, außerdem verkehrte täglich eine Fahrpost zwischen Graz und dem Kurort mit „doppelt unterlegten Pferden“. In den Sommermonaten fanden hier Theatervorstellungen statt, Schönheitspflege wurde angeboten ebenso wie Unterhaltung bei den täglichen Konzerten. Dazu erfreuten Feste und Jagden das feine Publikum, das auf Kur weilte. Man traf sich am späteren Vormittag beim Brunnen und trank die vom Arzt verordneten Mineralwässer in kleinen Schlucken. Manchmal wurde das Wasser auch mit frisch gemolkener Ziegen- oder Kuhmilch versetzt, auch Molke, Kefir und Joghurt wurden gereicht. Hier traf man sich, plauderte, lauschte innig der Kurmusik und plante die nächsten Ausflüge.

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Von Jahr zu Jahr kamen mehr Gäste, darunter zahlreiche Mitglieder des europäischen Hochadels wie die russischen Großfürstinnen Helene und Katharina Michaelowna, Königin Carola von Sachsen, der österreichische Kaiser Ferdinand mit Gemahlin, natürlich Erzherzog Johann und Sohn Franz Graf von Meran oder die Herzogin Marie Caroline von Berry, die in Graz und Brunnsee im Exil lebte. Die Fürsten von Liechtenstein, Schwarzenberg, Fürstenberg, Auersperg und Windisch-Graetz waren ebenso vertreten wie reiche Kaufleute und Industrielle, die ihre Töchter an verarmte Adelige mit großen alten Namen zu verehelichen trachteten. Für diesen Zweck besonders nützlich waren die vom Actienverein täglich herausgegebenen Gästelisten, die landesweit mit großem Interesse gelesen und dahingehend interpretiert wurden, welche Persönlichkeit sich wohl hinter welchem Pseudonym verbergen würde. Aber auch Peter Rosegger erholte sich hier vom Asthma und schrieb 1906 dankbar über Gleichenberg „Diesen Erdenwinkel lieb' ich“. Zu den treuesten Besuchern des Kurortes, dem übrigens erst am 22. Juni 1926 das schmückende Attribut „Bad“ verliehen wurde, zählten Emmerich Prinz von Thurn und Taxis, die Familie des Grafen Wickenburg und Sefer Pascha, der ursprünglich Graf Ladislaus Koscielski geheißen hatte und in den Diensten des osmanischen Sultans in höchste Ämter aufgestiegen und unermesslich reich geworden war. 1870 kehrte er nach Österreich-Ungarn zurück und fuhr auf Kur nach Gleichenberg. Dort fand er so großen Gefallen an der lieblichen Gegend, dass er am 18. Oktober 1871 die Herrschaft Bertholdstein kaufte und sie großzügig nach orientalischem Vorbild ausbauen ließ. Um möglichst rasch zur geliebten Kur nach Gleichenberg zu kommen, baute er die Straße von Pertlstein über Absetz und durch den Eichgraben, die sogenannte Paschastraße, aus, berichtet Rita Mang unter dem Titel „und diesen Erdenwinkel lieb ich“ in ihrem historischen Büchlein über Gleichenberg. Wenn Sefer Pascha an Markttagen im Kurort im Galopp einige Stände umfuhr, warf er den Standlern einfach eine Handvoll Gulden hin und fuhr weiter. Wenn die Kutsche Kindern begegnete, warf der Pascha ebenfalls Münzen unter sie, damit sie schneller von der Straße liefen und er rasanter weiterfahren konnte.

Ein weiterer prominenter Stammgast war König Milan von Serbien, den später auch sein Sohn Alexander begleitete. Von 1882 bis 1889 unterzog sich der Monarch sechs Mal den Gleichenberger Kuren, doch bereits nach zwei Jahren war sein Bronchialkatarrh ausgeheilt. Der temperamentvolle König verehrte die schöne Gräfin Trauttmansdorff und wollte ihr - aber auch anderen hochadeligen Damen - möglichst nah sein. Tagsüber vergnügte er sich jedoch mit Jagden, Ausflügen und dem näheren Kennenlernen der hübschen Frauen der Region. Aber auch die Handwerker der Gegend beschäftigte König Milan und ernannte sie alle zu seinen Hoflieferanten, so den Fotografen Hoppichler, den Schuster Hofer und den Apotheker Dr. Fürst. Die Bevölkerung freute sich sehr, wenn der König in Gleichenberg weilte, denn er war sehr großzügig zu den einheimischen Bediensteten, berichtet Ria Mang. Und sollte eine der zahlreichen einheimischen Geliebten Milans schwanger werden, hatte sie ausgesorgt, denn der König kaufte ihr dann stets ein eigenes Haus, so dass die Mädchen zu begehrten Heiratspartien wurden. Ja, es war viel los damals im feinen Curort Gleichenberg.




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© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele


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