Tod durch Umweltsünden#
An der Umweltverschmutzung sterben laut Studie mehr Menschen als an Kriegen und Krankheiten.#
Von der Wiener Zeitung (Samstag, 21. Oktober 2017) freundlicherweise zur Verfügung gestellt.
London/Wien. (gral) Weltweit sterben jährlich mehr Menschen wegen der Umweltverschmutzung als an Kriegen und Krankheiten. Das ist das Ergebnis einer internationalen Studie, die im Fachblatt "The Lancet" publiziert wurde. Für das Jahr 2015 zählten die Forscher etwa neun Millionen Todesfälle wegen Schadstoffen in der Luft, Krankheitserregern im Wasser oder Gift im Boden. Einer von sechs vorzeitigen Todesfällen könne auf Kontakt mit giftigen Stoffen zurückzuführen sein. Die wichtigsten Ursachen waren Herzerkrankungen, Schlaganfälle und Lungenkrebs. Alles in allem seien das mehr als durch Aids, Tuberkulose und Malaria zusammengezählt.
"Umweltverschmutzung ist weit mehr als eine ökologische Herausforderung", betont der US-Forscher Philip Landrigan von der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in der Publikation. "Es ist eine tief greifende und allgegenwärtige Bedrohung, die viele Aspekte der menschlichen Gesundheit und des Wohlbefindens beeinflusst. Es verdient die volle Aufmerksamkeit von der Politik, der Bevölkerung, Gesundheitsexperten und einfach allen Menschen auf der Welt."
Trotz ihrer weitreichenden Effekte auf die Gesundheit, die Wirtschaft und die Lebenswelt sei die Umweltverschmutzung bisher vernachlässigt worden. Manche Kontrollstrategien seien mit zu geringen Mitteln ausgestattet worden, kritisiert der Forscher. "Unser Ziel ist es, das globale Bewusstsein für die Wichtigkeit des Themas zu schärfen, die politisch Verantwortlichen zur Lösungsfindung zu mobilisieren."
Straßenverkehr allem voran#
Fast alle der Todesfälle seien in armen oder aufstrebenden Ländern zu verzeichnen, wie die Wissenschafter herausgefunden haben. Vor allem in den Ländern, in denen die Industrie rapide ausgebaut wurde, seien die Auswirkungen zu spüren. Auf diese Länder, darunter Indien, Pakistan, China, Bangladesch oder Madagaskar, entfalle ungefähr ein Viertel der Toten. Eine aufstrebende Entwicklung und Industrialisierung sorge für veränderte Umweltbedingungen, die auch durch Umweltverschmutzung geprägt seien, betonen die Forscher.
Alleine die Luftverschmutzung, etwa durch den Straßenverkehr oder durch offene Feuer im privaten Bereich, stehe in Zusammenhang mit 6,5 Millionen Todesfällen. Die zweitgrößte Gefahr sei mit Keimen verunreinigtes Wasser, durch das Infektionen übertragen würden und an dem 1,8 Millionen Menschen gestorben seien. 800.000 Millionen fielen demnach Giften und krebserregenden Stoffen an ihren Arbeitsplätzen zum Opfer. Der Einfluss von Blei führte zu insgesamt 500.000 Todesfällen.
Die finanziellen Einbußen, die damit in Verbindung entstanden sind, betragen den Forschern zufolge weltweit rund 4,6 Billionen Dollar - das sind etwa 6,2 Prozent der globalen Wirtschaft. Nicht enthalten sind im Report Kosten von Umweltschäden, die durch die Verschmutzung entstanden seien, betonen die Autoren. Die finanziellen Einbußen seien demnach noch weit höher.
Vor allem Arme betroffen#
Die Effekte der Umweltverschmutzung treffen weltweit vor allem die armen Bevölkerungsschichten. Diese seien wesentlich häufiger toxischen Chemikalien in Luft und Wasser sowie Arbeitsplätzen mit gesundheitsschädlichen Bedingungen ausgesetzt. Die Autoren argumentieren, dass diese Ungerechtigkeit häufig auch die Menschenrechte aushebelt.
"Umweltverschmutzung, Armut, schlechte Gesundheit und soziale Ungerechtigkeit sind häufig miteinander verknüpft", betont Karti Sandilya von der Non-Profit-Organisation Pure Earth in der Studie.