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Rezept für eine grüne Wüste#

In der Sahara, wo Staub und Sand regieren, könnten mithilfe von Wind- und Solaranlagen Landschaften erblühen. Denn auch diese verändern das Klima, zeigen Berechnungen.#


Mit freundlicher Genehmigung übernommen aus der Wiener Zeitung, 7. September 2018

Von

Eva Stanzl und Roland Knauer


Windräder in der Wüste
Windräder in der Wüste
Foto: pixabay.com, unter PD

Wien. Emissionsfrei und auf der Welt reichlich vorhanden: Wind und Sonne ermöglichen den Ausstieg aus fossilen Energien. Doch obwohl es das Gebot der Stunde ist, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, stören sich insbesondere im dicht besiedelten Europa viele Menschen an der Optik von Wind- und Sonnenparks. Da zudem nicht jedes Land ausreichend Wind oder Sonne hat, um Strom für alle erzeugen zu können, sind riesige Wind- und Solarparks in der Wüste angedacht. Ein US-Team hat ausgerechnet, was das bringt. Und festgestellt, dass auch die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen das Klima ändert, zumindest in der unmittelbaren Umgebung.

In Simulationen haben die Forschenden berechnet, dass sich mit Wind- und Sonnenparks, die sich auf der neun Millionen Quadratkilometer großen Fläche der Sahara ausdehnen, ein Vielfaches des Welt-Strombedarfs decken lässt. Insgesamt 79 Terawatt-Stunden Strom könnte eine solche Riesen-Anlage im Jahr erzeugen. "2017 lag der globale Energieverbrauch für Heizung, Verkehr, Industrie- und Haushaltsstrom bei 18 Terawattstunden", betonen der Umweltforscher Yan Li und sein Team in ihrer im Fachjournal "Science" publizierten Studie. "Wind- und Solarparks ermöglichen saubere, erneuerbare Energien. In dieser Größe verändern sie allerdings auch die Landoberfläche in einer Art und Weise, die unbeabsichtigte Klimaeffekte eintreten lässt", warnen sie.

Mehr Niederschläge#

Für die Sahara, die größte Wüste der Erde im arabischen Nordafrika, die 26 Mal so groß wie Deutschland ist, wäre das jedoch kein Nachteil. Auch die südlich angrenzende Sahel-Zone, in der sich Wüste und Steppe mischen, könnte profitieren. Insbesondere die Sahel-Region zählt zu den ärmsten der Welt. Großräumige Wind- und Solarparks in dieser Steppe würden den Bewohnern mehr Niederschläge, eine reichere Vegetation und somit bessere Nahrungsgrundlagen bringen, berichten Li und seine Kollegen von der University of Illinois. "Die Vegetation spielt eine Schlüsselrolle für das Klima. Sie kann klimatische Veränderungen, die als Reaktion auf veränderte Land-Oberflächen stattfinden, abfedern oder verstärken. Dieser Fall ist gegeben, wenn zahllose Windräder der Oberflächenstruktur eine zusätzliche Rauigkeit verleihen und gleichzeitig die Windströme verändern", schreiben sie. Große Solar-Farmen wiederum würden das Rückstrahlvermögen der Erdoberfläche verringern: Ihre dunklen Flächen nehmen mehr Sonne auf als heller Sandstaub.

Laut den Forschern erwärmen Windfarmen in der Sahara die Lufttemperatur insbesondere in Bodennähe, weil die Turbinen ähnlich wie Wolkenkratzer die Windströme anders verteilen und warme Luft nach unten drücken. Zu ihrer Überraschung entdeckten die Forscher aber auch, dass sie die Niederschlagsmenge steigern - und zwar um täglich 0,25 Millimeter in der Sahara und um 1,12 Millimeter pro Tag in der Sahel-Steppe.

In der arabischen Sahara brennt tagsüber die Sonne auf den Wüstensand - der Boden heizt sich auf. Die warme Luft ist leichter als die kühle und steigt aufwärts. Das senkt den Luftdruck am Boden - es bildet sich ein Tiefdruckgebiet, Winde entstehen. Windräder setzen diesen Winden Widerstand entgegen. Dadurch vergrößert sich für den Wind die Reibung und die Luft steigt schneller auf. Die schneller steigende Luft wiederum kühlt auch schneller ab und die darin enthaltene Feuchtigkeit kondensiert schneller aus.

In einer Sahara mit Windkraftanlagen bilden sich somit mehr Wolken, aus denen auch mehr Niederschlag fällt. Der lässt auch mehr Grün in der Wüste sprießen. Und ähnlich wie die dunklen Flächen der Solar-Paneele mehr Sonnenwärme speichern, nimmt auch die dunkle Vegetation mehr Wärme auf. Der Kreislauf geht somit von vorne los: Die Temperaturen steigen und die Luft strömt schneller nach oben. Dabei kühlt sie noch schneller ab, es regnet noch mehr und es wächst noch mehr Grün: Laut den Forschern ist dies denn ein Rezept, um Wüsten zu begrünen.

Wiener Zeitung, 7. September 2018