Archäologie am Wiener Michaelerplatz#
Von
Hasso Hohmann (Juni 2019)
Als 1990 am Michaelerplatz in Wien wieder einmal Grabungen durchgeführt werden mussten, wurden knapp unter dem Pflaster alte Keller und daneben die unterschiedlichsten Schichten der Stadtgeschichte bis in die Römerzeit freigelegt. Da dies viele Stadtbewohner wie auch Touristen interessierte, baute die Stadt einen Steg über einem Kanal, der quer über die kreisförmige Verkehrsinsel im Zentrum des Michaelerplatzes verlief. Täglich gab es ein dichtes Gedränge auf diesem Steg, obwohl hier kein Mensch gehen musste. Das Interesse war also wirklich vorhanden.
Da ich der Meinung war, dass man einem solch ausgeprägten geschichtliches Interesse auch von Seiten der Stadt Wien entgegenkommen und die inzwischen großflächig von Archäologen freigelegte und untersuchte Zone auf der Verkehrsinsel nicht wieder zuschütten sollte, schrieb ich dem damaligen Wiener Bürgermeister Helmut Zilk und schickte ihm auch gleich einen skizzierten Vorschlag zur Lösung der Aufgabe, die Zone hell und transparent gegen Witterung zu schützen. Die Skizze wurde auch im ISG-Magazin (1-2/1991) abgedruckt. Der Vorschlag sah eine Rundumverglasung in Form eines flachen Zylinders und eines flachgeböschten Kegels oberhalb mit einer möglichst schlanken Tragkonstruktion vor, bei der genau an der Stelle des damaligen Steges ein Schlitz durch die Konstruktion führen sollte. Ein ringförmiger Umgang um die eingehauste Fläche und der schlitzförmige Durchgang sollten den Betrachtern möglichst viele Durchblicke ermöglichen.
Einem der Denkmalpfleger im Bundesdenkmalamt gefiel meine Lösung offenbar sehr gut. Später war er ganz enttäuscht, dass eine völlig andere Lösung zur Umsetzung gekommen war, bei der die Planung einen mächtigen Rahmen um eine schlitzförmige archäologische Fläche freihielt. Manche Kritiker meinten damals, der Rahmen sei mächtiger als der Inhalt, als das, was der freigelassene Schlitz in der Platzfläche zeigte. Die Stadt Wien hatte einen geladenen Wettbewerb durchführen lassen und so kam es zu dieser Lösung.
Derzeit (2019) wird wieder überlegt, neuerlich eine Neugestaltung für den Michaelerplatz in Wien auszuschreiben. Man kann nur hoffen, dass das nicht zum Anlass genommen wird, nun endgültig auch den Schlitz mit den relativ wenigen noch sichtbaren archäologischen Ergebnisse aus der Grabung von 1990 auch noch zuzuschütten. Außerdem wäre jedenfalls eine Einhausung notwendig, bei der eine begleitende Dehydrierung und nächtliche Beleuchtung vorgenommen werden müsste.