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Der Aufstand der wilden Rebellen#

Adelige sprachen den Bauern das Jagdrecht ab. Wilderer wurden zu Heldenfiguren.#


Von der Wiener Zeitung (Donnerstag, 18. Dezember 2008) freundlicherweise zur Verfügung gestellt.


Wien. (temp) Mit der Auflehnung gegen die adeligen Herrschaften und dem Mut, Widerstand gegen die Obrigkeit zu leisten, verschaffte sich der Wilderer oder Wildschütz von früher hohen Respekt bei der ländlichen Bevölkerung – denn es waren die Adeligen, die den Bauern einst das Recht zu jagen genommen hatten. Vor dem Beginn der Wilderei hatte ein altes germanisches Recht besagt, dass jeder freie Bauer jagen und sich die Beute behalten durfte. Schleichend übernahmen jedoch Edelleute ab dem 11. Jahrhundert die Herrschaft über die ärmere Bevölkerung. Die Macht der Reichen gipfelte in dem Verbot für die Bauern, auf Jagd zu gehen oder überhaupt den Wald zu betreten – dieses Privileg blieb von nun an den Aristokraten vorbehalten. Die neue Regelung traf die Landbewohner hart. Besonders die Gebirgsbauern litten unter dem Verlust des Wildbrets, Hunger und Armut breiteten sich aus – und damit auch der Verdruss über die Gesetze der reichen Obrigkeit.

Höchststrafe: Exekution#

Daher wurden insgeheim jene Bauernburschen verehrt, die mit kohlegeschwärztem Gesicht bei Nacht und Nebel durch die Wälder zogen, um illegal das Wild zu erlegen. In nahezu jeder ländlichen Kultur findet sich dieser soziale Rebell, der sich gegen die Unterdrückung durch die Gutsherren auflehnte und somit für das gesamte Bauernvolk sprach. Der Wilderer wurde zur Heldenfigur erhoben, die sich das Recht zurück holte, das ihm weggenommen worden war. Bald erkannten auch die Adeligen die Gefahr, die von den wilden Jägern ausging – wodurch diese zum Feindbild der feinen Gesellschaft erklärt wurden Um die Wilderer abzuschrecken, wurden sie bei Missachtung des Jagdgesetzes grausam bestraft. Als Demütigung wurde dem Wilderer ein Hirschgeweih aufgesetzt: die Wildererkappe. Zur Befestigung wurden Nieten in den Schädel gerammt. Das Geweih verfolgte den Wilderer oft bis in den Tod, wenn es demonstrativ bei der Hinrichtung über den Galgen aufgehängt wurde. Die Auflehnung der Bauern zeigte erst nach der Revolution im Jahr 1848 Erfolg, als es zur Bauernbefreiung und der Abschaffung des Jagdprivilegs kam – allerdings nur theoretisch, weil die Grundherren von nun an einen Betrag für die Jagd einforderten, die die arme Bevölkerung nicht aufbringen konnte. Vielmehr verschuldete sie sich, es kam zu Versteigerungen, und die Aristokraten kauften die ehemaligen Besitztümer der Bauern. Also wurde weiter gewildert. Bis lange nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der kühne Wildschütz als mutiger Held gefeiert und war auch bei den jungen Frauen äußerst beliebt. Üblicherweise handelten diese tollkühnen Jäger nach dem Ehrenkodex, keine Schlingen zu legen und keinem Rehkitz die Mutter wegzuschießen – heute ist dieses ungeschriebene Gesetz in den Banden der Wilderei verloren gegangen.

Berühmte Wilderer#

Johann Adam Hasenstab (1716 bis 1773), einer der verwegensten Wilderer Deutschlands, trieb bevorzugt im Kröpfbachtal im nördlichen Spessart sein Unwesen. Ob er im ehrlichen Zweikampf oder feige von hinten getötet wurde, ist bis heute umstritten.

Mathäus Klostermayr (1736 bis 1771), der „Bayrisch Hiasl“, war nicht nur Wilderer, sondern auch Räuberanführer im damaligen schwäbisch-bayrischen Grenzgebiet. Er wurde spektakulär hingerichtet: erdrosselt, zertrümmert, geköpft und gevierteilt.

Karl Stülpner (1762 bis 1841) war ein legendärer Wilderer, Soldat, Fabrikant und Schmuggler im Erzgebirge (zwischen Sachsen und Böhmen).

Elisabeth Lackner (1845 bis 1921) aus Ginzling im Zillertal in Tirol, wegen ihrer großen, dürren Gestalt „Floitenschlagstaude“ genannt, ernährte ihre zehn Kinder auf 1436 Meter Seehöhe als treffsichere Schützin. Nebenbei baute sie Erdäpfel und Gerste an, sammelte Beeren und hielt einige Kühe, Ziegen und Schweine.

Georg „Girgl“ Jennerwein (1848–1877) vom Schliersee wurde in mysteriöser Stellung tot aufgefunden: Die rechte große Zehe steckte im Abzug seines Gewehres, der Unterkiefer war zerschmettert, ein Teil der Wange samt Schnurrbart hing in den Ästen einer Fichte, im Rücken hatte er eine Schussverletzung; ein Jagdgehilfe dürfte ihn getötet haben.

Pius Walder (1952 bis 1982), ein Osttiroler Holzfäller, wurde im Villgratental von einem fanatischen Jäger durch einen Schuss in den Hinterkopf getötet. Sein Bruder Hermann kämpft seit damals um Genugtuung.

Wiener Zeitung, Donnerstag, 18. Dezember 2008


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