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Stimmen zum "Anschluss" (Essay)#

Bundeskanzler Kurt Schuschnigg spricht im österreichischen Rundfunk:#

11. März 1938, 19:50 Uhr

"Der heutige Tag hat uns vor eine schwere und entscheidende Situation gestellt. Ich bin beauftragt, dem österreichischen Volk über die Ereignisse des Tages zu berichten. Die deutsche Reichsregierung hat dem Herrn Bundespräsidenten ein befristetes Ultimatum gestellt, nach welchem der Herr Bundespräsident einen ihm vorgeschlagenen Kandidaten zum Bundeskanzler zu ernennen und die Regierung nach den Vorschlägen der deutschen Reichsregierung zu bestellen hätte, widrigenfalls der Einmarsch deutscher Truppen für diese Stunde in Aussicht genommen wurde.

Ich stelle fest vor der Welt, dass die Nachrichten, die in Österreich verbreitet wurden, daß Arbeiterunruhen gewesen seien, dass Ströme von Blut geflossen seien, dass die Regierung nicht Herrin der Lage wäre und aus eigenem nicht hätte Ordnung machen können, von A bis Z erfunden sind.
Der Herr Bundespräsident beauftragt mich, dem österreichischen Volk mitzuteilen, dass wir der Gewalt weichen. Wir haben, weil wir um keinen Preis, auch in ernster Stunde nicht, deutsches Blut zu vergießen gesonnen sind, unserer Wehrmacht den Auftrag gegeben, für den Fall, dass der Einmarsch durchgeführt wird, ohne wesentlichen Widerstand, ohne Widerstand, sich zurückzuziehen und die Entscheidung der nächsten Stunde abzuwarten.

Der Herr Bundespräsident hat den General der Infanterie Schilhawsky, den Generaltruppeninspektor, mit der Führung der Wehrmacht betraut. Durch ihn werden weitere Weisungen an die Wehrmacht ergehen. So verabschiede ich mich in dieser Stunde von dem österreichischen Volke mit einem deutschen Wort und einem Herzenswunsch: Gott schütze Österreich!"

An diesem Schicksalstag Österreichs hatte der Bruder des Bundeskanzlers, Artur Schuschnigg, als Leiter des Tonarchivs Dienst im Wiener Funkhaus in der Johannesgasse. Geistesgegenwärtig legte er während der Ansprache seines Bruders eine Schallplatte mit dem zweiten Satz des "Kaiserquartetts" von Joseph Haydn auf. Die Melodie, die viele Tausende Hörer dieser historischen Rede zu Tränen rührte, weil sie den Untergang Österreichs so deutlich zu besiegeln schien, hören Sie hier.

Die Österreichischen Bischöfe#

Dieser Hirtenbrief wurde am 27. März 1938 von den Kirchenkanzeln Österreichs verkündet:

»Feierliche Erklärung! Aus innerster Überzeugung und mit freiem Willen erklären wir unterzeichneten Bischöfe der österreichischen Kirchenprovinz anläßlich der großen geschichtlichen Geschehnisse in Deutsch-Österreich: Wir erkennen freudig an, daß die nationalsozialistische Bewegung auf dem Gebiet des völkischen und wirtschaftlichen Aufbaues sowie der Sozial-Politik für das Deutsche Reich und Volk und namentlich für die ärmsten Schichten des Volkes Hervorragendes geleistet hat und leistet. Wir sind auch der Überzeugung, daß durch das Wirken der nationalsozialistischen Bewegung die Gefahr des alles zerstörenden gottlosen Bolschewismus abgewehrt wurde. Die Bischöfe begleiten dieses Wirken für die Zukunft mit ihren besten Segenswünschen und werden auch die Gläubigen in diesem Sinne ermahnen. Am Tage der Volksabstimmung ist es für uns Bischöfe selbstverständlich nationale Pflicht, uns als Deutsche zum Deutschen Reich zu bekennen, und wir erwarten auch von allen gläubigen Christen, daß sie wissen, was sie ihrem Volke schuldig sind.«

Diese in Sorge um das Wohl der Katholiken in Österreich nach zermürbenden Verhandlungen mit den nationalsozialistischen Exponenten abgegebene Erklärung wurde von den Nazis als Wahlempfehlung für den 10. April auf tausenden Plakaten verbreitet.

Karl Renner zur Volksabstimmung am 10. 4. 1938#

Am 3. April 1938 veröffentlichte das "Neue Wiener Tagblatt" folgendes Interview mit dem Gründungskanzler der Ersten und Zweiten Republik, Dr. Karl Renner:

"... Als Sozialdemokrat und somit als Verfechter des Selbstbestimmungsrechtes der Nationen, als erster Kanzler der Republik Deutschösterreich und als gewesener Präsident ihrer Friedensdelegation zu St. Germain werde ich mit Ja stimmen".

Im Gegensatz zu den österreichischen Bischöfen, die vom NS-Regime unter massiven Druck gesetzt worden waren, machte Karl Renner seine Aussage vollkommen freiwillig, aus innerer Überzeugung von der Zusammengehörigkeit der Menschen im deutschen Sprachraum.

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