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Christliche Politik und Postenschacher#


Aus: Gedanken zu Glaube und Zeit Nr. 404/2022

Von

Herbert Kohlmaier


Viel ist schon darüber diskutiert worden, ob das Evangelium Leitlinie nicht nur für das persönliche Leben, sondern auch für die Politik sein kann. Sich wieder einmal mit dieser Frage zu beschäftigen, regen aktuelle Ereignisse in der österreichischen Öffentlichkeit an.

Es wurden mehrere Fälle bekannt, in denen die Besetzung wichtiger Ämter ausschließlich nach parteipolitischen Gesichtspunkten erfolgte. Es war schon alles ausgemacht, bevor die gesetzlich erforderliche Ausschreibung erfolgte. Dazu kam dann, dass ein Geheimabkommen der Koalitionsparteien (ein „Side Letter“) bekannt wurde, wo vereinbart wurde, welche Partei jeweils wichtige Ernennungen für sich in Anspruch nehmen könne. Es soll auch in Einzelfällen bereits vorgesehen worden sein, wer das sein sollte.

An sich ist das Bestreben, auf die Auswahl von Personen für öffentliche Aufgaben Einfluss zu nehmen, Merkmal der Parteiendemokratie. Das kann nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden und ist weithin üblich. Auch auf europäischer Ebene, hier wird danach getrachtet, dass die im Europaparlament vertretenen Fraktionen eine Nominierung für die einzelnen wichtigen Ämter vornehmen können. Es soll Ausgewogenheit hergestellt werden, keine Richtung soll sich ausgeschlossen fühlen.

Dieses an sich legitime Bestreben führt aber auch zu schädlichen Exzessen. Wenn in einem Ministerium so gut wie alle Beamten einer politischen Partei angehören oder zumindest nahestehen, geht es einfach um sachwidrige Bevorzugung der eigenen Klientel. Wer einer anderen Richtung angehört, hat keine Chance und dabei wird auch Ergebnis sein, dass besser qualifizierte Personen zurückgesetzt werden. Das kann keinesfalls als gerecht angesehen werden und steht eindeutig im Widerspruch zum öffentlichen Interesse.

Das Problem findet sich auf vielen Ebenen. Man wird es etwa einem Bürgermeister kaum verargen können, wenn er einen Gemeindesekretär auswählt, zu dem er (auch) politisches Vertrauen hat. Für das Funktionieren der Demokratie handelt es sich jedenfalls um ein heikles Gebiet. So sehr auch persönliche Beziehungen eine Rolle spielen mögen - die Bürgerinnen und Bürger haben Anspruch darauf, dass jedes Amt bestmöglich besetzt wird und es muss immer streng darauf geachtet werden, dass Transparenz besteht, also die jeweiligen Entscheidungen nachvollziehbar sind und objektiven Kriterien entsprechen.

Wenn gar – wie es jüngst geschah – eine öffentliche Ausschreibung vom dafür bereits Vorgesehenen hinsichtlich der verlangten Qualifikation manipuliert wird, um den Schein wahren zu können, handelt es sich um eine dreiste Missachtung der Rechtsstaatlichkeit. Bekanntlich ging es hier um eine enge Vertrauensperson des damaligen Bundeskanzlers Kurz. Dieser erklärte dann vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss, dass die üble Manipulation bei der Personalauswahl ohne sein Wissen erfolgt wäre. Das rief die Staatsanwaltschaft auf den Plan und war einer der Gründe für den Rücktritt des Regierungschefs.

Nun zur eingangs erwähnten Frage: Was hat parteipolitische Postenbesetzung mit christlicher Politik zu tun? Wesentliches spricht sehr wohl dafür. Jesus verlangt, dass die Herrschenden niemanden unterdrücken dürfen. Es geht auch hier um eine Beachtung des Liebesgebots, das nicht nur eine persönliche emotionale Seite hat. Es betrifft vielmehr das Verhältnis zum Mitmenschen insgesamt und die Beachtung seiner Interessen, auch seiner Würde. Wir sollen sogar unsere Feinde lieben. Ist es da zulässig, jemanden von einer Aufgabe auszuschließen, die er bestmöglich erfüllen könnte, nur weil er „den Anderen“ zugerechnet wird?

Soll die Gesellschaft von den Mächtigen in zwei Gruppen geteilt werden, nämlich in politische Freunde und eben „Feinde“? Von denen man die eine fördert und die andere zurücksetzt? Das wäre fatal, eindeutiger Machtmissbrauch und das Schüren von Ärgernis und Zwist, die dem Vertrauen in die Demokratie höchst schädlich sind. Verlangen nicht die Menschenrechte die Gleichbehandlung aller Menschen und den Ausschluss jeder Diskriminierung? Dabei kann es nicht nur um Geschlecht oder ethnische Zugehörigkeit gehen, sondern auch um persönliche Gesinnung.

Wohin man auf der ganzen Welt blickt, sieht man Beispiele dafür, wie Machtausübung durch die rücksichtslose Herstellung bedingungsloser Gefolgschaft angestrebt wird und Andersdenkende unterdrückt werden. Es kann kein Zweifel bestehen: Christliche Politik darf sich solchem Übel niemals auch nur annähern!