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Eine Fassung von Genesis 3, #

welche die Entwicklung der christlichen Morallehre grundlegend verändert hätte#


Aus: Gedanken zu Glaube und Zeit Nr. 347/2020

Von

Hans Stetter


(statt Gen.2, 16/17) Dann erklärte Gott, der Herr, den Menschen: ”Von allen Früchten könnt ihr bedenkenlos essen; doch dies ist der Baum der Erkenntnis von Nutzen und Schaden. Wenn ihr davon esst, werdet ihr die Vielfalt eurer Handlungsmöglichkeiten und deren Wirkungen erkennen. Euer Leben wird dann viele kleine und große Entscheidungen erfordern, die euch aber den Zugang zu wichtigen Vorteilen eröffnen können.”

(statt Gen.3, 1-13) Vorerst hielt das eintönige aber bequeme Leben im Paradies des Regenwaldes Adam und Eva davon ab, sich an den Baum der Erkenntnis zu wagen. Doch da war ein Rabe, der die Warnung Gottes gehört hatte, aber von seinen Flügen die Welt außerhalb des Waldes kannte; der konnte diese Trägheit nicht begreifen. So sprach er zu Eva: ”Warum hat euch Gott verboten, von den Früchten dieses Baumes zu essen?” Eva erwiderte: ”Er hat es uns nicht verboten; aber er hat uns gewarnt, dass wir dann selbst über den weiteren Verlauf unseres Lebens entscheiden müssten.”

Darauf sagte der Rabe: ”Ist das nicht eine herrliche Aussicht, selbst über seine Zukunft bestimmen zu können? Wie wäre ich glücklich, wenn ich nicht bei allem meinen Instinkten folgen müsste! Nur eine Tagereise von hier, draußen in der Savanne, werdet ihr eine Welt voller neuer Wunder kennenlernen, während ihr hier vor Langeweile verkommt.”

Auch Adam war hinzugekommen und hörte die Argumente des Raben; er nickte Eva zu. Da pflückte sie zwei von den verlockenden Früchten des Baumes der Erkenntnis und beide aßen. Sogleich erkannten sie (was ihnen vorher gar nicht aufgefallen war), wie die Welt um sie dazu reizte, sie sich zunutze zu machen, und sei es auch nur in spielerischer Weise.

Da hörten sie Gott einherschreiten und sie liefen ihm entgegen. Schon von weitem konnte Gott sehen, dass sich Eva eine große rote Blüte ins Haar gesteckt hatte und Adam einen Behälter mit Früchten trug, den er aus Palmblättern zusammengesteckt hatte. ”So habt ihr also vom Baum der Erkenntnis gegessen”, empfing sie Gott. Kleinlaut zeigte Eva auf den Raben: ”Er hat mich dazu überredet, und es hat so gut geschmeckt, dass ich auch Adam davon gab.”

Da sagte Gott zum Raben: ”Weil du das getan hast, sollst du das klügste unter allen Tieren sein. Du hast den Menschen den Weg gewiesen, den ich für sie vorgesehen habe, dass sie lernen zu erkennen, was ihnen nützt und schadet, und nicht mehr ihrem Instinkt, sondern ihrer Einsicht folgen.”

Zu Adam und Eva sagte er:” Wie froh bin ich, dass ihr die Muße des Regenwaldparadieses ver- lassen und in der weiten Savanne die in euch gelegten Fähigkeiten zu entwickeln beginnen werdet. Euren Nachkommen wird der gesamte Erdball offenstehen und sie werden ihn beherrschen, nicht durch die Kraft ihrer Muskeln, sondern dank der Phantasie ihres Geistes.”

Dann wandte er sich an Adam: ”Wegen der Nacktheit deiner Haut (unbehaart!) und deiner Fähigkeit zu schwitzen wirst du in der heißen Savanne weite Strecken zurücklegen und deine Frau und Kinder mit Fleisch versorgen können. Deine Nachkommen werden sogar lernen, den Boden mit nahrhaften Pflanzen zu bebauen. Die Mühen der Nahrungsbeschaffung wirst du im Glück der Vereinigung mit deiner Frau vergessen!”

Schließlich sprach er zu Eva: „Zwar wirst du bei der Geburt deiner Kinder (wegen deren großem Schädel) Schmerzen erleiden, aber sie werden viele Jahre in deiner Obhut heranwachsen müssen und dir Freude bereiten. Und ihre Zahl wird gering sein verglichen mit der Zahl der wonneerfüllten Umarmungen deines Mannes.”

Aus Fellen fertigten sie sich noch für das Leben in der offenen Savanne einen Schutz gegen die Strahlen der Sonne bei Tag und die Kälte bei Nacht an; dann verließen sie den Regenwald und begannen ein neues Leben in der angrenzenden Savanne. Schon bald waren sie sicher: Nie würden sie in das „Paradies” zurückkehren wollen!

Dr. Hans Jörg Stetter ist Emer. O. Universitätsprofessor der Technischen Universität Wien mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Numerische Mathematik und Numerische Analysis. Er ist christlich engagiert und seit langem in kirchlichen Reformbewegungen tätig.