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Wie der Geist Gottes, die biblische Ruach zu uns spricht#


Von

Herbert Kohlmaier

Aus: Gedanken zu Glaube und Zeit Nr. 239/2017


Unlängst erhielt ich zwei Mitteilungen, die mir sehr zu denken gegeben haben. Die eine stammt von Renate Bachinger, sie leistet spirituell hochbegabt in der Kirche ihre Dienste, die von den Menschen sehr angenommen und gewünscht werden. Sie schreibt an ihre Freunde:

Es gibt sie, diese Momente, in denen man zutiefst berührt ist und ich möchte euch heute teilhaben lassen an einem Erlebnis, das ich vor drei Woche hatte… bei dem Begräbnis für eine Frau, der ich jahrelang die Krankenkommunion gebracht habe. Die Frau hat drei Enkeltöchter im Alter zw. 6 und 12 Jahren und sie haben ihre Oma heiß geliebt, dementsprechend traurig und verzagt waren sie, als ich mit der Familie das Begräbnis vorbereitete.

Und dann haben die drei mir berichtet, dass beim Läuten der Sterbeglocke im Sonntagsgottesdienst ein bunter Schmetterling beim Altar seine Runden gezogen hat und sie haben gedacht: das ist ein Symbol für unsre Oma, die wie ein Schmetterling aus dem Kokon nun in ein neues Leben gleitet. Wir haben dann ausgiebig über das Auferstehungssymbol Schmetterling gesprochen und es hat ihnen irgendwie etwas Trost gespendet.

Dann kam das Begräbnis ... und während des Vater Unser- Gebetes war er plötzlich wieder da, der Schmetterling, ein Tagpfauenauge und setzte sich mit offenen Flügeln auf meinen Zeigefinger. Nach dem Gebet zeigte ich ihn den drei Mädchen und ein Strahlen kam in ihre traurigen Augen. Damit war es aber noch nicht vorbei…der Schmetterling setzte sich dann vorne auf mein liturgisches Kleid, mit geöffneten Flügeln wie ein Anstecker, und blieb sitzen, beim Segen, beim Schlusslied und beim Auszug aus der Kirche und jeder, der das sah, war berührt.

Trotz starken Windes blieb er sitzen auf dem ziemlich langen Weg bis zum Friedhof und dort, am Sarg versammelt, wich ich ab von meinem Texten und ließ alle teilhaben an dieser berührenden Situation. Ich nahm den Schmetterling dann vorsichtig von meinem Kleid, setzte ihn in die Hand der jüngsten Enkeltochter und als diese dann sagte: Mama, schau, jetzt trag i de Oma…dann hatten alle ein glückseliges Lächeln auf dem Gesicht, trotz des traurigen Moments am Sarg der Oma. Jede der drei Mädchen durfte sie dann noch nehmen, die Oma…und kurz bevor wir zu Grab zogen, entschwand der bunte Auferstehungsbote in den blauen Himmel.

Ich bekomme heute noch Gänsehaut, wenn ich diese Geschichte erzähle und wir alle, die dabei waren haben gespürt: Da berührten sich Himmel und Erde!

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Die andere Mitteilung kam von Josef Rupert Steinbacher, einem langjährigen aufrechten Mitstreiter aus Tirol, der sich in Sachen Kirche kein Blatt vor den Mund nimmt. Er schreibt:

... Mehr und mehr bin ich davon überzeugt, daß das (Anm.: der Gedankenaustausch im Rahmen der kirchlichen Reformbewegung) ein Weg von vielen ist, die Frohbotschaft Christi – die Gottesliebe und die Nächstenliebe – an den Mann/die Frau zu bringen. Dabei sind alle dazu mit offenem Herzen eingeladen. Es ist auch keinerlei Beauftragung oder amtliche Weihe erforderlich. Wir sind getaufte Christen und sollen das Wort Gottes nach gegebenem Können und mit Freude an unsere Mitmenschen weitergeben. Ohne Druck, aber dafür mit Anstand, Feingefühl und unaufdringlicher Liebe... Das sakramentale Priestertum wird dadurch nicht abgewertet, vielmehr wird es auf Augenhöhe mit allen Getauften gesetzt und es ist nicht ausschließlich der Träger der Frohbotschaft Christi, denn alle Christen sind das Gottes-Volk.

Vor einigen Jahren erhielt ich, als Antwort auf einen Brief meinerseits, von einem sehr jungen Pfarrer in einem mehrseitigen Antwort-Brief ziemlich eindeutig “die Leviten gelesen“. Die Gesinnung daraus: “ICH ‘studierter’ PRIESTER OBEN – du unwissender Sünder unten”, hat mich deshalb einigermaßen überrascht, weil der Mann ein NEUPRIESTER – er hätte mein Sohn sein können – ... war. Damit war mir aber auch klar, daß Priesterseminaristen noch immer weit vom Gottes-Volk entfernt in die “Seelsorge” entlassen werden. Von dieser Seite ist Aufbruch und Kirchenerneuerung derzeit wenig zu erwarten. Formalismen und Hierarchien stehen noch fest.

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Soweit diese beiden Zuschriften. – Ich habe im Laufe meines nun schon lange währenden Lebens viel über den Glauben und Gott nachgedacht, so wie alle selbständig denkenden Menschen als ein stets Suchender. Dabei kam ich doch zu einer Gewissheit. Man könnte sie ebenso vereinfacht wie doch etwas kühn so nennen: Gott spricht zu uns. Nicht einfach mit Worten, so wie es in der Bibel darzustellen versucht wird, mit direkter Rede, oder auch durch Engel sowie im Traum. Es ist vielmehr so, dass wir dann, wenn unser Sinn offen ist, aus Ereignissen, die auf uns zukommen und aus deren Zusammenhang so etwas wie eine Mitteilung oder Nachricht „von oben“ zu empfangen imstande sind.

Das kann auch derart geschehen, dass normale Menschen, die uns etwas sagen, ohne dass ihnen das bewusst oder ihre Absicht ist, als Engel auftreten. Das Wort kommt ja vom griechischen ágellos, was Bote bedeutet. „Zeichen geschehen“ also, auch in unserer Zeit![1] Natürlich muss man das alles mit gebotener kritischer Vernunft sehen, um Einbildung und Selbsttäuschung auszuschließen, denn diese Gefahr droht natürlich auch. Aber so wie im Fall der beiden im zeitlichen Zusammenhang an mich ergangenen Mitteilungen ist es einfach naheliegend, sich die Frage zu stellen: Was soll das bedeuten? Zu welcher Erkenntnis soll uns das hinführen?

Zwei verschiedene Menschen, deren Aufgabe Seelsorge ist, werden uns gezeigt. Eine nicht „geweihte“ doch inspirierte Frau einerseits. Und ein zwar mit dem Sakrament ausgestatteter, aber offenbar mehr klerikal orientierter als erleuchteter Mann andererseits. Nun könnte man zum tausendsten Mal die verzweifelte Frage stellen, warum Frauen von der Kirche nicht zum geistlichen Amt zugelassen werden, aber man sollte darüber grundsätzlicher nachdenken.

Betrachtet man die argen Probleme der Kirche, geht es immer darum, dass sie nach der ersten Phase eines hoffnungsvollen und imposanten Aufbruchs ihr und der Menschen Heil in Erklärungen, Definitionen und daraus abgeleiteten Vorschriften gesucht hat. Von der lichten Weite der Frohbotschaft ist sie in die Dunkelheit undurchdringlichen Normengestrüpps geraten. Das Erschütternde ist, dass sie dabei gegen die Absicht Jesu gehandelt hat, aber behauptet, den fortlebenden Christus ganz darzustellen und zu vertreten. Doch der hielt, wie man ganz deutlich erkennen kann, nicht allzu viel von priesterlichem Regelwerk. Doch sehr wohl viel von Frauen.

Aber das ist uns ja allen längst bewusst. Betrachten wir unsere liebe Mutter Kirche als einst mächtige Institution mit leider betrüblichem Ergebnis! Heute noch will sie alles in ihre müden und alten Hände nehmen, aber sie hat dazu immer weniger die Kraft. Statt mit dem Finger ganz auf die Liebe des himmlischen Vaters und seine unendliche Güte zu weisen, erhebt sie ihn nach wie vor mahnend, begleitet von unverständlichen Formeln und Worten. Ausgestattet mit zwei dicken Büchern, in denen alles auf ewig und unerschütterlich genau geregelt ist, nämlich dem Katechismus und das Kirchenrecht. (Ach ja, die Bibel gibt es ja auch noch...)

Aber die Kirche ist nicht nur und vor allem nicht in erster Linie Institution, sondern eine vielfältige und an vielen Orten nach wie vor lebendige Gemeinschaft der Glaubenden. Ja, eine solche benötigt natürlich ihre Ordnung und ihre bestimmten Dienste. Aber viel mehr als das braucht sie Inspiration. Das Wort weist auf den Geist hin, der im Anhauch Gottes wirkt (inspiratio, das Einhauchen, hebräisch ruah, der Atem). Das Wirken dieser Gabe Gottes lässt sich ganz bestimmt nicht in Normen pressen, sondern der Geist Gottes weht, wie bei Johannes zu lesen ist, gleich dem Wind dort, wo er will. „Du weißt nicht woher er kommt und wohin er geht“ und „so ist es mit jedem, der aus dem Geist geboren ist“.

Könnte es nicht so sein, dass dieser Geist Gottes ebenso einen inspirierten Menschen auf den so genannten Stuhl Petri geweht hat, wie einen Schmetterling in eine ländliche Gemeinde? Denn Gott unterscheidet ja nicht zwischen klein und groß, Jesus sagt uns das eindringlich. In seinen Gleichnissen vom Gottesreich spricht er vom Senfkorn, das ganz klein ist aber, wenn es ausgesät wird, zum Baum wächst, in dessen Schatten die Vögel des Himmels nisten können.

„Kirchenreform?“ Vielleicht haben wir alle noch nicht begriffen, dass der Glaube von heute vor einer unausweichlichen und ganz großen Entscheidung steht, und das ganz besonders der Kirchenglaube. Nämlich ob er wieder ganz auf den Geist Gottes hören soll oder auf die Gesetzeslehrer. Und nun gar auf deren Gezänk, mit dem sie im Vatikan auf ihren Wahrheitsbesitz pochen. Es könnte sein, dass sie bald vor unseren Augen weggeweht werden. Das wäre sehr zu hoffen!

[1]vgl. mein Buch „Schwebende Wirklichkeit“, Edition va bene 2001, „Sechste Wanderung“, S. 121 ff.