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AUFERSTEHUNG#

Baden
Helenen Friedhof, Foto:Graupp

Schließen wir uns Herrn Karl von Reinöbl bei seinen Badener Friedhofrundgang an. Als wir von Grab zu Grab und die Namen von den Steinen lasen, oft schon etwas verwittert da stand wieder das alte vergangene Österreich vor uns, als feierte es eine Art von Auferstehung, lasen Familien- und Ortsnamen, die aus allen Provinzen und Volksstämmen des alten Reiches herrührten, ja noch solche aus der Lombardei und Venezien. Den Grundton aber bilden naturgemäß die besonderen Badener Namen.

Dazwischen gestreut sind glanzvolle, geschichtliche Namen der alten Monarchie, Lobkowitz, Taaffe, Dietrichstein, Esterhazy, Lonyay – und andere, bei denen pathetische und lyrische Töne mitschwingen; Münch-Bellinghausen, Eichendorff. Die Hofhaltungen der Erzherzöge haben hier ihre Spuren hinterlassen in den Grabstätten derer, die mit ihnen und von ihnen lebten, der Obersthofmeister, der hohen und höchsten Beamten und Angestellten bis herab zum Kammerdiener und zur Kammerfrau. Die Bürgermeister der Stadt finden wir und ihre freiwilligen und beamteten Mitarbeiter, die alle mitgeholfen haben an der Bewahrung des Überkommenen und an seiner Weiterführung und die Namen der Familien, die wohl in dieser Stadt lebten und leben, die aber in ihrer Wirkung und in ihrer Geltung nicht bloß der Stadt sondern auch dem ganzen Land angehören: die Doblhoff, die Bylandt-Reith, die Glanz-Eicha, die Rosenberg-Orsini. Und über allen diesen erheben sich die Namen der Einzelpersonen, die durch Eigenart und Leistung oder durch den Zufall herausgehoben wurden aus der Masse der Mitmenschen und die so fortleben werden im kürzeren und längeren oder im immerwährenden Gedächtnis der Nachwelt.

Habsburg
Erzherzogin Elisabeth,Foto:Graupp

Kleiner und stiller und darum vornehmer in seiner Wirkung ist wohl der Helenen Friedhof. Eine Erzherzogin Elisabeth von Österreich hat es vorgezogen, statt den ihr gebührenden Platz in der Kapuzinergruft zu beziehen, hier den ewigen Schlaf zu tun. Nicht weit von ihr ruht eine Frau, die, als sie noch lebte zu den bekanntesten Vertreterinnen des Österreichischen Adels und damit Österreichs gehörte, Prinzessin Hanna von Liechtenstein, geborene Klinkosch. Die Kunst hat ihren würdigen Vertreter in dem Burgtheatermitglied Bernhard Baumeister, die Minister in zwei Ministern des Inneren, dem Grafen Arthur Bylandt-Reyth und Dr. Karl Giskra. Ein kurzer Augenblick der Entschlossenheit hat genügt, um Josef Ettenreich, in das Licht der öffentlichen Aufmerksamkeit zu rücken. Als am 18. Februar 1853 Libenyi seinen Mordanschlag auf den Kaiser unternahm, war es Ettenreich der gerade des Weges kam und dem bedrohten Monarchen helfend und rettend beisprang. Mit dem Namen des Erzherzog-Thronfolgers Franz Ferdinand wieder ist der seines Sekretärs verbunden, den wir hier finden: Paul Nikitsch Bouilles von Estenau. Unter den Namen der ersten Vorkämpfer des Fliegens wird der des Freiherrn Odkolek von Augezd genannt, der sein Grab hier gegenüber der Ruine Rauhenstein gefunden hat, von der aus er ehedem seine Fallschirmversuche unternommen hat. Am lautesten aber klingt hier schon das Kriegshandwerk ans Ohr, der Maria Theresien Ritter und Obersthofmeister Erzherzog Albrechts liegt da, Freiherr Piret de Bihain, der Admiral und Marinekommandant Rudolf Graf Montecuccoli degli Erri und der General und Kommandant des 18. Korps im Weltkrieg, Gustav Emil Ritter von Ziegler.

Auf dem Stadtfriedhof tritt dieses militärische Element noch stärker hervor. Zwei Hügel mit schönen alten Grabsteinen und eine zerfallene Gruft mit kaum mehr zu lesender Schrift bergen jede einen Theresienritter; den Generalmajor Franz Freiherrn von Ensch, den Obersten Friedrich Freiherrn von Mylius und den Hauptmann der Feldartillerie Andreas Freiherrn von Zhehovini und auf seinem Grabstein, lesen wir auch die Orte, wo er sich auszeichnete, Montanara und Novarra. Ein Reichskriegsminister liegt da, Alexander Freiherr von Koller und mancher Bewohner unserer Stadt wird es noch wissen, wie der Kaiser selbst damals mit all dem Gepränge einer solchen Zeremonie nach Baden kam, um seinen verdienten General die letzte Ehre zu erweisen. Auch ein anderer von Franz Josephs Getreuen ist da, der wiederum den Kaiser überlebte, Arthur Freiherr von Bolfras, der Oberstinhaber unseres Badener Hausregimentes, des J. R. Nr. 84. Da sind wir auch schon bei den militärischen Namen unserer Zeit, einer der letzten Deutschmeisterkommandanten hat hier sein Grab, der das Regiment auch im Weltkrieg führte, Generalmajor Hugo Fischer vom See, und jenseits im neuen Teil des Friedhofes ist der Ehrenhain, den man jenen pflanzte, die in diesem Krieg ihr Leben hingegeben haben. 700 Männer ruhen hier, Kinder aller Völker, die die Farben Österreichs und seiner Verbündeten trugen, aber auch solche sind darunter, die auf der anderen Seite standen. Und auf einem Grab in dem alten Teil können wir lesen; Anny von Braumüller, Schwester vom roten Kreuz gest. 27. September 1916. Ist auch sie ein Opfer ihrer Pflicht geworden?

Baden
Orsini-Rosenberg,Foto:Graupp

Aber noch einen Soldatenteil gibt es hier, ob er auch nur aus zwei Hügeln besteht: jenen, in dem die Sachsen liegen, die 1866 in Baden gestorben sind. Dem einen, dem sächsischen Reiter Nitschke des Regimentes Kronprinz haben die Kameraden einen Denkstein gesetzt, für die anderen hat der Bürgermeister von Baden, W. Germer es getan.

Auch hier wieder Erinnerung an die erzherzoglichen Hofhaltungen und auch ein Verwandter des Hofes selbst liegt da, Prinz Friedrich Wilhelm von Nassau, ein Bruder Henriettens von Nassau und also Schwager von Erzherzog Karls, des Siegers von Aspern. Der Unterrichtsminister Gustav Marchet vertritt hier wieder die große innere Politik und als Vertreter der großen äußeren Politik konnte man bis vor kurzer Zeit noch den Staatsminister und ersten Präsidenten des Bundestages des Jahres 1822 Johann Rudolf Graf von Boul-Schauenstein finden. Man ließ das schöne alte Grab verfallen und nun hat man es achtlos weggeräumt. Mit dem Namen Hermann Rollett und Anton Baron Klesheim, dem Dichter des Mailüfterls, meldet sich die Dichtkunst, mit Wenzel Müller, die Musik unter den Namen einer Pauline von Wallnhofen erkennen wir die große Sängerin Pauline Lucca. Viele Namen vermissen wir, von deren Trägern wir wissen, dass sie Kinder Badens gewesen sind oder hier ihre Wahlheimat gefunden haben; man hat sie anderswo zur Ruhe gebettet. Zwei aber lagen wohl für kurze Zeit in Badener Erde, dann aber hat man ihnen in Wien ein Ehrengrab errichtet: Karl Millöcker, und Karl Komzak

Reich ist die Ausbeute an Namen und Persönlichkeiten aller Art, die uns ein Gang durch die Badener Friedhöfe bringt; aber man kaum das gleiche sagen wenn man die künstlerische Seite betrachtet. So ferne die Grabsteine oder Grüfte der guten alten Zeit angehören, so wie etwa jener Wenzel Müllers oder der Familie Bähr am Eingang in den städtischen Friedhof, dürfen wir wohl zufrieden sein. Was später gesetzt wurde, spiegelt die verflachende unkünstlerische Zeit wieder, die danach kam. Richtige Denkmäler sind auf den Badener Friedhöfen, bei der althergebrachten Wohlhabenheit der Stadt eigentlich eine Merkwürdigkeit, überhaupt nur wenig zu finden. Dem Helenen Friedhof allerdings wurde eine Bereicherung zuteil. Im oberen Teil wurde eben in diesen Tagen ein von der Wiener Kunstschlosserei Schöffmann aus getriebenen Kupfer gearbeiteter gekreuzigter Christus aufgestellt.

Die Gruft der jugendlichen Paula Gräfin Esterhazy, bei der nur zu bedauern ist, dass der unbegreifliche Zustand des Verfalles ihr Ende schon absehen lässt.

Wer so langsam und bedacht die Kieswege entlang ging und es sich nicht verdrießen ließ, da und dort stehen zu bleiben, einen Strauch oder Zweig zur Seite zu biegen, um eine kaum leserliche Inschrift zu entziffern, konnte noch manches finden; denn was hier gesagt wurde, soll nicht erschöpfen, sondern nur hinweisen und aufmerksam machen.

QUELLE:Badener Zeitung der ÖNB, Bildmaterial: I.Ch. Graupp

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