AUGUST KROGH#
1924: Nobelpreis für Physiologie und Medizin ausgezeichnet. Bis dahin kannte außer dem wissenschaftlichen intimen Kreis niemand in Dänemark seinen Namen. Der bescheidene Forscher und Erforscher des Haarröhrennetzes war über Nacht zu einer bekannten Persönlichkeit geworden. Es folgten Einladungen zu Vorträgen, selbst aus Amerika wollte man ihm Gelegenheit geben, den Regulationsmechanismus des Haarröhrennetzes darzulegen und seine lebenden Bilder vorzuführen.
Dänemarks Nobelpreis-Träger kam als Gefeierter zurück mit einem Geschenk für die Zuckerkranken sein Insulin, das nun in großen Mengen hergestellt den ganzen Norden versorgte. Später auch alle anderen Leidenden davon profitieren sollten.
Nun feierte der Wohltäter der Menschheit seinen 50. Geburtstag. Ein Mitarbeiter der Zeitung „Politiken“ besuchte den Forscher in seiner einfachen aber behaglich eingerichteten Wohnung die er oberhalb des Tierphysiologischen Laboratorium inne hatte. Er wurde gefragt warum er nicht Arzt geworden ist, da doch seine wissenschaftlichen Arbeiten an die ärztlichen Wissenschaft grenzt. Zuerst hatte ihn eben die Naturgeschichte interessiert. Sein Lehrer Prof. William Sörensen riet ihm die beiden Fächer Anatomie und Physiologie gleichfalls aufzunehmen. Schon bei der ersten physiologischen Vorlesung von Prof. Bohr, erkannte er, dass er in diesem Fach weiter arbeiten wollte. Er machte sein Examen 1899 mit dem Hauptfach Physiologie und nach zwei Tagen war er als Assistent bei Prof. Bohr tätig. Der Journalist wollte nun wissen ob allen Zuckerkranken mit Insulin geholfen werden konnte. Man konnte, und außerdem war es billiger, obwohl die Insulinfabrik lastenfrei ist. Der Überschuss aus dem Verkauf innerhalb Skandinaviens, infolge der Statuten, den Preis zu senken. Ein weiterer Überschuss sollte armen Zuckerkranken zukommen. Wie bekannt kann Insulin die Zuckerkrankheit nicht heilen sondern den Zustand des Kranken nur bessern und die Diät erleichtern. Die Kranken können weiter einer Arbeit nachgehen und ihr Dasein normalisieren. Insulin kostet einem Kranken in Dänemark zirka 10 dänische Kronen wöchentlich. Das Insulin wurde an Tieren erprobt. Gut, dass die Männer der Wissenschaft nicht auf die Agitation der Antivivisektionisten gehört haben, da würde man den meisten menschlichen Krankheiten hilflos ausgeliefert sein. Außerdem werden die Tiere vor den Versuchen, betäubt, man kann das Leiden der Tiere mit den der Menschen nicht vergleichen, denn es fehlt ihnen das feine Nervensystem und die Gabe, ihre Aufmerksamkeit auf ihr Leiden zu konzentrieren. Kommt ein Tier durch einen Unfall zu Schaden, wird es sich erheben und sich in Bewegung setzen, der Mensch aber bleibt liegen und jammert.
Der ausgezeichnete Erfinder musste einmal einer schweren Darmoperation beiwohnen, wo das Pferd nicht betäubt werden konnte, sondern von einem Assistenten mit Hafer verwöhnt wurde.
Prof. Krogh war bereits in freudiger Erwartung, sein Laboratorium in dem von Rockefeller-Fonds geschaffenen neuen physiologischen Institut zu beziehen und hoffte, dass man im Frühjahr zu bauen beginnen könne, der Grund liegt ganz ausgezeichnet isoliert, war es doch schwierig, die mikroskopischen Filme herzustellen, da die Apparate äußerst empfindlich waren, da jede kleinste Erschütterung alles verdarb. Neuerlich erwähnte er das neue Laboratorium und versicherte der zahlreichen Problemen des Haarröhrennetzes weiter zu widmen. Verschiedene Kliniken begannen auf der Grundlage Kroghs fortzusetzen um endlich ein Mittel zu finden, um den sogenannten Operationsschock entgegenzuwirken, der oft bei den geglückten und von Operationen ohne Komplikationen ausgeführt mit dem Tod endet. Krogh findet, dass der Schock in der Ursache des Versagen des Regulationsmechanismus des Haarröhrennetzes zu suchen ist und kann seine Freude über das neue Laboratorium nicht verhehlen.
Der Journalist konnte zufrieden sein, so viele Details des Nobelpreisträger Kroghs Forschung erfahren zu haben.
QUELLE: Der Tag, 30. November 1924, Österreichische Nationalbibliothek, ANNO
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