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DER JOCKEY CLUB#

Wien
Kaisersaal,Sport und Salon gemeinfrei

1924: In der Vergangenheit übte der Jockey Club eine Macht aus; denn die Adelsfamilien der Monarchie, die ihm als Mitglieder angehörten, waren die Beherrscher des Landes. Leider besaßen sie weder die politische Klugheit noch den Weitblick die ihrer Kollegen in England, so bestünde noch heute das alte Reich. Diese Fähigkeiten, die Englands Adel auszeichnen, sind ein erworbenes Gut, dagegen ist die österreichische Aristokratie ihrem Ursprung nach, durch die Habsburger erst in den Adelsstand erhoben worden und somit vom Hof abhängig und nur darauf bedacht, die eigenen Vorteile mit den Gesetzen des Hofes in Einklang zu bringen.

In Österreich war man dem Adel niemals feindlich gesonnen, besonders nicht in Wien. Im Gegenteil die Wiener sahen in den Aristokraten, ein Vorbild vornehmer Lebensweise, im Jockey Club, der im Philipp Hof residierte, den Förderer und Erhalter edler Pferde, die im Wettkampf des Rennsports sich auszuzeichnen verstanden. Daran änderte sich auch nach dem Umsturz nichts. Der Sport und die Liebe zu den Pferden blieb erhalten.

Selbst einem Wiener Arbeiter der der sozialistischen Partei angehörte, fühlte sich dem Wiener Adel menschlich näher als seinem Chef, dem der Profit wichtiger war als der Arbeiter.

Der Öffentlichkeit blieb bisher der Jockey Club verborgen, der Aufenthalts- und Treffpunkt des Adels war. Erst durch die Affäre Sternberg-Herberstein die vor dem Hotel Sacher sich abspielte, wo Herberstein von Sternberg angegriffen und Ohrfeigen erhalten hatte, wurde man auf den Philipps Hof aufmerksam, der zuletzt im Besitz Kaiser Franz Josephs, von dem Besitzer Haas und Söhne, käuflich erworben.

Der prächtige Bau hinter der Oper in der Augustinerstraße, von Architekt Karl König errichtet, blieb nicht von Kritik verschont, denn so mancher meinte, dass der Prunkbau nicht in das Wiener Stadtbild passe.

Das Ergebnis der Zucht der edlen Pferde konnten die Wiener dann in der Freudenau bewundern.

Die Aufnahme in den Jockey Club erfolgte mittels Ballotage, und zwar, es wird in einer Art anonym abgestimmt, dass die Wahlberechtigten,, weiße oder schwarze Kugeln abgeben. Allerdings der Adelsbrief spielt dabei keine Rolle für die Aufnahme in den Club und schützt auch nicht vor der Hinaus Ballotierung: Wie im Fall Sternberg oder die Affäre jenes Mitgliedes einer Familie des Hochadels, eines ehemaligen k. u. k. Marineoffiziers, dem die Aufnahme in den Club verweigert wurde.

Unter den Wiener Clubs verfügte der Jockey Club über die schönsten und nobelsten Räumlichkeiten, kein Wunder in einem derartigen außergewöhnlichen Zweifrontenbau, wo sie Inhaber zweier Stockwerke waren. Im ersten Stock befand sich eine große Halle, deren Wände mit den Bildern der jeweiligen Derbysieger geschmückt, nebenan schlossen die wenig benützten Schreib- und Leseräume an. Das große Speisezimmer für die Clubmitglieder, ein kleinerer Raum stand den Gästen zur Verfügung. Für die Bewirtung der auserlesenen Spezialitäten sorgte bis zu dessenungen waren bereits in Sorge ob die Speisen weiterhin so erlesen waren wie bisher. Man fand Chefs der hohen Kochkunst, die die Mitglieder des Jockey Clubs und deren Gäste mit Delikatessen weiterhin verwöhnten.

In den Jahren nach dem Krieg ließ die Esskultur nach, ein Dejeuner zwischen 12 und 3, das Diner, meist zu vier Gängen, zwischen 7 und 9 Uhr. Das Menü kostete bei der herrschenden Geldentwertung 35.000 Kronen. Ende des Jahres 1924 wurde in Österreich, das Schilling Rechnungsgesetz und ab 1925 galt der Schilling in Österreich als neue Währung.

Das sogenannte „Aquarium“ war der Versammlungsraum des Clubs. Dieser Riesensaal verfügte über zwölf Fenster, wo sich die führenden Männer des Clubs am Nachmittag und am Abend zusammen trafen, um ihre Tages Neuigkeiten auszutauschen.

Wer waren jene die man im Jockey Club antreffen konnte. Neuerdings war fast täglich der Adjutant des Erzherzog Friedrich Feldmarschallleutnant. a. D. Herberstein, den Prinzen Leopold Croy, Herrn Czernin, den Prinzen Hohenlohe, den in Washington einstigen Botschafter Konstantin Dumba, den ehemaligen General van der Straaten und noch andere bedeutende Persönlichkeiten die in der Politik oder beim Militär einst eine Rolle spielten.

Auch die Nacht verbrachte man mit Vorliebe im Jockey Club und zwar in den schönen großartigen Spielsälen. Nur das Ecarté Spiel war erlaubt. Doch daran wollte sich niemand halten. So mancher der Spieler hatte wenig Glück und verspielte sein Vermögen oder die seiner Verwandten. So war eine Mutter eines Prinzen gezwungen die Villa in Hietzing zu verkaufen. Es kam auch vor, dass ein Angestellter einem jungen unerfahrenen Spieler mit Geld aushelfen musste.

Der Club Präsident zu dieser Zeit war der ehemalige k. u. k. Botschafter in Madrid Fürst Karl Emil Fürstenberg, dessen Konflikt mit Herrn Urban jun. kürzlich Anlass zur Demission des Renndirektoriums gegeben: Stellvertreter des Präsidenten Graf Albert Mensdorff-Pouilly, der früher Gesandter in London und nun Österreichs Vertreter beim Völkerbund.

Den Erzherzögen war es weder gestattet Mitglieder noch Gäste des Jockey Clubs zu sein. Kaiser Franz Joseph, der in seinen Lebensanschauungen äußerst korrekt und in seinen Gewohnheiten fast kleinbürgerlich-pedantisch war, hatte für Spiele dieser Art nichts übrig.

Der Jockey Club und die Freudenau sind ein Wiener Begriff

QUELLE: Die Stunde, 25. Juni 1924, Österreichische Nationalbibliothek, ANNO

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