DIE KATZEN#

Katzen erfreuen sich in ganz Österreich größter Beliebtheit. Mit einem Wort, Österreich ist ein Katzenland. In Wien ist der Stubentiger am höchsten vertreten an die zwei Millionen. Kein Wunder niemand kann sich ihrem Zauber entziehen.
Im Jahr 1900 fand in Wien die erste Katzenausstellung statt. Damit setzte auch eine Diskussion über die beliebten Hausgenossen ein. Im allgemeinen kennt man bei uns in Österreich die Katze und ihre Charakter-Beschaffenheit nicht genügend, weil man sich mit ihr nicht so sehr beschäftigt, wie dies in anderen Ländern der Fall ist.
Durch ihre Anspruchslosigkeit und Anhänglichkeit macht sie sich zu den beliebtesten und liebenswürdigsten Hausgenossen. Wer von Falschheit und Heimtücke der Katzen spricht, beruht meist nur auf Verleumdung. Sie schmeichelt keineswegs jedermann, wie man ihnen nachsagt, sie verschenken ihre Zuneigung nur an Personen, die ihnen gewogen sind.
In London sind Institute zur Pflege und Erziehung der Katzen etabliert, ja sogar ein Katzenfriedhof existiert, deren Namen auf Tafeln genannt, aber Inschriften darauf verboten sind. Aus diesem Verbot ist zu ersehen wie weit der Kult dieser Haustiergattung in England von den vornehmsten Ladys betrieben wird. In den holländischen Haushalten nimmt der oder die „Puß“ einen höheren Rang als der Hund ein, der dient meist nur als Wächter. In den amerikanischen Unionstaaten werden die Katzen aller Rassen gezüchtet und von den Damen in Ridiculs und kleinen Körbchen auf die Straße und in die Gesellschaft mitgenommen. Die schönen Barrissons haben die „Little cat“, wenn auch nur im Varieté, bühnenfähig gemacht.
Die Katze taucht erst als zahmes Geschöpf auf, als bereits ein gewisser Luxus den Menschen umgibt. Sie sind in Klöstern gelitten und die Edeldamen des 16. Jahrhunderts gestatten den schmiegsamen, schnurrenden und schmeichelnden Kätzchen schon einen Platz auf dem Tabouret. Der Liebling besitzt einen Egoismus, den sie aber graziös stets amüsant zum Ausdruck bringt. Der Kater ist auf sein eigenes Wohlleben in erster Linie bedacht. Die Katze ist nicht aufopferungsfähig wie der Hund. Leute die keinen Blick für das Verhalten der Katze haben, behaupten, sie sei nicht anhänglich und intelligent. Viele Beispiele beweisen das Gegenteil, sie ist auch treu. Die Intelligenz wird bei der Katze angezweifelt, da sie sich zu keinen Kunststücken abrichten lässt, wie andere gelehrige Tiere. Die Ursache, die Katze liebt die Selbständigkeit, die sich weder durch Prügel, noch durch Hunger beugen lässt. So kommt sie Befehlen nur ungern nach. Wird die Samtpfote nach ihrem Namen gerufen, reagiert sie nicht wie der Hund, sondern erscheint wenn es ihr gefällig ist.
Trotz allem die Hauskatze hat ihre Freunde gefunden und es ist bezeichnend für den beruhigenden Einfluss, denn die behagliche Ruhe des Tieres auf geistig arbeitende und nervöse Menschen ausübt. Schon um das Jahr 600 tritt der Name „Katta“ auf.
Hervorragende Persönlichkeiten wie Kaiser Karl V., besaß seine Lieblingskatze und vermehrte deren Anzahl als er der Krone des Deutschen Reiches entsagte und sich in das Kloster St. Just in Spanien zurück zog. Eine andere Berühmtheit war die „Rote Eminenz“, Kardinal Richelieu, der eine schwarze Katze die auf den Namen „Sarroque“ hörte und im Palais des gefürchteten französischen Minister, ein Ansehen genoss, und von ihm mit gebratenen Geflügel verwöhnt wurde. Wehe der schwarze Liebling war einmal nicht zu finden, erzitterte die Dienerschaft. Er schlief auf einem Atlaskissen im Bett des Ministers zu dessen Füßen.
Die langhaarige Katze des blinden englischen Dichters Milton, findet mehrfach Erwähnung in biographischen Werken und wird als treue Seele beschrieben. Er liebte sie zu streicheln und ihr Schnurren erfüllte ihn gleichfalls mit Behaglichkeit. Auch der Poet Francois Coppée der diesen Schmeichlerinnen nicht widerstehen konnte. Sarah Bernhardt Salons war von diesen reizenden Geschöpfen bevölkert.
Für die Ägypter war die Katze etwas Göttliches. Die Religion und Weisheit der alten Ägypter stammt aus Indien, die kein Tier töten.
In den Königsgräbern der Pyramiden liegen neben den Beherrschern des Landes die Katzen einbalsamiert. Ist der Löwe der König der Tiere, so ist die Katze vom höchsten, ältesten Tieradel. Sie ist zugleich aber ein freies, demokratisches Geschöpf, dass Zwang, Unterwürfigkeit, Gesetze, Systeme verabscheut.
Sie führt sich im kaiserlichen Palast, wie in einer armseligen Hütte mit dem gleichen Anstand, derselben Grazie und Reinlichkeit auf. Rangstufen sind ihnen unbekannt.
Für Kaiserin Charlotte von Mexiko die ihr Leben nach der Hinrichtung des Kaisers im Dämmerzustand verfiel blieb zuletzt eine treue Katze ihre einzige Freundin. Hunde gelten bei vielen Völkern als unrein, doch im Petersdom besuchen Katzen die Sakristei um ihren befreundeten Geistlichen zu sehen.
Im Kristallpalast in London war 1871 kürzlich eine Katzenausstellung bei dieser zu bemerken war, dass es keineswegs alte Jungfern sind, die ein unerklärliches Etwas zu den Katzen hinzieht. Von den ausgestellten Katzen gehörte die Hälfte Männern an, ein viertel verheirateten Frauen und nur ein viertel ledigen Frauen.
Die Katze, durch ihren Liebreiz, Reinlichkeit wurde dadurch von den Menschen akzeptiert, abgesehen von ihren geistigen und gemütlichen Eigenschaften die sich erst mit der Zeit offenbaren. Manche Menschen halten die Katzen für falsch und boshaft um einen Grund zu finden sie nicht zu lieben.
Warum die schwarze Katze eine so große Rolle bei den Hexenprozessen des Mittelalters spielte, bleibt für immer im dunkel.
Lessing war ebenfalls ein Liebhaber dieser Tiere und hatte bei sich auf dem Schreibtisch dieses wunderbare Wesen. Einmal verdarb ihm dieser ein Manuskript, der Dichter blieb die Ruhe selbst und wiederholte diese Arbeit nochmals. Jakob Grimm klagte einer Freundin in einem Brief, dass die Mäuseplage unerträglich war, sogar seine Bücher, die er erst besprechen sollte, fressen. Er bat um eine Katze, die es bei ihm gut haben werde.
Der schwäbische Dichter Möricke, wie auch E. T. A. Hoffmann, wandten dem Katzengeschlecht ihre Zuneigung zu. Ein stattlicher Kater wegen seiner weißen Farbe, Weißling genannt, saß vor dem schlafenden Maler Moritz von Schwind, dessen Bauchumfang den Kater anzog und fand, dass dies der richtige Platz für ihn sei. Mit einem Satz schwang er sich auf die Höhe, weckte den Schläfer und dieser kannte kein Erbarmen. Charlotte Wolter hatte gleichfalls einen weißen Kater namens Peter, mit dem sie auf einen gemalten Bild zu sehen war. Heinrich Heine hatte teils humorvolle, teils spöttische Katzenlieder gedichtet. Goethe hat Mohameds Katze in seinem „Westöstlichen Diwan“ besungen. Der Finanzminister Colbert liebte es, bei der Arbeit von Katzen umgeben zu sein. Chateaubriand war begeisterter Verehrer der Katzen, sie waren anhängliche Freunde die er überall mitnahm. Victor Hugo war den Katzen sehr zugetan und äußerte: „Gott hat die Katze erschaffen, damit der Mensch das Vergnügen hat, einen Tiger zu streicheln“. Historiker Taine, eher ein nüchterner Mensch, begeisterte sich für seine drei Katzen, dass er ihnen Sonetten widmete. Petrarca wandte nach dem Verlust seiner Laura seine Liebe einer Katze zu, deren Skelett im Museum zu Padua aufbewahrt wird. Adolph Adam, der Komponist, pflegte einige Katzen um sich zu haben.
In Reichenberg führte man 1931 wegen der herrschenden Katzenplage eine Katzensteuer ein. Auch bei uns (Österreich) wäre es notwendig eine Katzensteuer einzuführen, denn auch bei uns gibt es eine Katzenplage. Zahllose Katzen gehen ihrem Jagdvergnügen in Feld und Garten nach und plündern die Vogelnester. Es ist nutzlos den Vögel Futter zu streuen und ein Vogelschutz, wenn ganze Bruten den jagenden Katzen zum Opfer fallen. Es ist bei aller Tierliebe zu überlegen was uns wertvoller ist, eine Horde jagender Katzen, oder die Erhaltung des für die Insektenvertilgung so besonders nützlichen Singvogelbestandes.
Es ist traurig genug, dass man sich Tiere anschafft, die man zur Urlaubszeit wieder los werden möchte, dass alljährlich eine große Anzahl von Katzen an den unmöglichsten Plätzen oder Objekten ausgesetzt, dass diese herrenlosen Tiere dann halbverhungert und räudig aufgegriffen und dem Tierschutzverein übergeben, die sie dann töten. Es ist auch ratsam Jungtiere nach ihrer Geburt sofort zu töten. Jeden Katzenfreund wird es mit Schmerz erfüllen, wenn er erfährt, dass mehr als vier fünftel aller gebrachten Katzen vertilgt werden müssen wenn sie keinen Abnehmer finden.
QUELLEN: Illustriertes Wiener Extrablatt, 25, Mai 1900, Die Frauenwelt, 31. Dezember 1871, Montags-Revue aus Böhmen, 15. August 1898, Laibacher Tagblatt, 2. Mai 1871, Neue Klosterneuburger Zeitung, 29. Juli 1931, Freiheit, 7. März 1929, Österreichische Nationalbibliothek, ANNO
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