GRÜNDUNGSFEIER#
Die Akademie am Schillerplatz in Wien beging am 26. Oktober 1892, einen Festtag, denn vor 200 Jahren wurde der Grundstein zu einer Ausbildungsschule in den freien Künsten gelegt.
Diese hatte durchaus nicht immer erfreuliche Zeiten erlebt, die Akademie, ehe sie sich zu ihrer Bedeutung und Ansehen entwickelte.
Es war der Maler Peter Strudel, der im Herbst des Jahres 1692 die erste Kunstschule bei sich im Heim installierte, nicht ohne Protektion des Hofes, doch Vorteile, die er sich erhoffte, brachte sie ihm nicht ein.
Als Strudel 1714 starb, nahte auch für die Kunstschule gleichfalls das Ende.
Doch ein anderer Maler, Jacob van Schuppen nahm sich im Jahr 1726 der Sache an und wollte die Kunstschule neuerlich auferstehen lassen. Mit Feuereifer begann er in dieser Sache tätig zu werden um seine Pläne zu verwirklichen, nur das neue Kunstinstitut blieb ohne festen Standplatz. Es musste ständig wechseln und irgendwo untergebracht werden.
Dem Direktor Martin von Meytens gelang es endlich einen ansehnlichen und gebührenden Rahmen für die Kunstschule ausfindig zu machen: die Akademie der Wissenschaften, die ein Vierteljahrhundert die Kunststätte beherbergte.
Maria Theresia ernannte Fürst Kaunitz zum Protektor des Institutes und 1773 Sonnenfels Sekretär desselben.
Die Kunstschule wurde mit der Schmutzer Kupferstecherschule fusioniert und erhielt ab nun den Titel: „K.k. Akademie der Vereinigten Bildenden Künste“.
Einige Jahre später, 1783 wurde Füger Vizedirektor und 1786 übersiedelte die Akademie in den ehemaligen Jesuitenbau zu St. Anna. Dort verblieb das Institut so lange, bis ein eigener Prachtbau, von Theophil Hansen geschaffen, 1877 es ermöglichte, feierlichen Einzug zu halten.
Die Leistungen der Akademie sind im Laufe der Jahrzehnte sehr ungleich gewesen, allzu oft machte sich ein dünkelhafter, aber unfruchtbarer Professoren-Pedantismus darin breit, der es veranlasste, dass originale Künstler, wie: Rahl, Zimmermann, eigene Malschulen in Wien gründeten. Der derzeitige Rektor ist Baron Hasenauer.
Der Feier wohnte der Kaiser mit dem Hofstaate und sonstigen Persönlichkeiten der Kunst und Wissenschaften bei. Dieselbe fand in der Aula statt, deren prächtige Decke mit Gemälden von Feuerbach, Griepenkerl und Tentschert geschmückt ist.
Der Rektor hielt eine Ansprache an den Monarchen, worauf die Hülle von der an der Stirnseite des Saales angebrachten Gedenktafel fiel. Dieselbe ist aus Marmor und zeigt die Medaillenporträts unseres Kaisers wie des Kaisers Leopold I. Links davon sind die Worte zu lesen: „Kaiser Leopold I., dem Gründer der Akademie“ und rechts: „Kaiser Franz Josef I., dem Erbauer dieses Hauses“. Aus Anlass der Feier eurde von Tautenhayn entworfene und von Waschmann in Silber ausgeführte Medaille geprägt. Die Treppenrampen des Gebäudes, bisher leer, haben nun endlich auch ihren plastischen Schmuck in zwei prächtigen Bronze-Zentauren gefunden, auf deren Rücken Amoretten sitzen. Eduard von Hofmann ist der Schöpfer derselben.
QUELLE: Deutsche Musik Zeitung, 1892 Nr. 31, Österreichische Nationalbibliothek, ANNO
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