HERMINE MUNSCH#
„Die Stunde hat geschlagen, das Glockensignal erklingt, der Zug geht ab.“ Diese Worte auf einem Zettel geschrieben, fand Karoline Ruhm eine Freundin der Malerin Hermine Munsch und gleichfalls dieser Kunst zugetan, vor, als diese zu ihr in die komfortable drei Zimmer Wohnung Neuer Markt Nr. 8 kam, um sie wie immer zum Mittagessen abzuholen. Sie fand die Wohnungsinhaberin, eine bekannte Künstlerin, im Schlafzimmer in einem Lehnstuhl sitzend vor. Die rechte Schläfe wies eine Schusswunde, auf dem Boden lag ein Revolver, mit dem sich die 37jährige Künstlerin erschossen hatte.. Zu ihren Füssen wachte ihr Pudel, der niemand in die Nähe der Leblosen ließ.
Die Tote, am 2. September 1867 in Wien geboren, war stets sehr lebensfroh und heiter gestimmt, um so mehr gab ihr plötzlicher Selbstmord Rätsel auf. Ein Brief war an ihren Vetter, einem Mariahilfer Kaufmann adressiert, mit der Bitte ihre letztwilligen Verfügungen auszuführen. Ein Testament war ebenfalls vorzufinden, das die Bestimmungen über ihren Nachlass enthielt.. Auf einen weiteren Zettel gibt sie an, dass sie lebensmüde sei und deshalb dieses Ende wähle.
Der Selbstmord der Wiener Malerin rief in den Kreisen der Künstler und Kunstfreunde große Teilnahme hervor. Durch ihren Vater Leopold Munsch, der ein bekannter Landschaftsmaler war, und der seine Tochter in die Kunst der Malerei einführte, war sie alsbald in der Kunstwelt ein Begriff. Ihre Mutter war bereits vor dem Vater gestorben. Die Eltern hinterließen ihr 25.000 Kronen, ein Kapital das sich durch Zinsen vermehrte.
Für ihre Freunde und Bekannten war die Tat unbegreiflich, war sie doch ein fröhlicher, heiterer Mensch ohne Trübsinn und Schwermut gewesen umso mehr überraschte sie daher der verzweifelte Ausweg ihrem Leben ein Ende zu setzen. Selbst ihre Verwandten und Freundinnen, besonders jene die zuletzt mit ihr verkehrten konnten nichts an ihr wahrnehmen, und trotzdem entsprang der Selbstmordgedanke nicht plötzlich, denn alles war wohlüberlegt vorbereitet worden. Die Künstlerin lebte in günstigen materiellen Verhältnissen, die einen bescheidenen Luxus in ihrer Lebensweise gestatteten. Sie war mit ihrer Kunst derart verbunden, dass sie jeden Heiratsantrag zurückgewiesen hatte. Die Stipendien erlaubten es ihr, in fremde Länder zu reisen. In München ging sie zu bedeutenden Maler in die Schule. Von dort kam sie nach einer enttäuschten Liebe zurück und hatte die Verlobung selbst gelöst. Zuletzt allerdings, entsagte sie mehr und mehr ihrer Kunst und bildete junge Talente in ihrer bekannten Wiener Malschule aus. In einem Brief aus dem Jahr 1903 geht hervor, dass sie nach Brünn eingeladen war, doch sie konnte die Einladung nicht wahrnehmen, da sie künstlerisch nichts Neues zu bieten hatte. In den Ausstellungen waren immer wieder Bilder von Hermine Munsch zu finden. Besonders im Salon Pisko am Parkring 2, aber auch im Künstlerhaus hatte sie sich wiederholt an den Ausstellungen beteiligt. Durch ihre Kunst verfügte sie über ein gutes Einkommen und hätte nicht so bescheiden leben müssen.
Die Künstlerin führte ansonsten ein stilles zurückgezogenes Leben, und war nur selten in großer Gesellschaft zu finden.
Auch in den letzten Tagen hatte sich in ihrem Benehmen nichts geändert, So besuchte sie einen Tag vorher ihren Verwandten den Hofkoch Rudolf Munsch., dessen Wohnung sich in der Stiftgasse 27 befand.. Ab da wurde sie von niemanden mehr lebend gesehen. Rudolf Munsch konnte ebenfalls nichts Auffälliges an ihr bemerken.
Ihr Wunsch war, dass in einer Zeitungsankündigung ihr Ableben den Bekannten mitgeteilt werden soll und zwar auf diese Weise: „Allen meinen Bekannten und Freunden einen letzten Gruß Hermine Munsch gestorben am 6. März 1904.
Die Leiche der Lebensüberdrüssigen wurde in die Beisetzkammer der Kirche in der Alserstraße gebracht, am Nachmittag erfolgte dann das Begräbnis.
QUELLE: Neues Wiener Tagblatt, 8.. März 1904, S 9. Neues Wiener Journal, 8. März 1904, S 3, Inserat, Neue Freie Presse, 7. März 1904, S. 8, 8. März 1904, S 9, 13. März 1904, S 10. ANNO Österreichische Nationalbibiothek
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