IRMA GOLZ#
1897: Mit einer seltenen Art von Sängerin überraschte Direktor von Jauner das Publikum des Carltheaters. Es war ihm gelungen eine Sängerin mit einem Organ lieblicher Nachtigallenklang und schallender Lerchenschlag zu gewinnen, Irma Golz, so hieß die Neuentdeckung.
Es war ein Genuss, diesem Stimmphänomen zu lauschen. Die Künstlerin entstammt einer musikalischen Familie, der Vater Goldstein, war Ober Kantor der Wiener israelitischen Kultusgemeinde daher ist es kein Wunder, dass man das klangvolle Talent besonders unterstützte, so dass ihre Stimme im vollsten Glanz nun erstrahlt. Sie verfügt über eine kräftige Mittellage, die es ihr ermöglicht mit Leichtigkeit die Register der dreigestrichenen Octave zu erreichen. Ihre Koloratur ist rein und perlend und die Staccati von seltener Schönheit. Die Kunstkenner sehen Sie bereits als strahlende Opernkoloratursängerin. Doch Irma Golz hatte Heimweh nach Wien und so kann das Publikum ihr neues Idol als Mimosa in der Operette Geisha, von Sidney Jones die durch sie zum Höhepunkt des Abends wurde. Es folgte Pedritta in Donna Juanita und zahlreiche wunderbare Glanzstücke reihten sich daran.
Obwohl sie als Operettensängerin sehr beliebt, kehrte sie zur Oper zurück und genoss ihre abschließende Ausbildung bei Gemma Bellincioni und der Marchesi, die ihr eine glänzende Zukunft voraussagten. 1900 meldete sich die Wiener Hofoper, Golz lehnte auf Wunsch Frau Bellincioni ab, da diese die gefeierte Sängerin auf eine große Tournee durch Italien, Mitteleuropa und Südamerika mitnehmen wollte. Alle Vorbereitungen waren bereits getroffen, als sie plötzlich erkrankte und ein dahin siechendes Leiden begann.
Die gefeierte Sängerin Irma Golz, 29 Jahre alt, fühlte das Ende nahen und bereitete sich auf eine unübliche Weise vor, die ihr Ableben zu einer der erschütterndsten Sterbeszene werden sollte. Frau Golz war das Opfer einer tückischen und unheilbaren Krankheit: Blutzersetzung.
Es war der 4. Juni 1903, nachts sagte ihr Arzt Dr. Kaiser, der an ihr wiederholt die ultravioletten Strahlen anzuwenden versuchte, „sie käme jetzt in die violetten Strahlen“ Sie meinte darauf: „Nein in den blauen Himmel!“
Nach Mitternacht sprach die Sängerinn Wunsch aus, aus dem Bett in einen Lehnstuhl gehoben zu werden. Als das geschehen war, nahm sie von ihren Angehörigen Abschied, wünschte anschließend festlich geschmückt und ihr die Prunkgewänder der „Traviata“ anzulegen. Festliches Lichtermeer sollte den Raum erhellen. Nun wandte sie sich an ihre Brüder die Schriftsteller Emil und Arnold Golz, sie mögen sich an das Klavier setzen und Mendelsohns „Frühlingslied“ spielen. dann vollzog sich eine Szene die nicht dramatischer sein konnte. Als die ersten Akkorde den Raum durch schwebten, erhob sie die einst viel Umjubelte aus dem Lehnstuhl und versuchte mühsam mit der Melodie mitzuhalten, mitten im Gesang glitt sie mit den Worten „Zur Erde, zur Erde“ langsam zu Boden. Als Arzt und Verwandte sich um sie bemühten merkten sie, dass sie tot war.
QUELLEN: Mährisches Tagblatt, 5. Juni 1903, Der Humorist, 10. Dezember 1897, Czernowitzer Tagblatt, 7. Juni 1903. Österreichische Nationalbibliothek, ANNO
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