LUBEREGG#

Am Mittwoch, den 31. August 1898, war das kaiserliche Schlösschen Luberegg Schauplatz einer imposanten Festlichkeit. Seit Jahren weilte hier ein Sommergast, Se. Exzellenz Jonkheer van der Hoeven, a.o. Gesandter und bevollmächtigter Minister der Königin der Niederlande. An jenem Tag wurde der Regierungsantritt Königin Wilhelmine in festlicher Weise begangen. Sie hatte das 18. Lebensjahr vollendet und damit ihre Großjährigkeit erreicht. Nun hat sie das Szepter, das seit dem Tod des Vaters, Wilhelm III., am 23. November 1890, ihre Mutter, die Königin-Regentin Emma, geführt, nun selbst in die Hände genommen.
Mit dem Sonderzug wurden 30 niederländische Gäste aus Wien nach Melk, von dort mit einem Lokaldampfer über die Donau nach Luberegg dem feierlich geschmückten Schlösschen, um 4 Uhr nachmittags, gebracht. Die niederländischen Untertanen brachten dem Gesandten ihre Huldigung und Glückwünsche für die junge Königin dar. Anschließend machten die hohen Herrschaften in mehreren Wägen eine Fahrt nach Weitenegg mit seiner mächtigen Burgruine, die die bedeutendste Burg des Nibelungengaues, ihre damaligen Besitzer die Grafen von Tengling-Peilstein, zuletzt fiel der Besitz den Babenberger Landesfürsten zu. Von dort zurück kehrend, fand in der prachtvoll dekorierten Veranda des Gastwirts K. Lichtl, vom Gesandten für diesen Abend gemietet, ein Diner statt, wobei zahlreiche Toaste ausgebracht wurden.
Der Gesandte van der Hoeven toastierte zuerst auf den Kaiser von Österreich, dann auf die Königin Wilhelmine, pries deren ausgezeichneten Eigenschaften, ihre sorgfältige Erziehung und nicht als die letzte aus dem Haus Oranien nicht bloß das Königreich der Niederlande, sondern auch die unter holländischer Botmäßigkeit stehenden indischen Gebiete mit Weisheit regieren werde. Der Sekretär der niederländischen Gesandtschaft toastierte auf die Königin-Mutter Emma, die durch ihre pädagogischen Kenntnisse der Tochter eine so sorgfältige Erziehung zuteil werden ließ. Robert van Son toastierte auf den Gesandten van der Hoeven und die niederländischen Gäste. Nach dem Diner fand im Schloss eine zwanglose Unterhaltung statt, an welcher auch einige geladenen Honoratioren aus Emmersdorf teilnahmen. Eine Musikkapelle aus 16 Mann spielte bekannte, melodiöse Weisen, das berühmte Quartett Schrammel aus Wien brachte vorzügliche Leistungen zur Aufführung, vielleicht auch den flotten Marsch „Wien bleibt Wien“. Wiederholt erklang die niederländische Volkshymne, die mit großer Begeisterung gesungen wurde.
Eine zahlreiche Menschenmenge hatte sich aus der Umgebung, aus Emmersdorf, Melk, Weitenegg, Leiben, Pöggstall in Luberegg eingefunden, um eine noch nie dagewesene Feier beizuwohnen.
Ein böses Gewitter zog gegen 22 Uhr auf und verdarb den Feiernden den sonst so schönen Tag, darunter litt die Schlossbeleuchtung und Bisenius aus Wien sein farbenprächtiges Feuerwerk. Daher wurde ab nun dem Tanz gehuldigt, bis der Sonderzug die Gäste wieder nach Wien brachte. Einige Tage später wurde die österreichische Kaiserin Elisabeth in Genf ermordet.
1915: Das einfache aus Holz bestehende Gebäude von Luberegg entstand um 1780 von Josef Edler von Fürnberg, dem Großgrundbesitzer der riesige Waldungen zwischen Weitenegg und Gutenbrunn gelegen, ließ auf der Weiten eine Holzschwemme errichten. Außerdem hatte sich der weitblickende Fürnberg im Jahr 1791 um das Postprivilegium für das südliche Waldviertel bemüht, lange musste er darauf warten bis sein Wunsch erfüllt wurde, und Luberegg Poststation mit Postverbindung nach Gutenbrunn und tiefer ins Waldviertel vordringen konnte.
Bereits sieben Jahre später erlitt das Gebäude durch das furchtbare Hochwasser erhebliche Schäden, so dass es im Jahr 1797 durch Kaiser Franz I., der 1795 von Peter Freiherr von Braun, dem Nachfolger Fürnbergs, die Herrschaft im Waldviertel erworben hatte, fast neu errichtet werden musste. Polier Josef Muckenast aus Krems ist dafür verantwortlich und Johann Martin Schmidt entwarf die schönen schmiedeeisernen Arbeiten. Das Stiegenhaus ist mit Laternen tragenden Puten geschmückt, der große Saal im ersten Stock beeindruckt durch seine vornehmen Tapeten und herrlichen Empireöfen und strahlt somit angenehme Behaglichkeit aus.
Zu dieser Zeit gab es verschiedene Veränderungen bei den anderen Häusern, so entstand eine kleine Kolonie mit einer Kapelle neben dem vom Landhaus zum Schlösschen erhobenen Haupthaus, ab nun gab es eine kleine Wohnung für einen Priester und Mesner, hinzu kam noch eine stattliche Taverne mit zwei, massive runde Türme. Diese Neugestaltung werteten den kaiserlichen Besitz zu einem angenehmen sommerlichen Aufenthalt auf. Die Brüder des Kaisers, die Erzherzöge Anton, Johann, Rainer und Rudolf bezogen mit ihrem Hofstaat als erste Besucher, Luberegg.
Da Luberegg so viel Anklang bei seinen Brüdern fand, entschloss sich der Kaiser 1803 selbst in dem Schlösschen Aufenthalt zu nehmen, ab da verbrachte Kaiser Franz jeden Sommer bis 1812 in Luberegg. Er liebte sein einfaches Luberegg, wie auch das gesamte Waldviertel, dass er mit Vorliebe zu Fuß, mit Pferd oder Wagen durchstreifte. Besonders das stille Leben, die zauberhafte Landschaft und der freundliche Menschenschlag erfreuten seinen sommerlichen Aufenthalt in Luberegg. Nach wie vor galt sein Interesse der ehemals Fürnberg Holzschwemme über die er sich laufend über Betrieb, Verwertung und Gewinn informieren ließ. Inspektor Josef Kolbe, ein pflichtbewusster Beamter, dem der Kaiser im Jahr 1832 die große goldene Zivil-Ehrenmedaille samt Kette für 60jährige treue Dienste verlieh.
Die massiven runden 60 bis 70 cm hohen Türme konnte man die Plattform durch eine hölzerne Stiege erreichen. Sie dienten einst als Leucht- und Signaltürme für die Schifffahrt und über die vielen Klafter Holz die an der Donaulände lagerten. Von der steinernen Balustrade aus hatte man einen wunderbaren Blick über den Verlauf der Donau und ihrer Umgebung. Weilte der Kaiser zur Sommerfrische hier und hatte Gäste spielte die Pöchlarner Musik auf den westlichen Turm und auf den anderen die St. Pöltner Kapelle unterhaltsame Melodien.
Luberegg blieb ebenfalls nicht von den Kriegswirren 1809 verschont. Die Franzosen beschossen von Melk aus den Ort und zum Teil wurde auch geplündert. 1866 waren hier verwundete Sachsen untergebracht.
In den Jahren 1860 bis 1865 pflegte Kaiser Franz Joseph nach der Jagd hier zu übernachten, und auch sein Sohn, Kronprinz Rudolf, liebte es diesen Jagdsitz in den Jahren 1874 bis 1877 zu beanspruchen.
Ab 1918 verfiel das historische Juwel in ein Dornröschenschlaf. Die österreichischen Bundesforste wurden Eigentümer, zusätzlich mit der Erhaltung der verschiedenen Schlösser bedacht, daher arg belastet und überfordert. Hinzu kam noch die stark frequentierte Bundesstraße die zu nahe an den Gebäuden vorbei führt und die Fundamente erbeben lässt. Kurze Zeit diente das Schloss Luberegg als Kaiser Franz Museum. Man zeigte wenig Interesse daran, gleichgültig und phantasielos wie man war, fehlte es an Know-how.... Nun ist die Liegenschaft in Privatbesitz.
Quellen: Kremser Volksblatt, 4. September 1898, St. Pöltner Bote, 7. September 1898, Wiener Geschichtsblätter 1915 Nr. 11, Architektonische Rundschau, 1911 Nr. 7, Waldviertel, 1976 Nr. 4-6. Österreichische Nationlbibliothek, ANNO
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