MATHILDE#
Im Juni 1867 standen in Budapest gerade die Feierlichkeiten zur Königskrönung von Kaiser Franz Joseph I., und Kaiserin Elisabeth bevor. Es sollte ein glanzvolles Ereignis werden. Doch wie so oft wurde die Feststimmung getrübt.
Schon im Jahr 1857 endete die vielversprechende Rundfahrt durch Ungarn mit dem Tod der kleinen Sophie.
Durch Kriege die Feinde angezettelt, gingen Venedig und die Lombardei verloren.
1873 wollte sich Österreich-Ungarn mit der Weltausstellung als zweites Großmacht wirtschaftlich präsentieren. Cholera und der Börsenkrach machten alles zunichte.
Unheilvolle Schatten trübten auch die Festtage der Königskrönung, denn aus Mexiko kamen keine guten Nachrichten, die dann mit dem Tod Kaiser Maximilians am 19. Juni durch Erschießen endete. Damit nicht genug Seit Tagen lag Erzherzogin Mathilde mit Brandwunden darnieder. Ihr junges Leben scheint rettungslos verloren.
Erzherzogin Mathilde, Tochter des Erzherzog Albrecht und Erzherzogin Hildegard wurde am 25.. Jänner 1849 in Wien geboren. Sie hatte noch eine Schwester Maria Theresia die die Gemahlin von Herzog Philipp von Württemberg wurde, der sich das Palais auf der Ringstraße errichten ließ, das später als Hotel Imperial den ausländischen Staatsgästen als Unterkunft diente.
Der Bruder Karl starb nach 18 Monaten an den Pocken.
Den Sommer verbrachte die Familie stets auf der Weilburg bei Baden bei Wien, Kaiserin Elisabeth war oft Gast bei ihnen, denn das Verhältnis zu ihrer Cousine Hildegard war ein sehr gutes.
Mathilde verlor mit 15 Jahren ihre Mutter durch Krankheit. Auf Wunsch des Kaisers wurde sie vom Professor Leopold Neumann in Geschichte und Literatur unterrichtet.
Das Unglück passierte Mathilde am 22 . Mai im Albrechts Palais in Wien. Es kursierten die seltsamsten Vermutungen, Schuld sei ein Zündhölzchen, dann wieder sie wollte einen Brief versiegeln und dabei verwendete sie eine Kerze, dann wieder sie hätte heimlich, weil verpönt, eine Zigarette geraucht und diese hätte ihr Kleid entzündet.
Als Brennende lief sie durch den Korridor wo Hofdamen ihr zu Hilfe kamen und die Kleider vom Leibe rissen und sie wieder in ihr Zimmer brachten wo bald darauf ein Arzt eintraf.
Über das Befinden Mathildes werden ab diesem Tag täglich Bulletins in den Zeitungen veröffentlicht um die Öffentlichkeit zu informieren. So hieß es: „Ihre k. Hoheit die Frau Erzherzogin Mathilde hat zwar sehr wenig geschlafen, aber doch eine gute Nacht gehabt. Die Schmerzen sind mäßig. Kein Fieber Unterzeichnet von Prof. Franz von Pitha, Leiter der Chirurgie am Josephinum,
Prof. Pitha und Dr. Schmerling blieben in der Nähe der Patientin die in einer Eisumhüllung gebettet war. Verletzt waren ihre beiden Arme, der Nacken und der Rücken und stellenweise die unteren Extremitäten bedeutend verbrannt. Der Kaiser und zahlreiche Verwandte erkundigten sich täglich nach dem Befinden der Kranken.
Am 24. stieg das Fieber etwas an. Schwierig war die Kranke in eine andere Liegeposition zu bringen. Ihre langen Haare fielen dem Heilzwecke zum Opfer und mussten kurz geschnitten werden da sie auf die intensiven Brandwunden schädlich einwirkten.
Verschiedene Zeitungen veröffentlichten optimistische Prognosen, die von den Ärzten als nicht der Wahrheit entsprechen. Auf Wunsch der Erzherzogin besucht der Abt des Stiftes Schotten, Othmar Helferstorfer ein- oder zweimal am Tag. Die Kranke erträgt mit Geduld und ohne Klagen ihre zeitweilig intensiven Schmerzen.
Am 1. Juni wurde sie in das Schloss Hetzendorf gebracht, Die Erzherzogin wurde in ein bequemes, gedecktes Hoftragebett gelegt und abwechselnd von je 20 Mann des Sanitätskorps in einen Zeitraum von drei Stunden und 30 Minuten nach Hetzendorf getragen. Zwei Offiziere des Sanitätskorps begleiteten den Zug welchem in einem Wagen Regierungsrat Dr. Schmerling folgte.Erzherzog Albrecht der diesmal das Schloss als Sommersitz wählte, und andere Bedienstete folgten. Prof. Pitha erwartete hier die Kranke, die die Übersiedlung gut überstanden hatte. In den Kirchen wurden bereits Gebete für die Genesung der Erzherzogin abgehalten.
„Die zunehmend reichliche Eiterung bei fortdauernder Schlaf- und Appetitlosigkeit führte eine rasche Erschöpfung herbei. Am gestrigen Tag haben sich krampfhafte Erschütterungen der Extremitäten öfters und verstärkt wiederholt; auch gesellte sich ein Schluchzen und Heiserkeit hinzu die sich bis zur Stimmlosigkeit steigerte. Um 6 Uhr morgens ist sie plötzlich und ganz ruhig ohne den geringsten Todeskampf verschieden.
Erzherzog Albrecht gründete nach dem Tod der Tochter eine Militärstiftung die ihren Namen tragen wird.
In der letzten Sitzung der Gesellschaft der Ärzte hielt Prof. Pitha einen interessanten Vortrag über die Krankengeschichte der unglücklichen Erzherzogin Mathilde. Sie hatte schwere Brandwunden an den Ober- und Vorderarmen, an der Hüfte und an den Unterschenkeln erlitten, die Haut war stellenweise pergamentartig vertrocknet und matt durchscheinend, so dass man die unter der Haut verlaufenden Blutgefäße deutlich wahrnehmen konnte. An den Unterschenkeln waren die Brandwunden nach unten, an jener Stelle wo die Stiefletten knapp anlagen, kreisförmig scharf begrenzt. Erst am vierten Tag kam es zu einer Blasenbildung. Der Verbrennungshergang bei der Erzherzogin war folgender: Dann folgte die Version mit Zündhölzchen. Als sie bei der Kammerdienerin anlangte war sie bereits eine Flammensäule, man löschte das Feuer mit Wasser was schon viel zu spät war. Der Arzt wickelte sie in Watte. Nie ist eine Klage des Schmerzes über ihre Lippen gekommen. Einige Tage später kam sie in Hebras Wasserbett. Dieses Wasserbett ist eine große Zinkwanne, in welcher ein fester, eiserner, mit Gurten überspannter Rahmen, dessen Kopfteil erhöht ist, durch eigene Vorrichtungen schwebend erhalten wird, Über den Rahmen wird eine Decke gespannt und auf diese der Kranke gelegt. An der Kopfseite befindet sich ein Reservoir, in welchem Wasser auf 28 Grad R erwärmt und durch eine Röhre in die Wanne geleitet wird. Durch eine Öffnung an der Fußseite fließt das Wasser wieder ab. Im Bad, bei einer Wassertemperatur von 28 Grad befand sich die Erzherzogin ziemlich behaglich, sobald aber die Temperatur nur um einen halben Grad sank, wurde sie von förmlichen Frostanfällen ergriffen; stieg die Temperatur um einen halben Grad, befiel sie wieder eine ungewöhnliche Hitze. Da der Grund dieser Temperaturschwankungen in dem Umstand lag, dass das Wasser in dem Reservoir neben der Wanne gewärmt wurde, so ordnete Prof. Pitha an, das Reservoir in ein anstoßendes Zimmer zu bringen. Als er nach mehreren Stunden die Kranke besuchte, fand er bereits ein großes Reservoir , aus welchem durch einen Schlauch ins Zimmer, wo die Wanne stand, auf 28 Grad erwärmtes Wasser geleitet wurde. Leider stellte sich der Übelstand heraus, dass die leiseste Wellenbewegung der Kranken heftige Schmerzen verursachte. Das Wasser musste, da der Abfluss am Fußteil der Wanne nicht genügte, mit Kaffeetassen in sehr behutsamer Weise ausgeschöpft werden. Dieser Umstand, ferner die Schlaf- und Appetitlosigkeit veranlassten den Professor Pitha nach 48stündiger Anwendung des kontinuierlichen Wasserbades, die Erzherzogin wieder ins Bett bringen zu lassen. Die Teilnahme an dem Unglück der Erzherzogin war so groß, das von überall gute Ratschläge, Heilmittel, aus allen Teilen der Monarchie und dem Ausland ihn förmlich überfluteten.
Erzherzogin Mathilde wurde nur 18 Jahre alt.
Mitten in die Feierlichkeiten platzte die Nachricht vom Tod der Erzherzogin. Auch auf die Feststimmung in Pest wirkte dieser erschütternde Zwischenfall nicht wenig störend ein. Das beklagenswerte Hinscheiden der Erzherzogin wird keinen Aufschub der Königskrönung zur Folge haben. Der Kaiser hat befohlen, dass die Königskrönung ungeachtet dessen morgen 8. Juni 1867, zur festgesetzten Stunde und mit dem vorausbestimmten Zeremonie stattzufinden habe. Nur die Freudenfeste wie Hofball, Theater paré fallen selbstverständlich aus. Während der Dauer der Festlichkeiten wird jedoch keine Hoftrauer gehalten.
Bei dem heutigen Empfang der Stände rang die Kaiserin sichtlich nach Fassung; die hohe Frau sah bleich und verweint aus. Auch der Kaiser war ernst gestimmt.
QUELLEN: Klagenfurter Zeitung, 19. Juni 1867, S 3 , Salzburger Chronik, 29. Mai 1867, S 3, Neues Wiener Tagblatt, 8. Juni 1867, S 2, Prager Abendblatt 24. Mai 1867, S 2, Bilder Gemeinfrei, ANNO Österreichische Nationalbibliothek
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