MICHAEL BLÜMELHUBER#
Am 29. September 1910 wurde das Meisteratelier für Stahlschneidekunst Michael Blümelhuber in der alten Eisenstadt Steyr eröffnet. Es ist kein Wunder, dass in einem Ort mit dieser Vergangenheit die Wirkungsstätte eines in seiner Art einzig dastehenden Künstlers zu finden ist. Die Vereinigung schloss sich der allgemeinen Freude am Festtag mit einer Glückwunschdepesche an Meister Blümelhuber an. Ein Mann von hervorragender Wesensart und Bedeutung, mit glühender Vaterlandsliebe, der den verlockenden Anträgen des Auslandes, vor allem Amerika, widerstehen konnte. Der vortreffliche österreichische Stahl der schon den Römern ein Begriff war, „durior est ferro, quod Noricus excoquit ignis“ singt Ovid in seinen Metamorphosen. Die erste Phase des Eisenschnittes, die eingravierte Ornamentik, zeigen die Waffen der alten Römer (Hallstätter Funde) und Arbeiten aus dem XIII. Jahrhundert in der Art, die man noch immer an den Türbeschlägen von Notre Dame in Paris erkennen kann.
Er verstand es die Härtequalitäten der Stahlwerkzeuge zu steigern, um dann den Stahlblock nach Belieben zu bearbeiten und Stahl wie Eisen zu schneiden. Selbst die Spitze seines Fürstenbergschen Jagdmesser konnte er mit den Schlägen eines Kupferhammers durch eine dicke Stahlplatte durchtreiben ohne dass die Klinge einen Schaden erlitt.
Neuerdings hatte er vor, die Damenwelt mit seinen Schmuckkünsten zu verwöhnen.
Im selben Jahr brachte er die Bewohner von Steyr gegen sich auf, der Grund der Bahnbau Linz-Steyr auf jener Trasse die über Ort nach Steyr führt und an seinem Atelier vorüber. Und dazu sollte die Bevölkerung zustimmen. Zur Veröffentlichung dieses Vorschlages wählte er die „Typ“, der Erfolg blieb jedoch aus. Man nahm ihm seine Aussage übel, die er dem Korrespondenten angeblich gegenüber geäußert hatte, dass er machen kann was er will, dass er die Fäden in der Hand hielte und alles geschieht nach seinen Angaben.
Das Aktionskomitee war überzeugt, dass Herr Blümelhuber den Schutz der vier Häuser in der Kirchengasse verlangt habe, um seinen Wunsch leichter durchzusetzen. Der Artikel schließt mit der Bitte, die Gemeindevorstehung, die Sparkasse und die Bevölkerung mögen gemeinsam auf die Trassenführung durch Steyrdorf hinwirken, damit Herrn Blümelhuber die Gelegenheit genommen werde, weiterhin Steyr und besonders Steyrdorf zu schädigen.
Steyr bekam am 25. Jänner 1894 hohen Besuch. Thronfolger Franz Ferdinand kam vor 5 Uhr nachmittags in Begleitung des Baron Imhoff, um den Künstler Blümelhuber in der Sierningerstraße aufzusuchen um sich eine Kollektion von Jagdmessern und Papierscheren vorlegen zu lassen. Es war interessant in die geheime Welt Blümelhubers einzudringen. Der Erzherzog drückte über diese Arbeiten seine rückhaltlose Anerkennung aus und betonte, dass diese Kunst kaum jemand sonst beherrsche. Es folgte ein großer Auftrag von Jagdmessern und Papierscheren, damit war der Künstler über ein Jahr ausgelastet. Den vom Kaiser erhaltene Auszeichnung, ein Brillantring, durfte der Thronfolger ebenfalls sehen. Mit dem Wagen ging es wieder zurück in die Villa Imhoff.

Juli 1910 gelangte die Eingabe des korrespondierenden Mitgliedes Michael Blümelhuber in Steyr zur Verhandlung. Dieselbe betraf die Anregung, zum Schutz der Gleinkerstraße in Steyr die Intervention Erzherzog Franz Ferdinand zu erbitten, da diese Straße durch die projektierte Trasse der elektrischen Bahn Linz-Steyr arg gefährdet erscheint. Der Ausschuss beschloss der Anregung Blümelhubers Folge zu leisten.
1942: Das Museum der Stadt Wien erwarb in jüngster Zeit das „Goldene Wiener Herz“ des Künstlers des Stahlschnittes Michael Blümelhuber.
Es sind nun schon Jahre her, seit der Wiener Bürgermeister den aus Steyr stammenden Künstler den Auftrag erteilte, das „Goldene Wiener Herz“ in einem Stahlschnitt zu verewigen. Der 50jährige Künstler fühlte sich geehrt, über diese Auszeichnung, eine Arbeit für die kunstsinnige Stadt Wien anfertigen zu dürfen. Der Künstler wollte etwas Besonderes schaffen, daher arbeitete er sehr lange an den verschiedenen Entwürfen und entschloss sich schließlich für die Form eines Anhängers den man auch als Schmuck um den Hals tragen konnte, das Außergewöhnliche war, es bestand aus einem Stück, das ungemein feine zierliche Werk fand der Meister als seine beste Arbeit, kein Wunder, stand er doch zu dieser Zeit im Zenit seines Lebens. Sein Meisterstück wird von dem symbolisch aufgefassten Wiener Wappen gekrönt, somit zu einem Wiener Wahrzeichen geworden.
Er war der Begründer der Stahlschneidekunst in Alt Österreich und seiner künstlerischen Fertigkeit war es gelungen Ajourarbeiten in Stahl auszuführen, mehr als bemerkenswert. Blümelhuber hat diese Stahlschneidekunst wieder erweckt, die in Vergessenheit geraten war, vielleicht aber in der Renaissace noch gekannt oder ausgeübt wurde. Nach einen Nachfolger wird man vergeblich Ausschau halten, niemand war darunter der mit dem „Stichel“ umgehen konnte.
Michael Blümelhuber hatte bei einem der Großen Steyrs Josef Werndl, dem Büchsenmacher und Waffentechniker als Schlosserlehrling begonnen, wandte sich aber immer mehr dem künstlerischen Fach zu.
Für den Linzer Neuen Dom hatte Bischof Dr. Hittmayrer einen bekannten Schlüssel anfertigen lassen, an dem 12 Jahre lang gearbeitet worden war, ein Jagdmesser gab es für Thronfolger Franz Ferdinand.
Noch ein bedeutender Mann spielte in Blümelhubers Leben eine wichtige Rolle. Geboren am 23. September 1865, litt er nach einer Typhuserkrankung ab dem achten bis zu seinem 27. Lebensjahr die Kinnladen kaum zu öffnen, war am Sprechen behindert und konnte daher nur flüssige Nahrung zu sich nehmen. Kein anderer als der berühmte Billroth war es der sich des jungen Mannes annahm und ihn durch einige, geschickt ausgeführte Operationen, von diesem Übel befreite. Durch dieses zurückgezogene Leben sich selbst überlassen, schuf er sich eine eigene Welt, ließ seiner Fantasie freien Lauf die ihn auf künstlerische Bahnen führte. Die Fachschule für Eisen- und Stahlbearbeitung schloss er erfolgreich ab, war kurz Aushilfslehrer und machte sich schließlich selbständig. Seine künstlerischen Arbeiten erregten bald die Aufmerksamkeit des Grafen Lamberg, des Schlossherrn von Steyr. Der kunstsinnige Graf förderte die Bestrebungen des jungen Meisters indem er sich dessen Werke als Sammlung anlegte. Der Mäzen hatte Verbindungen zum Kaiserhaus und zu allen Adelskreisen. Allmählich trafen in Steyr die ersten Bestellungen ein. Es entstand die Papierschere mit dem Hirschen, die in den Besitz Kaiser Franz Joseph gelangte. Blümelhubers schöpferische Tätigkeit, datierte ab dem Jahr 1894, wo er die prachtvolle Papierschere für den Thronfolger Franz Ferdinand schnitt. An ihr merkt man die vollendete Technik und gereiften Stil. Zwei balzende Auerhähne auf den dekorativen Griffen sind mit den Scherenklingen aus je einem Stahlstück im ganzen geschmiedet.

Seit 1914 warnt Blümelhubers Weitblick in seinen Büchern es nicht zu Kulturniederbruchs- und Völkerwanderungskatastrophen kommen zu lassen.
Im Museum Francisco Carolinum in Linz fand 1902 eine seltene Ausstellung statt. Eine Gelegenheit, Michael Blümelhubers Meisterstücke in ihrer Gesamtheit besichtigen zu können, denn auch Privatbesitzer stellten ihre Gegenstände dem Museum zur Verfügung.
Im Jahr 1921 weilte Blümelhuber einige Tage in Wien um die Ausstellung des Dürerbundes, in der Halle in der Zedlitzgasse, wo auch einige seiner Werke zu sehen waren wie das „Evangelium“.
Michael Blümelhuber starb am 20. Jänner 1936 nach kurzem schweren Leiden. QUELLEN: Österreichische Kunst, 1910 Jahrgang 1, Kleine Volks Zeitung, 18. August 1942, Das kleine Volksblatt, 3. Oktober 1945, Wiener Bauindustrie Zeitung, 1915 Jahrgang 32, Linzer Volksblatt, 5. Juli 1910, 16. Oktober 1902, Moderne Welt, 1923, Jahrgang 4, Neues Wiener Journal, 10. Juni 1925, 6. Dezember 1921, Wiener Bauhütte, 1910 Jahrgang 1, Neues Wiener Tagblatt, 18. September 1929, Linzer Tagespost, 26. Jänner 1894, Österreichische Nationalbibliothek, ANNO
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