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PLAKATSÄULEN#

Wien
Plakatsäule,Stunde,Gemeinfrei

Die Plakatsäule ist die Gründerin für Werbung. Sie war es die einst die Menschen über Kultur und Veranstaltungen informierte und diese glorreiche Idee hatte Ernst Litfaß, ein Drucker, Schauspieler und Zeitungsherausgeber, der 1854 damit die Werbebranche revolutionierte.

1897: Wandert jemand mit wachen Augen und klarem Sinn durch die Straßen Wiens fällt ihm auf, dass die Plakate von Jahr zu Jahr die Erzeugnisse der Fabriken, Unternehmer ihre Darbietungen, dem Publikum in Erinnerung zu bringen die Reklame das wichtigste Mittel sei, mit dem man auffallen und das Interesse der Menschen dadurch erreicht indem die Plakatwände und die Plakatsäulen zu einer Art Kunst-Ausstellung sui generis gestaltet, welche von den Variationen der Kunstmode tangiert wurde, wie die großen „Kunst-Ausstellungen“ par excellence. Speziell die französische Plakatmode hat auch von unseren Anschlag-Plätzen Besitz ergriffen und diese Sorte von Tag zu Tag sich mehren, welche nach französischen und wohl auch jungdeutschen Mustern unter Vernachlässigung der Gesetze der Schattengebung und der perspektivischen Plastik durch ihre Flachheit auffallen und sich weniger durch vollendete künstlerische Durchführung als durch eine gewisse künstlerische Nachlässigkeits-Bikanterie auszeichnen.

Eine Reklamenkarten-Ausstellung deren Wunsch immer deutlicher geäußert wurde, fand im Museum im Börsegebäude statt und fand großes Interesse. Eine Reklame-Landkarten-Serie, welche von der bekannten Chokoladen- und Kakao Firma Jordan & Timäus in die Welt gesetzt und durch Belehrungszwecke Erwähnung verdient. Nicht weniger interessant sind die Reklamekarten der Firma „Liebig Fleischextrakt-Company“ welche in Serien zu 6 Stücken Szenen aus verschiedenen Opern und Theaterwerken bringen......

1906: Spazierte jemand über die Ringstraße so fühlte er, dass sich etwas verändert und nicht ganz wie früher war. Bald erkannte man den Grund der Veränderung die das Straßenbild fremd erscheinen ließ. Zu Dutzenden sind in aller Stille zwischen den Alleebäumen, an den Straßenecken auffallend genug, vor allen Monumenten und Monumentalgebäuden Plakatsäulen aufgestellt worden, die stilgerecht als Stadttürme in altdeutscher Renaissance in Eisenguss ausgeführt sind. Man muss zugestehen, dass auf keine andere Weise so vollkommen die Vornehmheit und die Farbenharmonie der Ringstraße hätte zerstört werden können. Egal wo man sich befindet, man kann keinen Bildausschnitt der Prachtstraße ins Auge fassen, ohne von diesen Säulen, in ihrer schrillen Färbung den Ausblick sperren und sich sogar paarweise vordrängen. Selbst die größte Sehenswürdigkeit Wiens, das Parlament ist davon betroffen. Man kann sich nur wundern, dass der Stadtrat dazu seine Zustimmung geben konnte; denn wenn wir auch weit davon entfernt sind, den Verdacht zu hegen, dass ästhetische Gesichtspunkte beeinflussen könnten, so viel praktisches Gefühl müsste doch auch in dieser Körperschaft vorhanden gewesen sein, um eine solche Verpachtung der Ringstraße an eine Privatfirma zur geschäftlichen Exploitierung, wahlloser Werbung....

Beim Schottentor und auf der Ringstraße werden zur Zeit die alten Plakatsäulen ausgewechselt; der Ersatz ist ein guter; die neuen Säulen sind nicht mehr so plump und zeigen ein geschmackvolles Stadtwappen und eine Ortsbezeichnung. Die alten, stets falsche Zeit weisenden Uhren sind endlich verschwunden....

1919: Plakatsäulen sind in ihrer Art ein Stück Kultur der Stadt, so gut wie Theater und Konzerte, Vorträge und Ausstellungen.

1929: In Wien ereignet sich wieder eine Änderung, sollte sie für die Allgemeinheit auch unbedeutend sein, doch für die Tageschronik Wert erwähnt zu werden. Die Litfaßsäulen werden dem Stil der neuen Sachlichkeit entsprechend modernisiert. Die runden Plakatsäulen waren bisher mit zierlichen Türmchen geschmückt. Diese zwiebelförmigen Türmchen haben die typische Form der Kirchtürme in den Orten Niederösterreichs. Die hohle Kuppel der Säule ist aus Gusseisen.

Diese ornamentale Krönung passt nicht mehr zu den Reklamesäulen, die mit Plakaten modernsten Stil ausgestattet werden. Es ist also höchste Zeit auch in dieser Hinsicht zu reagieren und die überflüssige Zierde von den Säulen zu entfernen. So werden die Säulen geköpft und die Säulen verbleiben ab nun ohne Zierrat flach gedeckt. In den Straßen Wiens befinden sich 320 Plakatsäulen.

QUELLEN: Wiener Allgemeine Zeitung, 17. August 1906, Die Stunde, 6. August 1929, Montags Zeitung, 19. Juli 1897, Österreichische Nationalbibliothek, ANNO

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