SALZBURGER FESTSPIELE#
1926: Im November fand beim Landeshauptmann Dr. Rehrl eine Enquete zur Lösung der Festspielhausfrage und der finanziellen Sanierung der Salzburger Festspiele statt. Wie Dr. Rehrl aus diesem Anlass mitteilte, wird in Zukunft eine Kooperation mit der Bundestheaterverwaltung in Aussicht genommen. Von der zuständigen Stelle war folgendes zu erfahren: Bereits vor einigen Wochen erschien der Landeshauptmann nach einer vorherigen Vorsprache seines Stellvertreters beim Generaldirektor der Bundestheaterverwaltung Schneiderhan und ließ anfragen, wie sich die Bundestheaterverwaltung zu dieser Frage stelle. Generaldirektor Schneiderhan hatte sich mit dem Unterrichtsminister Schmitz darüber unterhalten, und man wäre bereit die künstlerische Durchführung der Festspiele zu übernehmen. Das Programm der Salzburger Festspiele wollte man in der Wiener Oper und Burg vorbereiten, so dass der Großteil der künstlerischen Darbietungen in der Mozartstadt von den Bundestheatern bestritten werde.
Die finanzielle Verantwortung wollte man allerdings nicht übernehmen und soll zu Lasten der Festspielhausgemeinde gehen. Das wird aber von der Generaldirektion abgelehnt.
Die Absicht der Generaldirektion der Bundestheater ist eine Kooperation mit der Salzburger Festspielgemeinde den gesamten glanzvollen Ideenreichtum in die österreichischen Festspiele einzubringen. Auch hatte man vor, in Wien gleichfalls Festspiele zu veranstalten und das Salzburger Programm dazu zu übernehmen. Die verschiedenen Landeshauptstädte sollten in der Reisezeit ihre Besucher mit Kunst und Kultur in einer Art Festspielcharakter verwöhnen und als neuartigen Vorteil in einer transportablen Halle aus Holz, Eisen sowie Leinwand durchgeführt, diese von einer reichsdeutschen Firma konstruiert, zunächst nur leihweise zur Verfügung gestellt werden soll. Diese Halle fand zuletzt auf dem Nürnberger Sängerfest Verwendung und soll sich bestens bewährt haben.
Bereits im kommenden Jahr sollten die Salzburger Festspiele in dieser neuen Version durchgeführt werden, daher war es höchste Zeit, mit den nötigen Werbemaßnahmen zu beginnen. Werbung für die Salzburger Festspiele im Ausland, mussten die österreichischen Gesandtschaften übernehmen und man hoffte dadurch das Fremdenverkehrsproblem zum Vorteil Österreichs zu lösen.
Auf die wichtige Persönlichkeit, den bisherigen künstlerischen Leiter, und Schöpfer dieser Salzburger Festivität, Max Reinhardt wurde ignoriert.
Die Bundesverwaltung versicherte, dass ihr Eintritt in die Salzburger Festspielhausgemeinde die Tätigkeit Reinhardts nicht tangiere, da dieser weiterhin mit ihr zusammenarbeiten und die für ihn interessanten Teile des Programms durchführe. Trotz allem, seine darin wirkende Tätigkeit war eingeschränkt. Es war nicht unbemerkt geblieben, dass sich in Kreisen der Festspielgemeinde Strömungen gegen Reinhardt richteten, dem man zum Vorwurf machte, dass er, da er anderweitig so stark engagiert sei, nicht Zeit genug habe, sich der Salzburger Festspiele so zu widmen wie es für den künstlerischen und finanziellen Erfolg nötig wäre.
Für die diesjährigen Festspiele hatte Reinhardt beide Teile des „Faust“ vorgesehen, doch wegen Zeitmangel kam es nicht zur Durchführung. Stattdessen führte man „Turandot“ auf, die mit einem riesiges Defizit endete. Hatte bereits der „Jedermann“ nicht den gewünschten Erfolg gebracht, weil dieser schon sehr abgespielt sei, und nun das Fiasko mit „Turandot“.
Reinhardt bezog von allen von ihm inszenierten Vorstellungen ein Honorar von 8 %. Allein die Übergabe der Festspiele von Reinhardt in die der Bundestheater erregte großes Aufsehen. Dem einen ging es um das Prestige, den anderen war der Fremdenverkehr von großer Wichtigkeit. Die Mitwirkung der Wiener Staatsoper war zum Teil bereits vorhanden, dass aber noch das Burgtheater hinzu gekommen war, galt als Sensation. Kein Wunder, dass Reinhardts finanzielle Lage zu wünschen ließ, Schuld daran waren die kostbaren Dekorationen mit denen er seine Stücke ausstattete. Ab nun wird ausgestattet mit den vorhandenen Schätzen des reichhaltigen Fundus. Vielleicht hatten die Österreichischen Festspiele andere, ganz neue Möglichkeiten die sich ihnen ab nun eröffnen.
QUELLE: Die Stunde, 28. November 1926, Österreichische Nationalbibliothek, ANNO
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