SAMUEL HAHNEMANN#

1918 Die ärztliche Wissenschaft hatte wohl selten eine so schwierige Situation gehabt, wie in der Gegenwart, wo Naturheilkunde, Homöopathie und Allopathie miteinander einen Kampf austrugen der im Äskulaps Reich schon seit Jahrzehnten tobte.
Einer der Verursacher, war jener Mann, der am 2. Juli 1843 verschied. Samuel Christian Friedrich Hahnemann, der Gründer der Homöopathie, der beseelt davon war die Leiden der Menschen nicht nur zu lindern sondern zu heilen.
Hahnemann wurde am 10. April 1755 in Meißen als Sohn eines Porzellanmalers, geboren. Der begabte Junge durfte als Extraneer die Fürstenschule „St. Afra“ besuchen. Er studierte in Leipzig, Erlangen und Wien und praktizierte in Hettstedt, Dessau und Gommern. Das Thema seiner Dissertation handelte über Krampfzuständen.
Ihn hatte nicht nur die medizinische Wissenschaft begeistert, auch für die Naturwissenschaften zeigte er reges Interesse, dazu zählte Chemie, Mineralogie und Metallurgie. Seine Leistungen auf diesem Gebiet waren großartig.
Wie alles Neue stieß auch Hahnemanns Lehre auf Widerstand, Unverständnis und Ärgernis. Seine Gegner waren nicht nur unter den Ärzten zu finden sondern auch unter den Apothekern. Besonders die Apotheker sahen in Hahnemann als ihren Feind, da er die Medikamente selbst herstellte. Bald genoss er den Ruf eines Scharlatans und fand keinerlei Bleibe. Alle Städte, ob Braunschweig, Hamburg, Aachen, Leipzig usw. wurde er gemieden, Missgunst und Gehässigkeiten waren auch hier die Folge.
1781 kam er nach Dessau wo er in der Mohrenapotheke eine pharmazeutische Ausbildung erhielt und gleichzeitig die Stieftochter des Apothekers Henriette Küchler 1782 heiratete um sich in Gommern als Physikus niederzulassen. Mit Henriette hatte er 11 Kinder, 2 Söhne und 9 Töchter.
Seine unstete Wanderung hatte ein Ende als er in Köthen 1820 ankam, wo ihn Herzog Ferdinand von Anhalt-Köthen zum Leibarzt und Hofrat ernannte. 15 Jahre hielt es der Verfechter der Homöopathie in dieser ihm zusagenden Stellung aus. Sie wurde für ihn zur wichtigsten Wirkungsstätte wo er seine Werke veröffentlichte.
Die französische Malerin Melanie d'Hervilly von Hahnemanns Organon begeistert suchte ihn auf und wurde die erste Homöopathin, er heiratete sie und übersiedelte mit ihr 1835 nach Paris, wo ihn bereits eine Homöopathie-Gemeinde erwartete. Melanie war eine außergewöhnliche Person, die sich für das Reiten und Pistolenschießen interessierte. In Paris fand er das was ihm in seiner Heimat fehlte, eine ausgezeichnete Praxis.
Homoia homoiois – Ähnliches durch Ähnliches, das war sein Grundgedanke in der er seine Theorie aufbaute, die durch die Formel Contraria contriis – Entgegengesetztes durch Entgegengesetztes erweitern ließ. In seiner Schrift Materia medica, die eine Übersetzung von Cullons Arbeit war, darin behauptet er, dass eine starke Dosis Chinin ebenso gut sei, dem Fieber entgegenzuwirken, auch Fieber erregen könne. Auf Grund dieser Behauptung baute Hahnemann auf und nannte sie Homöopathie.
Seine Wahrnehmung, bei inneren Erkrankungen befindet sich der menschliche Körper in einer Veränderung, die zu ändern die eigene Kraft nicht ausreicht. Sobald man das Symptom der Krankheit erkennt, sollte der Arzt eine Arznei verschreiben, die einen ähnlichen Zustand vollbringt, wie vorhanden. Die akute Krankheit muss durch eine ähnliche bekämpft werden.
Hahnemann hatte mit seiner Theorie bald großen Erfolg, denn die Menschen waren mit den Ärzten der damaligen Zeit sehr unzufrieden. Sein Apothekerlexikon war ein viel gebrauchtes und angesehenes Nachschlagewerk.
Der einzige, dessen Gedanken derselben Ansicht wie Hahnemann Theorien übereinstimmten, war Anton Störck in Wien, der gleich ihm dem Ähnlichkeitssatz durchführte und die Arzneiprüfung an Gesunden vornahm.
In Österreich wurde die Homöopathie schon sehr früh bekannt. Matthias Marenzeller, ein angesehener Militärarzt, verwendete das homöopathische Heilsystem bereits 1816 und fand unter den Militärärzten große Verbreitung. Obwohl 1819 in Österreich behördlich verboten, breitetet sich mit stiller Duldung unter der höheren Beamtenschaft und dem Adel, der sehr von Hahnemanns System eingenommen war, selbst die Frau des Staatskanzlers Metternich ließ sich heimlich homöopathisch behandeln.
Marenzeller bekam in Wien 1828 den Auftrag die homöopathischen Heilmethoden ob ihrer Erfolge zu überprüfen, dazu wurden Sträflinge herangezogen, die sich bald darauf weigerten derartige Arzneien einzunehmen. Der Versuch wurde daraufhin abgebrochen.
Österreichs Homöopathen wussten die Behörden von den Erfolgen zu überzeugen, als dann in Wien eine Choleraepidemie aufkam, wurde in Gumpendorf ein eigenes Krankenhaus zur homöopathischen Behandlung Cholerakranker eingerichtet, daraufhin wurde die Homöopathie in Österreich durch Kaiser Ferdinand I., wieder zugelassen und ab 1840 gab es eine eigene Zeitung. Die Patienten bekamen das Präparat umsonst, nur die Tinkturen mussten aus einer Apotheke bezogen werden. 1842 wurde eine prominente Persönlichkeit mit Homöopathie behandelt und dadurch wieder zum Tagesthema. Es war der 75jährige Feldmarschall Graf Radetzky, der ehemalige Stabschef Schwarzenbergs, war in Mailand an einem Augenleiden erkrankt. Es wurde eine krebsartige Geschwulst festgestellt. Dem Stabsarzt Dr. Hartung gelang mit homöopathischer Behandlung die Heilung. 1845 wies Wien bereits 34 Homöopathen auf, in Leipzig nur 11. Das Recht der Selbstdispension blieb zum Unwillen der Apotheker – den homöopathischen Ärzten im Laufe der Zeit ziemlich unbestritten. Erst im Apothekengesetz von 1906 wurde trotz Demonstrationen den homöopathischen Ärzten das Vorrecht genommen.
Wie bereits erwähnt studierte Samuel Hahnemann auch in Wien. 1777, das dritte und entscheidende Jahr seines Medizinstudium und erinnerte sich auch später an den damaligen Lehrer, dem er so viel zu verdanken hatte. Joseph von Quarin, Leibarzt von Kaiser Joseph II., der zu dieser Zeit das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder im zweiten Wiener Gemeindebezirk leitete. Der kaiserliche Leibarzt bevorzugte Hahnemann, dessen Ersparnisse aufgebraucht und für seine Studien wieder eine Zwangspause bedeutete. Auf Quarins Empfehlung erhielt er in Hermannstadt bei Freiherrn von Bruckenthal dem Gouverneur von Siebenbürgen, seine erste Anstellung als Hausarzt, Bibliothekar und Verwalter der Münzensammlung.
Anton de Haen, wurde von Van Swieten nach Wien geholt um hier eine Klinik einzurichten.
In Gumpendorf gab es ein Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern, ebenfalls mit Homöopathie-Behandlung, in der Leopoldstadt kam noch ein Krankenhaus der Grauen Schwestern dazu. Auch die Kurstadt Baden rüstete auf. Es war die Blütezeit der Homöopathie in Österreich.
Unter Maria Theresia war von Van Swieten die Erste Medizinische Schule gegründet worden, damit begann ein neues Zeitalter.
1905 feierte die „Allgemeine Wiener medizinische Zeitung“ ihr 50jähriges Jubiläum und darin war zu lesen: „Begründet in einer Epoche strahlenden Glanzes der Wiener medizinischen Schule in einer Zeit, in der Männer wie Rokitansky, Skoda, Hebra, Oppolzer u.v.a. den Ruhm der Wiener medizinischen Fakultät nach allen Gegenden der Welt verkündeten, wurde dieses Blatt der Sammelort für die Lehrmeinungen dieser Heroen unserer Wissenschaft, das Zentrum, in dem sich die Strahler der leuchtenden Sterne am medizinischen Himmel vereinigten, um ihr segenspendendes Licht zu verbreiten, wurde die Arbeitsstätte noch vieler anderer Gelehrten, die sich die Fahne des medizinischen Fortschrittes zu ersprießlichem Wirken geschart haben......“
Damit wurde eine Ära eingeleitet, deren Krönung die Wiener Medizin alles bisherige überstrahlte, auch die Homöopathie.
QUELLEN: Wiener Montag, 6. August 1918, Die Stunde, 15. November 1934, Österreichische Apotheker Zeitung, 9. April 1955, 5. Jänner 1980,13. Juli 1969, Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 3. Jänner 1905, Österreichische Nationalbibliothek, ANNO
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