VICTORIA REGIA#

1890: Es ist wieder so weit, die Wunderblume Victoria Regia ist in Schönbrunn zur vollen Blüte gelangt und in dem Wasserbecken des Reservegartens, welches durch Bleirohre ohne Unterlass mit warmem Wasser versorgt um die Temperatur von 27 Grad konstant zu halten. Aus der klaren Flut tauchen die gewaltigen zweifarbigen Riesenblätter, deren eine Seite ein schönes Smaragdgrün, die andere ein purpur Kolorit aufweist daraus keimt der wundervolle Blütenkelch mit nahezu 40 cm Höhe, schneeweiß, während die Ränder der Prachtvollen im rosigen Hauch sich darbietet. Die Blätter der tropischen Wasserdiva haben eine geradezu unglaubliche Tragkraft und würden einen Mann mit einem Zentner aushalten.
Die Victoria Regia ist eine einmalige Erscheinung und die herrlichste Wasserrose der Welt.
Man findet sie in allen stillen Nebenflüssen des Amazonas bei 1 Meter bis 2 Meter Wassertiefe, wo sie meist kilometerweit die Wasserfläche bedeckt.
Die Indianer sammelten die Samen dieser Einzigartigen als Mais del aqua um sie zu verspeisen.
Anfangs galt sie als Kostbarkeit, fand jedoch bald in europäischen Gärten Eingang. Große Gartenunternehmen versenden den Samenkorn alljährlich in Wasser gefüllten Phiolen an ihre Kunden. Da die Verwöhnte nur warmes Wasser liebt, bleibt sie nach wie vor ein Luxusgeschöpf.
Die Engländer waren uns wieder voraus, denn sie besaßen eigene Victoria Regia-Häuser.
Begreiflich, dass dieses Wunder-Ereignis, ein wahres Fest für alle Freunde Floras bedeutete.
1938: Die Kurstadt Baden war ebenfalls in der glücklichen Lage, diese Pflanze im Schwefelwasser heranzuziehen und bis zur Blüte zu kultivieren. Stadtgartendirektor Friedrich Zieger hatte für derlei tropische Pflanzen einen eigenen Teich geschaffen. Den Hauptanziehungspunkt bildete natürlich die Victoria Regia, die diesmal bereits in freier Natur Ende Juni ihre Blüten entfaltete.
1948: Unter den bekannten 155.000 wissenschaftlich beschriebenen Blütenpflanzen der Welt, gibt es nur wenige, die wie die blühende Victoria Regia, Staunen und Verwunderung auslöst, über ein derartiges Naturwunder.
Sir Joseph Paxton war jener der im Jahr 1849 im Kew Garten in London aus Samen die erste die gezogen werden konnte. In Wien konnte die Verwandte der Seerose ab 1890 bewundert werden.
Viel interessanter als die Pflanze selbst, ist die Entdeckungsgeschichte und die verworrene Namensgebung, denn durch Streit und Politik entstand um diese Wasserpflanze ein wahres Chaos.

Um Ruhm und Ehre der Entdeckung stritten einst drei Nationen: Franzosen, Engländer und Deutsche. Doch heute steht einwandfrei fest, dass Thaddäus Haenke, Österreichs größter Forschungsreisender in Südamerika, als Erster 1801 während seiner Reisen im Inneren Bolivien das Weltwunder unter den Seerosengewächsen in einem sumpfigen Nebenfluss des Rio Mamoré entdeckt. Haenke hat darüber nichts hinterlassen und es wäre weiter unbekannt geblieben wenn nicht 1840 der berühmte französische Forschungsreisende Alcide d'Orbigny, anständig und neidlos von Haenkes Fund berichtet und dessen Vorrecht anerkannt hätte. 1827 traf der Franzose zufällig auf den spanischen Missionar Padre la Cueva, der ihm ausführlich über den Österreicher berichtete, der Gast des spanischen Königs an der Malaspina Expedition teilnehmen durfte. Cueva und Haenke waren in einem Kahn auf die grandiose Blumenpracht gestoßen. Haenke sei bei ihrem Anblick auf die Knie gesunken und habe dem Schöpfer in seinem gewaltigen Erstaunen die heißesten Dankesbezeugungen dargebracht.
1952: Innsbruck war gleichfalls in der Züchtung der Victoria Regia erfolgreich. In einem Freilandbassin, mit Frühbeetfenstern überdacht, unterhalb der Nordkette im Botanischen Garten der Universität gedieh die königliche Pflanze im dunkelgrünen Wasser. Sie war die erste Victoria Regia, die bisher in Innsbruck gezüchtet wurde.
Thaddäus Haenke wurde 1761 im böhmischen Kreibitz geboren und verstarb am 14. November 1816, in seinem Forschungsgebiet Cochabamba, Bolivien. Der Forscher, war nicht nur Geograph,Chemiker, Botaniker und promovierte auch in Philosophie.
Der Pionier Südamerikas, der durchquerte Gebiete die für undurchdringbar gehaltenen südamerikanisch Berg- und Waldregionen und wagte sich weiter in den Norden des Gran Chaco-Gebiete die vor ihm kein Europäer betreten hatte.
Spät aber doch, hatten die Wiener Gelegenheit, die außergewöhnliche Blüte in Augenschein zu nehmen. Anton Umlauft, der Hofgartendirektor, hatte sich um die Zucht der Victoria Regia, große Verdienste erworben. Tausende von Neugierigen und Schaulustigen haben sich jährlich bei dieser „Sensation“ eingefunden. Nach den Kriegswirren war es damit zu Ende, wie so vieles ging damit verloren.
QUELLEN: Innsbrucker Nachrichten, 17. Juli 1952, Badener Zeitung, 13. Juli 1938, Interessante Blatt, 20. November 1890, Radio Wien, 31. Juli 1948, Österreichische Nationalbibliothek, ANNO
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