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Sitzen wir in der Globalisierungsfalle?#

Otmar Höll

Kaum ein anderer Begriff hat eine ähnlich steile Karriere hinter sich wie der Begriff der „Globalisierung“. Innerhalb von nicht einmal 20 Jahren hat sich seine Verwendung im Alltagsleben der Menschen, in den Medien, auf dem Parkett der Politik oder auch in der wissenschaftlichen Diskussion um ein Vielfaches gesteigert.

Der Ausgangspunkt der „Globalisierung“ liegt in der Grenzen überschreitenden Wirtschaft. Globalisierung ist ein historischer Prozess und zur gleichen Zeit das „Produkt“ menschlicher Innovationen und technologischen Fortschritts. Er bezieht sich auf die mit enormer Geschwindigkeit zunehmende Verflechtung nationaler Wirtschaften fast auf der ganzen Welt, insbesondere im Bereich von Außenhandel und Kapitalströmen. Der Ausdruck bezieht sich auch auf die grenzüberschreitende Bewegung von Menschen (als Migranten, Arbeitskräfte, aber auch als Terroristen oder Kriminelle) und Wissen (Know-how, Technologie).

Es gibt auch breitere kulturelle, politische, ökologische und sicherheitspolitische Dimensionen der Globalisierung, die alle zusammen dazu geführt haben, dass die Welt von heute sehr viel näher zusammengerückt ist, gleichsam zu einem „gobal village“ geworden ist, und dass sie ganz anders funktioniert als noch vor fünfzehn oder zwanzig Jahren.

Im Grunde genommen gibt es so etwas wie die „Globalisierung“ aber schon viel länger. Man hat das Phänomen meist nur anders bezeichnet, und zwar lange Zeit als „Internationalisierung“.

Bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren Staaten wie Großbritannien oder die Niederlande in ihren Außenhandels- oder andere Staaten in ihren transnationalen Finanzaktivitäten ähnlich stark oder sogar stärker verflochten als heute. Heute sind aber Außenhandel und Finanzdienstleistungen viel weiter entwickelt und tiefer integriert als zur damaligen Zeit. Spezifisch in unserem heutigen Zusammenhang ist die Integration der Finanzmärkte, die erst durch die modernen Möglichkeiten der globalen Vernetzung mit Computern ermöglicht wurde.

Das 20. Jahrhundert, vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg, war gekennzeichnet von einem unvergleichbaren Wirtschaftswachstum in einigen Teilen der Welt – vor allem in den nördlichen Industriestaaten –, wodurch sich das weltweite Bruttosozialprodukt insgesamt pro Kopf fast verfünffacht hat. Von dieser Entwicklung haben aber die nördlichen Staaten viel mehr profitiert als die ehemaligen Kolonien im Süden.

Die gegenwärtige Globalisierung bietet einerseits große Möglichkeiten für weltweite Entwicklung, und v. a. multinationale Konzerne profitieren von den vielfältigen Möglichkeiten der Auslagerung ihrer Produktion in Niedriglohnländer und von niedrigen ökologischen und sozialen Standards in vielen Staaten.

Globalisierung betrifft real noch nicht alle Staaten und sie verläuft alles andere als ausgeglichen. Einige Länder integrieren sich schneller in die Weltwirtschaft als andere und profitieren auch mehr als die anderen. Es gibt Gewinner und Verlierer in diesem Prozess.

Die Länder, denen es gelungen ist, sich zu integrieren, weisen meist ein schnelleres Wachstum und oft auch einen geringeren Prozentsatz an Armen auf. Am Weltmarkt orientierte Politiken haben Dynamik und größeren Wohlstand für einen Teil Ostasiens, v. a. für China, gebracht. Diese Region zählte noch vor 40 Jahren zu den ärmsten der Welt. Mit steigendem Lebensstandard wurde es auch in einigen Staaten möglich, Fortschritte bei der Demokratie sowie in anderen Fragen wie Umwelt-, Arbeits- und Sozialstandards zu erzielen.

In vielen Ländern Afrikas und in einigen Staaten Lateinamerikas stagnierte dagegen das Wachstum oder war sogar rückläufig. So nahm dort die Armut zu und in vielen Fällen, insbesondere in Afrika, wurden die Probleme noch durch ungünstige Umweltbedingungen wie Dürrekatastrophen, epidemische Krankheiten (Aids) und Kriege verschlimmert.

Die Finanzkrisen in scheinbar erfolgreichen Schwellenländern in den 1990er Jahren haben auch eindeutig gezeigt, dass die Chancen der Globalisierung nicht ohne Risken sind. Diese Risken ergeben sich zum Teil aus unsicheren Kapitalströmen (spekulativen Kapitalanlagen) und teilweise durch die Risken sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Katastrophen, die durch Armut verursacht werden. Armut zählt indirekt auch zu jenen zentralen Ursachen, die den „globalisierten“ Terrorismus entstehen haben lassen.


Dieser Essay stammt mit freundlicher Genehmigung des Verlags aus dem Buch:

© 2007 by Styria Verlag in der, Verlagsgruppe Styria GmbH & Co KG, Wien
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