Was versteht man unter Menschenrechten?#
Otmar Höll
Mit dem Begriff Menschenrechte werden im politischen und wissenschaftlichen Sprachgebrauch meist jene prinzipiellen Freiheitsansprüche bezeichnet, die jedes auf der Welt lebende Individuum allein aufgrund seines Menschseins in Anspruch nehmen kann und die von den staatlich verfassten Gesellschaften rechtlich gesichert werden müssen. In einem solchen Sinn verstanden sind Menschenrechte „natürliche“, „vorstaatliche“, „angeborene“ und unveräußerliche Rechte jedes Einzelnen. Sie unterscheiden sich von „Bürgerrechten“ dadurch, dass sie nicht auf eine bestimmte Staatsangehörigkeit hin beschränkt sind, sondern auf alle (auch Nicht-Staatsbürger) auf einem bestimmten Staatsgebiet lebenden Menschen angewandt werden müssen.
Mit der Gründung der UNO im Jahr 1945 wurde die Entwicklung eines universalen Menschenrechtsschutzes in die Wege geleitet, der bereits in Artikel 1/Zi. 3 sowie im Artikel 55 der UNO-Charta niedergelegt wurde. Eine Definition der Menschenrechte wurde erstmals am 10. Dezember 1948 in der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“, einer völkerrechtlich nicht verbindlichen Resolution der UN-Generalversammlung sowie in den beiden 1966 verabschiedeten und 1976 in Kraft getretenen (und daher völkerrechtlich verbindlichen) Pakten über wirtschaftliche, soziale und kulturelle sowie über bürgerliche und politische Rechte niedergelegt, die heute von knapp 150 Staaten ratifiziert worden sind.
Darüber hinaus hat die UNO eine ganze Reihe anderer Abkommen geschlossen, um die Achtung der Menschenrechte zu fördern. Zu diesen Abkommen gehören unter vielen anderen ein Abkommen gegen den Völkermord aus 1948, gegen Sklaverei und Sklavenhandel von 1953, gegen Zwangsarbeit von 1957, gegen die Apartheid 1973, gegen Rassendiskriminierung 1966 usw. Staaten sind verpflichtet, in regelmäßigen Abständen über die innerstaatliche Durchführung der in den Menschenrechtsverträgen niedergelegten Verpflichtungen zu berichten. Diese Berichte werden von einem internationalen Expertengremium geprüft und mit Vertretern der Staaten besprochen. Gerade in jüngster Zeit wurde die lange Jahre bestehende UN-Menschenrechtskommission durch den effektiveren und permanent tagenden Menschenrechtsrat, der in Genf angesiedelt ist, ersetzt.
Nur Europa und Amerika, mit inhaltlichen Abstrichen auch Afrika, haben regionale Instrumente entwickelt, um den Schutz der Menschenrechte und ihre rechtliche Durchsetzung sicherzustellen. In Europa wurde 1950 die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten gegründet, die amerikanische Menschenrechtskonvention stammt aus dem Jahr 1969. Beide sehen juristische Verfahrensregeln vor, die es jedem einzelnen Europäer und Amerikaner ermöglichen, den Menschenrechtsgerichtshof anzurufen, wenn der innerstaatliche Rechtsweg erschöpft ist. Afrika hat mit der „Banjul- Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker“ von 1981 ebenfalls ein regionales Instrument des Menschenrechtsschutzes geschaffen, der eine starke gruppenrechtliche Komponente aufweist. Eine Individualbeschwerde ist jedoch nicht möglich.
Dieser Essay stammt mit freundlicher Genehmigung des Verlags aus dem Buch: