Was sind und was können NGOs?#
Otmar Höll
Mit dem Begriff NGO (aus dem Englischen, Non-Governmental Organisations) meint man auf Dauer organisierte Assoziationen, d. h. Zusammenschlüsse von Menschen, die nicht auf Gewinn orientiert, nicht von staatlichen Institutionen organisiert oder politisch abhängig sein dürfen und die auf freiwilliger Basis meist problembezogene Aktivitäten setzen. Ihr Aktivitätsbereich reicht vom Sport- über den Kleintierverein bis zu großen politischen und international agierenden Einrichtungen wie Amnesty International, Greenpeace oder Global 2000.
Meistens zeichnen sich diese Organisationen dadurch aus, dass ihre Zielvorstellungen von jenen offizieller Regierungen abweichen. In den letzten 30 Jahren haben derartige Organisationen in Folge der weltweiten Internationalisierung bzw. Globalisierung immer mehr an Bedeutung gewonnen. In einem normativen, positiven Verständnis von NGOs zählen sie zu jenem Teil der so genannten „internationalen Zivilgesellschaft“, die sich vor allem für Bereiche einsetzt, die in der offiziellen Politik vernachlässigt werden. In einem nicht normativen Verständnis von NGOs gehören zu dieser Institutionengruppe aber auch terroristische Gruppen oder Gruppierungen im Rahmen der organisierten Kriminalität.
Seit mehr als 30 Jahren – auslösend war die erste Welt-Umweltkonferenz 1972 in Stockholm – haben Internationale NGOs (INGOs) immer mehr zu Fragen und Problemen des internationalen Systems Stellung genommen. Nicht selten haben sie dabei die Zusammenarbeit mit IGOs (International Governmental Organisations wie die Vereinten Nationen, die Weltbank oder die Welthandelsorganisation) gesucht. In ihrem Selbstverständnis sind sie aber eher als „Gegen- oder Parallel-Elite“ zu nationalstaatlichen Vertretern zu sehen. Da sie in der Zwischenzeit große Erfahrungen machen konnten, bilden die INGOs heute eine Art paralleler Konferenz-Diplomatie („Second-Track Diplomacy“), die bei der Lösung spezifischer fachlicher internationaler Probleme nicht selten größere Kompetenzen als Diplomaten aufweisen können. Zudem wirken INGOs auch als spezifische Konfliktmanagement- Agenturen, die nicht selten auch mediative Aufgaben aufgrund ihrer multinationalen Zusammensetzung übernehmen können.
In den 1980er Jahren gelang es den Entwicklungs- NGOs, nachhaltig Einfluss auf die Programmgestaltung der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds auszuüben, wovon die Programmatik der 1990er Jahre dann auch tatsächlich geprägt war.
Bis heute ist es den INGOs immer wieder gelungen, die internationale Öffentlichkeit über verschiedene Medien (Presse, TV, Internet) über allgemeine politische Probleme zu informieren und zu aktivieren. Sie nützen das öffentliche Interesse einer nationalen oder internationalen Öffentlichkeit, um das politische Handeln von Staaten in ihrem Sinn zu beeinflussen.
Dieser Essay stammt mit freundlicher Genehmigung des Verlags aus dem Buch: