Sind wir auf dem Weg zu einer europäischen Armee?#
Erwin Schmidl
Im Zuge der europäischen Einigung sollte die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG, 1952) eine europäische Armee bilden. Ihre Umsetzung scheiterte allerdings 1954, als die französische Nationalversammlung die Ratifizierung verweigerte.
Seit 1970 entstand die Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ) als erster Versuch einer Koordination der Außenpolitiken der EG-Mitglieder. Mit dem EU-Vertrag von Maastricht (1992, in Kraft seit November 1993) wurde die Gemeinsame Außenund Sicherheitspolitik (GASP) als zweite der „drei Säulen“ der Europäischen Union geschaffen.
Im Rahmen der GASP wurde ab 1998 die Westeuropäische Union (WEU, entstanden 1948 bzw. 1954) als militärische Komponente in die EU integriert; 2000 beschloss der Europäische Rat in Nizza eine Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP). Diese sollte es der Europäischen Union ermöglichen, bei Krisen in der Nachbarschaft (wie im ehemaligen Jugoslawien ab 1991) frühzeitig stabilisierend einzugreifen.
Bereits 1997 wurden im Amsterdamer EU Vertrag die „Petersberg-Aufgaben“ (Maßnahmen zur Konfliktverhütung und Krisenbewältigung, z. B. Friedenseinsätze, wie sie 1992 vom Ministerrat der WEU auf dem Petersberg bei Bonn beschlossen worden waren) in die EU übernommen. Auf den Europäischen Räten von Köln und Helsinki wurde 1999 das Ziel festgelegt, bis 2003 bis zu 60.000 Soldaten und 5.000 Polizisten einsatzbereit zu haben („Helsinki Headline Goal“ – dieses Ziel wurde noch nicht erreicht). Ergänzend wurde 2004 beschlossen, 13 mobile Kampftruppen (EU Battle Groups) in Stärke von je 1.500 Mann für rasche Kriseninterventionen zu bilden.
An entsprechenden Strukturen verfügt die EU über das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSK) unter Aufsicht des Rates, den Militärausschuss (EUMC) und den Militärstab (EUMS). Innerhalb des NATO Hauptquartiers besteht eine EU-Planungszelle, um NATO-Ressourcen für EU-Einsätze zu nutzen.
Die älteste EU-Mission ist die seit 1991 bestehende Beobachtermission ECMM/ EUMM im ehemaligen Jugoslawien. Seit 2003 waren kleinere EU-Missionen in Mazedonien („Concordia“, „Proxima“) und im Kongo („Artemis“) im Einsatz. Derzeit führt die EU die Polizeimission in Bosnien-Herzegowina (EUPM) und die Beobachtermission AMM in Aceh (Indonesien). Seit Dezember 2004 wird die militärische Friedenstruppe in Bosnien-Herzegowina als EUFOR (Operation Althea, benannt nach einer griechischen Göttin) durch die EU geführt.
Seit 1987 besteht eine deutsch-französische Brigade (Kommando in Straßburg, 1991 einsatzbereit). 1992/93 wurde unter Beteiligung Deutschlands, Frankreichs, Belgiens, Spaniens und Luxemburgs das Eurokorps geschaffen, das seit 1995 in einer Stärke von bis zu 50.000 Mann der EU und der NATO zur Verfügung steht. 2004/05 übernahm das Eurokorps für sechs Monate die Führung der internationalen Friedenstruppe in Afghanistan (ISAF).
Dieser Essay stammt mit freundlicher Genehmigung des Verlags aus dem Buch:
Internationale Friedenstruppe in Afghanistan ???? Zehn Jahre nichts produziert als Leichen. Auch die letzten Wahlen konnten wieder nicht ausreichend geschützt werden. Erfreulicherweise werden schon andere Lösungen angedacht und verhandelt !
--Glaubauf Karl, Montag, 20. September 2010, 21:46