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Reiner Klang in einem Saal aus Gold #

Seit zwei Jahrhunderten prägt die „Gesellschaft der Musikfreunde in Wien“ die Musikwelt, stets in engem Kontakt mit großen Komponisten, Dirigenten und Orchestern. Hier ist die Musik in einer Klangqualität zuhause wie sonst nirgendwo.#


Von der Wochenzeitschrift Die Furche (Donnerstag, 10. November 2011) freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

Von

Johannes Preßl


Wiener Musikverein
Wiener Musikverein.
Foto: © Die Furche
Wiener Musikverein
Wiener Musikverein.
Foto: © Die Furche
Wiener Musikverein
Wiener Musikverein.
Foto: © Die Furche

Im Jahr 1812 setzten 507 „Musikfreunde und -freundinnen“ in Wien ihre Unterschrift auf eine Absichtserklärung zur Gründung eines „Dilettantenvereins“ – nicht wissend, dass diese Institution bald mit legendären Konzerten, Epoche machenden Auftritten und spektakulären Uraufführungen internationale Musikgeschichte schreiben würde.

Wiener Musikverein
200 Jahre Gesellschaft der Musikfreunde. Der Wiener Musikverein. Von Michaela Schlögl Styria premium ’11.176 S., geb., € 49,99.
Foto: © Die Furche

Für die Größten der Musikgeschichte – Komponisten wie Johannes Brahms, Anton Bruckner, für Dirigenten von Wilhelm Furtwängler, Herbert von Karajan, Nikolaus Harnoncourt, Claudio Abbado, Riccardo Muti bis zu Mariss Jansons und Zubin Mehta – ist diese Gesellschaft der Musikfreunde seit zweihundert Jahren künstlerische Heimat. Die Kulturpublizistin Michaela Schlögl hat viele Details einer Institution recherchiert, die zum Sinnbild für die österreichische Musikkultur geworden ist, und einen prächtigen Bildband geschaffen, dessen erstklassige Fotos gut zur Geltung kommen.

Faszination und Symbolik der Architektur#

Franz Welser-Möst, künstlerischer Leiter der Wiener Staatsoper, schreibt im Vorwort: „Am 2. Februar 1970 durfte ich als noch nicht einmal zehnjähriger Bub mit meinen Eltern zum ersten Mal zu einem Konzert in den Wiener Musikverein. Mir unvergesslich ist in meiner Erinnerung das Gefühl, das sich beim Betreten des Goldenen Saales einstellte. Ich war überwältigt von der Schönheit, von der Aura dieses Raumes. Es war mir, als wäre ich nicht einfach ein Besucher, sondern ein mit offenen Armen Willkommener, der eingeladen war, in die Mystik und Geschichte dieses Hauses einzutauchen und hier daheim zu sein. Dieses Gefühl von Mystik, der direkten Verbundenheit mit großer Geschichte und des zuhause angekommen- Seins hat mich bis heute nicht verlassen. Es ist ein wunderbares Gefühl des Teilhabens und das wohlige Empfinden, sogar ein Teil davon sein zu dürfen, in diesem nunmehr 200 Jahre alten geheimnisvollen Kosmos.“

Wiener Musikverein
Ein Autogrammfächer aus der Zeit um 1890/1900: Er trägt die Unterschriften von Johannes Brahms, Gustav Mahler, Johann Strauß und anderen Künstlern der Wiener Musikszene des auslaufenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts.
Foto: © Die Furche

Das sichtbare Symbol ist das 1870 eröffnete Musikvereinsgebäude, das die Botschaft des Hauses schon in seinem weithin sichtbaren Giebelfries trägt. Er zeigt die Schlüsselszene der Musik-Mythologie: Orpheus im Augenblick seines höchsten Triumphes. Kraft der Musik ist ihm das Unmögliche gelungen, nämlich den Tod zu überwinden. Berührt von seinem Gesang, entlassen die Götter der Unterwelt Eurydike aus dem Reich des Todes und geben sie dem Leben zurück. Diesen großen Moment – den größten der Musik – beschwören die Skulpturen unter dem Dachfirst des Musikvereins. Diese Kraft der Verwandlung ist ein Synonym für das Potenzial, das in der Musik steckt: eine Energie, die Grenzen sprengt. Und so ist es auch die erklärte Absicht des Intendanten Thomas Angyan, der Musik hier den größten Wirkungsraum zu verschaffen und den Musikverein zu einem dynamischen, innovativen Zentrum der Musikwelt zu machen. Mit dem Bau der „neuen Säle“ und einer Ausweitung des Programmangebotes hat er wesentliche Schritte in diese Richtung gesetzt.

Dass die Musik zu ihrer Wirkung kommt, verdankt sie im Musikverein der einzigartigen Akustik des Goldenen Saales. Das internationale Publikum schätzt ihn, weil man hier von allen Plätzen aus in gleicher Qualität hört, für die Künstler zählt er zu den weltweit beliebtesten Aufführungsorten.

Untrennbar mit der Geschichte des Hauses ist die Geschichte des Wiener Singvereines verbunden. Johannes Brahms lockte das Amt des „Artistischen Directors“ bei der Gesellschaft der Musikfreunde auch deshalb, weil er damit künstlerischer Leiter des Singvereins wurde. Unter den großen Dirigenten erreichte der Chor ein atemberaubendes Niveau. Allein Herbert von Karajan hatte für Johann Sebastian Bachs h-Moll- Messe neunzig Proben mit diesem „besten Chor der Welt“ anberaumt.

Die FURCHE,, 10. November 2011


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