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Ist Österreich neutral? (Essay)#

Peter Filzmaier

Österreich ist durch das Bundesverfassungsgesetz über die immerwährende Neutralität vom 26. Oktober 1955 ein neutrales Land. Als man 1955, zum damaligen Zeitpunkt überraschend, mit dem Abschluss des Staatsvertrags am 15. Mai seine volle Souveränität wiedererlangte, galt die später beschlossene Neutralität als politischer Preis, aber auch als Mittel zum Zweck, die Unabhängigkeit zu erhalten.

In weiterer Folge wurde die Neutralität als Identifikationsmerkmal und als Garant für Sicherheit und wirtschaftlichen Fortschritt gesehen. Auf internationaler Ebene wurde die auf ihrer Grundlage praktizierte Außenpolitik geschätzt sowie letztlich zum unverkennbaren Markenzeichen Österreichs in der internationalen Politik. Bewährungsproben bestand die militärische Neutralität beispielsweise im Ungarnaufstand 1956 und dem „Prager Frühling“ 1968.

Kritik gab es erstmals Ende der 70er Jahre seitens der damaligen Oppositionspartei ÖVP an der Gleichsetzung der Außenpolitik mit Neutralitätspolitik. Bereits durch die Koalitionsregierung von SPÖ und FPÖ kam es – nicht zuletzt wirtschaftlich und technologisch begründet – zur weiter verstärkten Hinwendung zuWesteuropa. Die große Koalition von SPÖ und ÖVP gelangte zu einer dementsprechend „realistischen Neutralitätspolitik“.

1989 waren es das Ansuchen um Mitgliedschaft bei der EG und das Ende des Ost- West-Konflikts, die dazu beigetragen haben, dass Österreich seine Neutralitätspolitik bewusst extensiver als bislang handhabte. Es wurde die Notwendigkeit erkannt, die Neutralität in Richtung auf eine verstärkte internationale Solidarität zu verändern. Aus dem Verständnis, immerwährend neutral zu sein, wurde die Sichtweise einer differentiellen Neutralität entwickelt. Das ermöglichte die Teilnahme Österreichs an der EU und an ihrer seit dem Maastricht-Vertrag intendierten Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), obwohl in dieser die Beteiligung an Sanktionen gegenüber Drittstaaten Voraussetzung ist.

Erwähnt werden muss, dass trotz zunehmend gegenteiliger Ansichten von Fachleuten – im bisherigen Verständnis der Experten würde eine Neutralität mit keinem Sicherheitssystem nach dem Ende des Ost-West-Konflikts kompatibel sein – in nahezu allen Meinungsumfragen sich eine klare Mehrheit der Bevölkerung (über zwei Drittel) für eine Beibehaltung der gegenwärtigen Neutralitätsform ausspricht, so dass bislang kein politischer Akteur Initiativen für eine auch formelle Änderung ergreifen wollte. Bundesverfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955 über die Neutralität Österreichs:

„Artikel I. Zum Zwecke der dauernden Behauptung seiner Unabhängigkeit nach außen und zum Zwecke der Unverletzlichkeit seines Gebietes erklärt Österreich aus freien Stücken seine immerwährende Neutralität. Österreich wird diese mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln aufrechterhalten und verteidigen. Österreich wird zur Sicherung dieser Zwecke in aller Zukunft keinen militärischen Bündnissen beitreten und die Errichtungmilitärischer Stützpunkte fremder Staaten auf seinemGebiete nicht zulassen.“


Dieser Essay stammt mit freundlicher Genehmigung des Verlags aus dem Buch:

© 2007 by Styria Verlag in der, Verlagsgruppe Styria GmbH & Co KG, Wien
© 2007 by Styria Verlag in der
Verlagsgruppe Styria GmbH & Co KG, Wien


Neutral ist die Schweiz, österreichischerseits ist der Begriff der Neutralität längst auf eine Formalität zusammengeschrumft, die je nach politischer Opportunität in die Diskussion eingebracht wird oder nicht.

--Aster Rix, Montag, 21. Dezember 2009, 18:59


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