Ein Ring als Freizeittempel#
Ein neues Motorsportzentrum soll für eine Wiederbelebung Spielbergs sorgen#
Von der Wiener Zeitung (Freitag, 13. Mai 2011) freundlicherweise zur Verfügung gestellt.
Ergänzung nach dem 15. Mai 2011: Die Eröffnung des Red Bull Rings erfolgt planmäßig am 15. Mai und wurde zu einem erfolgreichen und ausgelassenem Volksfest!
Red-Bull-Ring wird am Sonntag (15. Mai) eröffnet. Wirtschaftlicher Aufschwung erhofft.#
Spielberg. (art/apa) Die Kühe werden wieder da sein, auf den Weiden rund um den Kurs. Die Strecke ist dieselbe wie früher. Und natürlich sind die Hügel, die Wiesen und Wälder auch noch da, die stets unfreiwillig die werbewirksame Kulisse für die Motorsportrennen in Spielberg gebildet haben. Am Wochenende werden auch ehemalige und aktuelle Sportgrößen, allen voran Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel, zugegen sein.
Am Sonntag wird der Österreich-Ring, der neuerdings unter dem Namen Red-Bull-Ring formiert, mit einem Tag der offenen Tür feierlich wiedereröffnet. Und ein bisschen ist es dann wie früher, in der je nach Perspektive guten, alten Zeit, in der die Steiermark und Österreich noch einen Grand-Prix beherbergt haben – und doch irgendwie ganz anders.
Denn wenngleich das Layout und teilweise sogar der Asphalt auf dem 4,3 Kilometer langen Kurs mit seinen sieben Kurven in der Form erhalten wurden, in der in seiner zweiten Formel-1-Phase zwischen 1997 und 2003 befahren wurde, hat sich beim Drumherum einiges geändert, erstrahlt der Ring nun in neuem, lange nicht mehr dagewesenen Glanz.
Viele Nebenstrecken#
Eine Naturtribüne wurde errichtet, riesige Glasflächen auf dem neuen, hypermodernen Gebäudekomplex, die Konzernfarben Rot und Blau dominieren die Optik, stylische Gartenmöbel sorgen fast für südländisches Flair.
Und auch das Verhältnis der Bewohner zu dem von Dietrich Mateschitz um insgesamt 140 Millionen erschaffenen Motorsport- und Freizeitzentrum, dem "Projekt Spielberg", das auch ein Driving Center und im Umland drei neue Hotels, eine Offroad-, eine Enduro- und eine Kartstrecke umfasst, hat sich scheinbar gewandelt. Gab es früher viele Einwände wegen der angeblichen Lärm- und Schadstoff-Belastung, die neben politischen und bürokratischen Hürden zur mehrfachen Absage des Projekts geführt haben, dominieren nun die Hoffnungen auf eine Wiederbelebung der durch Abwanderung arg in Mitleidenschaft gezogenen obersteirischen Region. "Ohne Ring ist die Region tot", sagt Niki Lauda, 1984 einziger österreichischer Sieger beim Heimrennen, und viele Einwohner haben mittlerweile dasselbe befürchtet. Nun sollen laut Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann am Ring selbst sowie durch die zusätzliche Hotellerie und Gastronomie 780 Arbeitsplätze geschaffen werden, Buchmann rechnet mit einer jährlichen Wertschöpfung von 41 Millionen Euro für die Steiermark.
Ganz sind die Skeptiker freilich nicht verstummt. Ring-Gegner Karl Arbesser will als Ombudsmann penibel darauf achten, dass Lärm- und Schadstoffgrenzen eingehalten werden, die hohen Erwartungen hält er für überzogen. "Da schaue ich zu und wundere mich", sagt er. Vor allem von einer von einigen Seiten angestrebten Rückkehr der Formel 1, die hier auch schon zwischen 1969 und 1987 gastiert hat, will er nichts wissen. "Die ist schalltechnisch im Bescheid nicht unterzubringen", meint er.
"Ewig schade"#
Dennoch wird schon heuer in Spielberg regelmäßig hochklassiger Motorsport zu sehen sein. Der Ring ist bis in den September hinein mit allwöchentlichen Veranstaltungen ausgebucht, wobei die Höhepunkte der Besuch der deutschen Tourenwagenmeisterschaft DTM (3. bis 5. Juni) sowie der internationalen deutschen Motorrad-Meisterschaft IDM (19. bis 21. August) sein werden. Die Formel 1 ist derzeit ohnehin weder vorgesehen noch vorstellbar, wenngleich die Strecke sicherheitshalber die Homologisierung dafür hätte, und auch bei den Piloten stets sehr beliebt war. "Wir haben nun einmal keinen Scheich, der locker einmal 20 Millionen Antrittsgeld bezahlt", sagt Williams-Miteigentümer Toto Wolff. David Coulthard findet das "ewig schade", er wird aber im Rahmen der DTM wiederkommen.
Auch Vettel, der in seiner Analyse "Es geht auf und ab – typisch für Österreich" immerhin geografische Kenntnis beweist, wäre gerne hier gefahren. Beim Tag der offenen Tür, der ab 9 Uhr mit Konzerten, historischen Fahrzeugen, Flug- und Motorsportshows lockt, zumindest wird er gemeinsam mit dem gesamten Red-Bull-Team da sein. Wie überhaupt das Flair der alten Renn-Zeiten. Wenn sich auch der rustikale Charme den Ring nun mit der Modernität teilen muss.