Jenbach - Kufstein - Rosenheim - Wasserburg - Gars am Inn#
Freitag 17. August 2012#
Es wurde ein sonniger Tag. Am Morgen sah es noch so aus als würde es wieder regnen. Die Wolken hingen sehr tief. Die Sonne trocknete sie aber auf und zunehmend kam der blaue Himmel hervor. Ich frühstückte genussvoll. Heute wollte ich mir Zeit lassen, habe ich doch Geburtstag. Das Zeitlassen ist oft gar kein, oder wenn, nur ein geringer Zeitverlust. Ich packte alles. Meine Kleidung von gestern war noch regennass. Meine Schuhe quatschten noch. Obwohl es noch kühl war zog ich daher die Sandalen an. Der Wirt öffnete mir den Radabstellraum und ich fuhr den Ort hinunter. Beim Bahnhof bin ich mich gleich verfahren und musste zurück und über die Brücke. Dann ging es den Inn entlang. Über eine Holzbrücke querte ich den Fluss. Es ging immer durch Felder und Auen, aber meist in der Nähe des Inns. Heute waren schon mehr Radfahrer unterwegs. Das Wetter war einladend. Sowohl Langstreckenfahrer wie ich, die man an dem schweren Gepäck erkennt, als auch Tagesradler aus der Gegend.
Heute fotografierte ich mehr. Ich nahm mir mehr Zeit. Das schöne Städtchen Rattenberg, die kleinste Stadt Österreichs gab vom Flussufer aus eine schöne Kulisse.
Langsam näherte ich mich Kufstein, der letzten Stadt in Österreich. Der Inn änderte sich hier. Viele Kraftwerke, speziell im Unterlauf verändern seinen Lauf. Der Mensch greift in die Natur ein und aus dem wilden Gebirgsfluss, der er noch im oberen Inntal ist, wird er hier zum träge dahinfließenden Energiespender, sich von einem zum nächsten Kraftwerk windend. Das merke ich auch an meinen Höhenmetern. Auf den ersten 45 Kilometern nur 100 Höhenmeter. Was ist das im Vergleich zu meinem Tag über die Silvretta?
Die Burg von Kufstein sah ich schon von weitem. Am gegen-überliegenden Flussufer fotografierte ich sie dann. Über eine Brücke fuhr ich hinüber in die Stadt. Eine schöne mittelalterliche Stadt. In einem Wein-lokal kehrte ich ein. Ich saß im Schatten unter einem Sonnenschirm. Sicherheitshalber fragte ich, ob sie auch einen Apfelsaft haben. Das maximale Gefäß sei 0,3 Liter, aber die Dame richtete mir zwei her. Nachdem ich eines ausgetrunken hatte erforschte ich die Stadt. Ich brachte die nicht mehr benötigten Radkarten zur Post und schickte sie heim. In einer Apotheke kaufte ich eine Creme, die meine Muskeln, speziell in den Oberschenkeln entkrampfen sollten.
Zurück im Weinlokal bestellte ich ein Glas Sekt. Die Dame fotografierte mich damit. Ich erklärte ihr, dass ich eben heute Geburtstag habe.
Kufstein ist ein liebes, besinnliches Städten. Ich erholte mich und blieb eine Stunde bis ½ 12. Dass tat auch meinem Telefon gut, das hier aufgeladen wurde.
In Kufstein ging der Radweg gleich unterhalb des Hauptplatzes, an dem ich saß weg.
Es war Nordwind und ich hatte, so wie gestern, wieder Gegenwind. Einige Kilometer fuhr ich im Windschatten einer Frau und eines Mannes. Zuerst hinter der Frau. Als es der unangenehm wurde wechselte ich hinter das Rad des Mannes. Irgendwann blieben sie aber stehen und ich musste mich alleine gegen den Wind stemmen.
Nun folgte ich auf einem Damm neben dem Fluss dem Radweg. Er war grob geschottert. Ich hatte Angst um meine Reifen.
Ich kam am Dorf meines Schulfreunds Helmut Redl vorbei, rief ihn aber nicht an, weil ich keine Zeit verlieren wollte. Der Fluss hatte hier keine Strömung mehr. Ein Kraftwerk folgte dem nächsten.
Ich wollte eine Mittagsrast machen. So wie immer eine Pause nach 40 Kilometern. Dann ergab es sich, dass ich bis Rosenheim kam.
Irgendwie kam ich ins Stadtzentrum. In einer kleinen Nebengasse fand ich ein sehr nettes Restaurant. Es hieß "Weinhaus zur historischen Weinstube". Eine junge Dame legte mir die Speisekarte hin und ich wusste sofort, was ich wollte. Da gab es ein Menü mit Fischgemisch und einem Parfait als Nachspeise. Dazu wie üblich ein großes Obi gespritzt. Es war eine Fußgeherzone. Die Tische standen auf der Straße. Ich fand einen kleinen an der Hausmauer mit Sonnenschirm. Ich bin ohnehin ganzen Tag der Sonne ausgesetzt, da will ich zu Mittag Schatten. Das Rad parkte ich gleich neben dem Tisch. So hatte ich es im Blickfeld. Ich war weiter gekommen als gedacht und geplant. Entlang des Inns war der Radweg aber sehr eintönig. Immer schnurgerade dem Fluss folgend. Ein Schotterweg, auf dem man auch nicht so schnell als auf einer Asphaltstraße fahren konnte. Mehrere Kraftwerke am Weg. Der Inn war fast durchgehend aufgestaut. Der Radweg ging auf beiden Seiten. Ich entschied mich für die östliche. Da war ich auch länger in Österreich. Ziemlich lange ist der Inn hier der Grenzfluss zwischen Deutschland und Österreich.
Ich liebe die Stille eines Klosters. Ich sitze im Kräutergarten des Klosters in Gars. Meine Quartiergeberin hat mir empfohlen nach Gars in das Klosterstüberl zu fahren. Ein Innenhof eines Redemptoristenklosters. 768 als Augustiner Chorherrenstift gegründet wurde es 1803 aufgelöst. 1858 wurde es von den Redemptoristen wieder aktiviert.
Es war zwar ein bescheidenes Essen: Debrezinerwürstel und ein Bier, aber bedingt durch die Umgebung war es wunderschön. Nach einem barocken Vorbild ist der Innenhof als Kräutergarten angelegt. Ich habe viele Blumen fotografiert und bin durchgegangen. Über der Vierung des Hofes ragt das Kirchenschiff und die beiden Kirchtürme. In der Mitte plätschert ein kleiner Brunnen. Das beruhigt. Der Hof war ursprünglich der Novizenhof. Neu Eingetretene durften das erste Jahr das Kloster nicht verlassen. Sie mussten sich klar darüber werden, ob sie wirklich ihr ganzes Leben im Kloster bleiben wollen. Ein schöner Innenhof sollte diese Einsamkeit und Klausur etwas verschönern. Ich kenne das Novizenjahr noch von meinem Bruder.
Am Vormittag bin ich in Kufstein weggefahren und habe dann in Rosenheim Mittag gegessen. Viele Punkte des Radweges kamen mir bekannt vor und erinnerten mich an die Fahrt mit Hannelore von Innsbruck nach Passau vor vielen Jahren.
Bis nach Wasserburg waren es dann noch 40 Kilometer. Der Weg führte am Damm entlang. an der Westseite des Inns. Nach Rosenheim war ein großes Überschwemmungsgebiet. Schilf und Tümpel mit Wasser wo ich einige Fischreiher sah. Dazwischen Fußballplätze. Hier gab es wieder mehrere Radfahrer. Ich kreuzte den Inn. Immer wieder tauchten Dörfer auf. Vom Radweg gab es Wegweiser und Werbung zu naheliegenden Gasthäusern. Ich blieb einige Male stehen um zu trinken. Es war heiß und die Sonne heizte ein.
Dann führte der Radweg weg vom Inn. Leute, die ich fragte sagten, dass ein Grundbesitzer am Flussufer gegen die Radfahrer sei und des-wegen müsse dieser Umweg gefahren werden. Es war hügelig und ging bergauf und bergab. Zur Stadt Wasserburg musste ich steil hinunter fahren. Eine mittelalterliche Stadt, die am anderen Flussufer liegt. Eine Steinbrücke verbindet sie mit dem Ufer. Wie für eine Filmkulisse sind die Häuser am Ufer erbaut. Innen, nach dem ich ein altes Stadttor passierte, öffnete sich eine malerische alte Stadt. Wunderbare alte Häuser. In einer Konditorei kehrte ich ein. Ich bestellte mein übliches Obi gespritzt und da es eine Konditorei war zwei Bällchen Vanilleeis. Die Kellnerin lud mein Handy auf.
Die Rast tat mir sehr gut. Ich wollte noch bis Gars. Als ich mein Handy wieder hatte telefonierte ich mit einem Gasthaus in Gars. Die Dame reservierte mir ein Zimmer. Jetzt musste ich aus dem engen Tal und aus der Stadt wieder hinaus. steil ging die Straße nach oben. Dann ging ein Radweg weg, der noch steiler war. Der Radführer versprach eine schwierige Strecke. Sie war aber viel komplizierter, als beschrieben. Anstelle der angegebenen 14 Kilometer brauchte ich bis Gars 22. Oft ging es steil hinauf. Viele Leute fragte ich nach dem Weg. Oft bekam ich widersprechende Auskünfte. Es war die komplizierteste Strecke und die am schlechtesten ausgeschilderte bis jetzt. Die Leute, die ich fragte waren alle sehr freundlich und bemüht, aber oft gaben sie falsche Auskünfte. Irgendwie kam ich dann doch nach Gars. Zuerst zum Ortsteil Gars Bahnhof. Neben dem Bahnhof war ein kleines Buffet. Männer saßen im Freien. Ich fragte sie nach dem Gasthaus, wo ich reserviert hatte. Das sei sieben Kilometer weg und es ginge noch steil nach oben. Ich fragte nach einem Quartier hier in der Nähe. Ein Mann ging mit mir zu einem Anschlagbrett der Gemeinde und zeigte mir eine Pension, die nur einen halben Kilometer weg war. Ich fuhr hin. Eine Frau, die sich gerade die Haare gewaschen hatte war da und zeigte mir das Zimmer, das sie frei hatte. Es war ein schönes Haus. Es gab auch kleine Kinder. Die Frau dürfte die Großmutter sein. Sie hatte Nichts zu essen und empfahl mir im Ort das Klosterstüberl. Das wären zwei Kilometer zum Radeln. Steil musste ich den Berg zum Kloster hinauf. Ich kam in den Ort. Ein großer Marktplatz. Mehrere Gasthäuser. Ich fuhr eine Runde und fragte dann nach dem Klosterstüberl. Man erklärte es mir. So kam ich zu diesem Kloster und seinem ruhigen Innenhof. Ich beschloss mein Geburtstagsessen mit einem Glas niederösterreichischen Veltliner und einer Torte. Dann fuhr ich zum Quartier zurück. Es war ein lauer Sommerabend.
Ich sitze noch am Balkon meines Zimmers, es ist absolut ruhig. Nur ein Mal ist ein Zug vorbeigefahren. Da es eine Nebenstrecke ist, wird das nicht oft vorkommen.
Ich habe den Tag nochmals Revue passieren lassen. Nur so im Kopf. Es war ein schöner Tag. Ich habe wieder viel gesehen und viel erlebt. Ich bin zufrieden. Oft sind es die kleinen Dinge, die stark berühren. So war mein Abend im Kräutergarten des Klosters tief eingeprägt.
Viele SMSe und Emails habe ich zu meinem Geburtstag bekommen:
Margit, Helga, Christian, Lule, Mini Maus aus China, Dong, Peter und Magda, Artan Behrami, Dieter Boyer, Daniela Placht, Gerhard Holzer, Bernulf Bruckner, Margit Rathmanner, Ludwig und Maria, natürlich die Familie mit Lorli, Karoline und Markus mit Miriam. Im Zimmer baute ich mein Geburtstagsgeschenk, den neuen Fotoapparat auf und fotografierte ihn mit dem Handy.
Ein schöner Geburtstag, auch wenn es nicht schön ist älter zu werden. 63! Ein Wahnsinn. Habe nie gedacht so alt zu werden.