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Durch Feuer und Rauch die Götter zu ehren#

Eine Sang puja im Kloster Spituk in Ladakh#

Von

Günther Jontes

Alle Bilder wurden vom Verfasser in den Jahren 1981 und 2000 aufgenommen. Sie sind Teil des Archives „Bilderflut Jontes“. Die tibetischen Fachausdrücke des Rituals wurden zum Teil dem Werk „Buddhism in Tibet“ von Emil Schlagintweit 1863 (Reprint Delhi 1999, Bibliothek des Verfassers) entnommen.

Lama bei einer Sang puja
Lama bei einer Sang puja, unter CC BY 4.0

Der tibetische Buddhismus kennt verschiedene Wege zum Endziel Erleuchtung, Wiedergeburt und Nirvana. Mehrere Richtungen, die man „Orden“ nennen könnte, und die einander nicht ausschließen, haben die Lehre des Buddha und die damit zum Vajrayana oder „Donnerkeilpfad“ verbundenen vorbuddhistischen animistischen Vorstellungen in ihrem jeweiligen Sinne interpretiert. Daraus entstand eine höchst komplizierte Theologie und Mythologie mit einer Fülle bunter Zeremonien und Rituale. Die heute am stärksten vertretene Richtung ist die der reformistisch gesinnten Gelukpa oder „Gelbmützen“, deren spirituelles Oberhaupt der Dalai Lama ist. Dieser gilt als die irdische Erscheinungsform des Bodhisattvas der Barmherzigkeit Avalokiteshvara (tib. sPyan ras gsigs / Tschenresi).

Während im seit 1949 von China besetzten Tibet die Kulturrevolution Mao Zedongs den Buddhismus auszulöschen begann und unersetzliche Kulturschätze vernichtete oder gegen Devisen ins Ausland verschacherte, ist der westlichste Teil des tibetischen ethnischen und kulturellen Gebietes verschont geblieben, denn dieser ist als Ladakh Teil des indischen Staatsgebietes und liegt im Bundesstaat Jammu und Kaschmir. Hier haben die Klöster mit ihren Mönchsgemeinschaften überlebt und können zum Teil auf eine über tausendjährige ungebrochene Tradition zurückblicken.

Eines davon ist das in 3300 m Seehöhe liegende Kloster Spituk unweit der ladakhischen Hauptstadt Leh. Es zählt zu den drei ältesten Klöstern (tib. gompa) und wurde im 11. Jahrhundert als Njingma Kadampa-Niederlassung („Rotmützen“) gegründet, jedoch im 15. Jahrhundert von den Gelukpa übernommen. Unter diesem „Orden“ ist es das bedeutendste im Lande. Seine intelektuellen und spirituellen Qualitäten spiegelt sich auch im alten Namen Spituk, welcher soviel wie „beispielhaft“ bedeutet.

Spituk Gompa, das Gelukpa-Kloster bei Leh
Spituk Gompa, das Gelukpa-Kloster bei Leh, unter CC BY 4.0
Blick vom Kloster ins Tal
Blick vom Kloster ins Tal, unter CC BY 4.0
Umgeben von einem Kranz herrlicher Berge
Umgeben von einem Kranz herrlicher Berge, unter CC BY 4.0
Siegesbanner (tib. gyaltsen) in der Nähe von Spituk
Siegesbanner (tib. gyaltsen) in der Nähe von Spituk, unter CC BY 4.0

Sein Abt ist der jeweils wiedergeborene Bakula Rimpoche. Der 2004 verstorbene Bakula war auch eine politische Größe, vertrat Ladakh im indischen Parlament und wirkte nach der Wende in der Republik Mongolei dort als indischer Botschafter.

Wenn der Bakula im Kloster nicht zugegen ist, steht sein Bild auf dem Abtthron und vertritt ihn gleichsam
Wenn der Bakula im Kloster nicht zugegen ist, steht sein Bild auf dem Abtthron und vertritt ihn gleichsam, unter CC BY 4.0
Bakula Rimpoche von Spituk als indischer Botschafter bei einem Diplomatenempfang in der mongolischen Hauptstadt Ulan Baatar
Bakula Rimpoche von Spituk als indischer Botschafter bei einem Diplomatenempfang in der mongolischen Hauptstadt Ulan Baatar, unter CC BY 4.0

Der tibetische Buddhismus kennt eine große Zahl von Liturgien und Ritualen. Herbeirufung, Einladung und Begrüßung der Götter, Verehrung durch Musik, Rezitation. immaterielle und materielle Opfergaben, Beschwichtigung und Beruhigung der furchterrregenden Schutzgötter der Lehre, Danksagung sind die Hauptelemente der Rituale, die im Kloster vollzogen werden. Auch geheimnisvolle magische Praktiken gehören dazu. Zu den spektakulärsten zählt dabei ein Sang puja, bei welchem Buddhas und Bodhisattvas, die Schutzgötter, dazu lokale Gottheiten, Berggötter, Elementengeister, aber auch die hungrigen Geister der Zwischenreiche des Bhavacakra („Rad der Wiedergeburten“) angerufen werden.

Bei diesem Ritual werden Opfergaben verschiedener Art (tib. sangdze) auf einem Herd verbrannt. In Feuer und Rauch nehmen die Angerufenen diese Opfer wohlgefällig an, die sich in Flammen, Rauch und Wohlgeruch auflösen. Das können Speisen, kleine Teigfiguren (tib. gtorma). Getreidekörner, Gräser usw. sein, welche sorgfältig und geordnet schon vor Beginn neben einem Feuerherd bereitgelegt werden.

Sang puja
Sang puja Vorbereitungen, unter CC BY 4.0
Sang puja Vorbereitungen
Sang puja Vorbereitungen, unter CC BY 4.0
Sang puja Vorbereitungen
Sang puja Vorbereitungen, unter CC BY 4.0

Inzwischen haben Mönche einer höheren Einweihungsstufe ihre Plätze eingenommen und beginnen zu ihrem gewöhnlichen Habit zusätzliche Paramente anzulegen, zu welchen u.a. bunte Hals- und Schulterkrägen und sogenannte Bodhisattvakronen gehören. Vor ihren Sitzen haben sie die Blätter liturgischer Texte, Donnerkeile (tib. dorje) und Glocken (tib. drilbu) aufgelegt. Das alles geschieht in aller Ruhe und ohne Hast und Eile.

Zeremonie
Zeremonie, unter CC BY 4.0
Zeremonie
Zeremonie, unter CC BY 4.0
Zeremonie
Zeremonie, unter CC BY 4.0
Zeremonie
Zeremonie, unter CC BY 4.0
Zeremonie
Zeremonie, unter CC BY 4.0

Nun erscheint der Abt, der die Zeremonie leitet. Er legt mit Hilfe eines Assistenten einen Chormantel um, ein reich verzierter Halskragen wird ihm angezogen und schließlich setzt auch er sich eine Bodhisattvakrone auf. Sein Thron steht hinter dem weißgekalkten Herd, auf welchem die Opfergaben den Flammen überantwortet werden sollen.

Zeremonie
Zeremonie, unter CC BY 4.0
Zeremonie
Zeremonie, unter CC BY 4.0
Zeremonie
Zeremonie, unter CC BY 4.0
Zeremonie
Zeremonie, unter CC BY 4.0
Zeremonie
Zeremonie, unter CC BY 4.0
Zeremonie
Zeremonie, unter CC BY 4.0
Zeremonie
Zeremonie, unter CC BY 4.0

Auf dem Herd werden ein großer (tib. gangzar) und ein kleinerer Opferlöffel (tib. lugzar) bereitgelegt. Mit diesen wird duftendes Öl in die Flammen geträufelt. Das Feuer selbst wird mit den als Brennstoff landesüblichen getrockneten Rinderfladen genährt.

Zeremonie
Zeremonie, unter CC BY 4.0
Zeremonie
Zeremonie, unter CC BY 4.0
Zeremonie
Zeremonie, unter CC BY 4.0
Zeremonie
Zeremonie, unter CC BY 4.0

Mit dem kleinen Löffel wird das Öl in den größeren gegossen. Aus diesem fließt es in die Flammen und verbreitet lieblichen Duft, der den Göttern wohlgefällig ist. Die Opfergaben werden stückweise den Flammen überantwortet.

Zeremonie
Zeremonie, unter CC BY 4.0
Zeremonie
Zeremonie, unter CC BY 4.0

Die Zeremonie wird musikalisch von paarweise geblasenen Oboen (tib. rgyagling) begleitet.

Zeremonie
Zeremonie, unter CC BY 4.0
Zeremonie
Zeremonie, unter CC BY 4.0

In tiefer Ehrfurcht versunken folgen die Auftraggeber den heiligen Handlungen


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