Wurzelwachstum: Brassinolid löst Bremse#
Wie ein Slalomfahrer um die Stangen kurvt, so müssen auch Pflanzenwurzeln Hindernissen auf ihrem Weg durch die Erde ausweichen. Und auch für Wurzeln gibt es eine Ideallinie: Nachdem sie ein Hindernis umrundet haben, müssen sie rasch wieder in Richtung der Schwerkraft weiterwachsen.#
Maria Akhmanova, Postdoc in der Siekhaus Gruppe am Institute of Science and Technology Austria (IST Austria) zeigte gemeinsam mit der 2. Hauptautorin Katarzyna Retzer, Postdoc am Institute of Experimental Botany of the Czech Academy of Sciences, Prag in der von Professor Christian Luschnig, Universität für Bodenkultur, geleiteten Studie, dass das Pflanzenhormon Brassinolid eine wichtige, unerwartete Rolle beim Einhalten der „Ideallinie“ spielt. Die Ergebnisse wurden kürzlich im Fachmagazin Nature Communications veröffentlicht.
Um festen Halt, Wasser und Nährstoffe zu finden, müssen keimende Wurzeln die Richtung der Schwerkraft erkennen, sich entsprechend biegen und nach unten wachsen. Damit sich die Wurzel biegt, wird das Wachstum von Zellen auf einer Seite der Wurzel gehemmt, während Zellen auf der anderen Seite weiterwachsen. Diese Wachstums-Hemmung wird vom Pflanzenhormon Auxin ausgelöst. Auxin wiederum wird vom Transportmolekül PIN2 von Zelle zu Zelle weitertransportiert. Bisher wurde angenommen, dass eine erhöhte Konzentration von PIN2 auf der nicht wachsenden Seite der Wurzel zu einer erhöhten Konzentration von Auxin führt, das dort als „Stop-Signal“ für die Zellen agiert.
Unerwarteter Effekt des Auxinflusses#
In ihrer Arbeit simulierte Akhmanova das Verhalten von Auxin in Pflanzenzellen in einem Computermodell. So konnte sie nun zeigen, dass das Mehr an PIN2-Transportern hingegen dazu führt, dass mehr Auxin aus den Zellen hinausfließt, die Konzentration von Auxin in den Zellen also sinkt. Damit fließt das Stop-Signal aus den Zellen hinaus und die Zellen beginnen wieder zu wachsen. „Auxin bremst das Wachstum der Zelle. Die PIN2-Transporter lösen diese Bremse und die Zellen wachsen weiter“, erklärt Akhmanova. „Die erhöhte PIN2-Konzentration und der Auxin-Fluss in die Wachstumszone der Wurzel ist also nicht ein Mechanismus dafür, dass sich die Wurzel biegt. Stattdessen dient es dazu, dass die Wurzel aufhört, sich zu biegen, und wieder in Richtung der Schwerkraft wächst.“
Experimentell zeigte die Ko-Erstautorin Katarzyna Retzer, vormals Doktorandin in der Gruppe von Luschnig und jetzt am Institute of Experimental Botany of the Czech Academy of Sciences, dass ein weiteres Pflanzenhormon, Brassinolid, eine wichtige Rolle beim Stoppen der Wurzel spielt. Brassinolid reguliert, wie viel PIN2-Transporter sich in der Außenhülle einer Pflanzenzelle befindet. Retzer fand heraus, dass Brassinolid die Entfernung von PIN-2 Transportern von der Zelloberfläche an der Unterseite der Wurzeln stoppt und sich daher mehr PIN2-Transporter in Zellen an dieser Seite befinden. „Mit unserem theoretischen Modell konnten wir zeigen, dass das Biegen der Wurzel anders abläuft, als zuvor erwartet“, fasst Akhmanova zusammen.