Die Farbe Gold#
von Peter Diem Hans Biedermann (Knaurs Lexikon der Symbole. München 1989, 165
Links das Siegel der "Goldenen Bulle" Karls IV. aus dem Jahr 1356 - es war dies das Grundgesetz des Römischen Reiches, das die Modalitäten der Königswahl und andere Privilegien festchrieb.
Gold ist ein sehr seltenes, korrosionsfreies und glänzendes Metall. Als das edelste der Metalle symbolisiert es Unvergänglichkeit, Ewigkeit, Vollkommenheit und Tugend. Gold ist „verflüssigte Sonne" und steht daher auch für Energie, Fülle und Stärke. Seiner der Sonne ähnlichen Strahlkraft wegen wird es zum Zeichen für (esoterische) Erkenntnis, aber auch zum Hoheitssymbol. Für die Kirchenväter symbolisiert Gold das Königtum Gottes (die Magier aus dem Morgenland brachten es ja dem neugeborenen König der Juden dar).
In der mittelalterlichen Kunst weist Gold als Hintergrundfarbe bei Heiligendarstellungen auf die Verklärung hin. Dieselbe Funktion mag es in der Kunst der griechischen und russischen Ikonen haben. In der christlichen Symbolik bezeichnet Gold auch die höchste aller Tugenden, die Liebe.
Wie alle Symbole ist auch die Farbe Gold ambivalent. Sie drückt im negativen Sinn irdischen Reichtum und die Abwendung von den wahren Werten aus - so im Fluch, der auf dem Nibelungenschatz ruht, oder im „Mammon" im „Jedermann". Als Ausdruck des Geizes und des Geldes wird Gold in der Traumsymbolik in die Nähe der Exkremente gerückt (vgl. auch das Bild vom „Goldesel", der schon bei den Azteken ein Vorbild hat, die das Gold als die „Ausscheidung des Sonnengottes" bezeichneten).
In der österreichischen Heraldik spielt der „Orden vom Goldenen Vlies" eine große Rolle. Das Gold kommt in unzähligen Herrschaftssymbolen (z. B. den Reichsinsignien und Privatkronen) zum Ausdruck. Gold hat auch als Farbe der Attribute des österreichischen Wappenadlers eine heute kaum jemandem bewusste Bedeutung (vgl. den Beitrag über das österreichische Bundeswappen).
Die Farbe Gelb#
Obwohl wir bei der Betrachtung der Farbe „Gold" darauf verwiesen haben, dass diese im heraldischen Verständnis mit Gelb austauschbar ist, zeigt sich bei der genauen Analyse der Bedeutung von Gelb im politischen Bereich, dass das ganz und gar nicht immer der Fall ist.
Zwar war Gelb die Farbe chinesischer Kaiser und malaiischer Sultane (also eine Herrscherfarbe, abgeleitet vom Gold der Sonne), zwar kleidet diese Farbe bis heute die buddhistischen Mönche als Zeichen von Anspruchslosigkeit und Demut, doch schwenkte schon in der Antike das Positiv-Dionysische in das Negativ-Hetärenhafte um. Die Farbe Gelb ist äußerst ambivalent besetzt: Das Gelb des Ostereis, vom geliebten Mädchen als Zeichen der Erhörung dargebracht, kann bald zur Farbe brennender Eifersucht werden.
Deshalb war schon im Mittelalter das Gelb die Symbolfarbe für die Ausgestoßenen, jene, die sich in „sozialer Quarantäne" befanden: Juden, Dirnen, Ketzer. Nach einer Verordnung Karls V. hatten die Juden einen gelben Tuchlappen zu tragen, oder es wurde ihnen der gelbe Judenring an die Brust geheftet - in dieser Tradition war auch der Judenstern der Nazizeit gelb (vgl. den Beitrag über das Hexagramm). In einem Park im Berlin des Jahres 1936 fand sich folgende Aufschrift: „Die gelben Bänke sind für Juden i. S. d. Reichsbürgergesetzes zur Benutzung freigegeben."
Gelb ist übrigens heute noch Quarantänefarbe in der Schiffahrt, in der ein gelbes Kreuz früher die Pest signalisierte. Das Wort „Gelbkreuz" bezeichnet eine Reihe überaus giftiger chemischer Kampfstoffe. G
elb ist also gewissermaßen jene Farbe, die ausdrückt: „Achtung, da kann Gefahr lauern." Das signalisiert schon jede Verkehrsampel, das Abzeichen der (de facto auch am Rand der Gesellschaft lebenden) Blinden, die Farbe der Warnzeichen vor Strahlungsgefahr im Nuklearbereich etc.
Als „Gelbe" wurden mit dem Betriebseigentümer kooperierende Werksgemeinschaften von den offiziellen „roten" Gewerkschaftern stigmatisiert - vielleicht deshalb, weil „yellow" im Englischen auch „feig, furchtsam" bedeuten kann. In Österreich gründete der steirische Heimwehrführer Dr. Walter Pfrimer 1927 im obersteirischen Industriegebiet gelbe Gewerkschaften, um die Arbeiterschaft zu entzweien. Im politischen (Unter-)bewusstsein Österreichs ist die Ambivalenz der Farbe Gelb bis in die Gegenwart spürbar. Es könnte sogar sein, dass in unserem Land - besonders im sozialistischen Lager - außer den erwähnten Faktoren noch die Ablehnung der ehemaligen kaiserlichen Farben Schwarz-Gelb mitschwingt.
Ein Beispiel für die latente Ambivalenz von Gelb: Als im Präsidentschaftswahlkampf 1986 die ÖVP gelbe Plakate mit der Aufschrift „Jetzt erst recht" und „Wir Österreicher wählen, wen wir wollen" affichierte, brach ein wahrer Sturm der Empörung los. Dies ist nur erklärbar durch das (un-)bewusste Nachwirken aller oben genannten negativen Faktoren, wobei bewusst nur auf die gelbe Farbe des Judensterns, wie er im Dritten Reich Verwendung fand, eingegangen wurde.
Auf der positiven Seite der Farbe Gelb steht die Tradition: Für Österreich hatte das „Schönbrunnergelb" eine große Bedeutung, da diese auf das „Schwarz-Gelb" des Kaiserhauses verweisende Farbe eine Vielzahl öffentlicher und privater Gebäude in der gesamten österreichisch-ungarischen Monarchie trugen. (Übrigens war das Schloss Schönbrunn ursprünglich olivgrün gestrichen).
Vergleiche hierzu: Der Leiter des naturwissenschafltichen Labors des Bundesdenkmalamts, Dr. Robert Linke, schreibt in Nr 12/2022 der Zeitschrift "Denkmal heute" über das Schönbrunnergelb
Zur Farbkombination "Gelb-Weiß" siehe den Beitrag "Kirchenfarben" und "kirchliche Heraldik"; zu "Schwarz-Gelb" s.d.