Die neue Schatzkammer im Stift Klosterneuburg #
Wolfgang Christian Huber
Etliche Gegenstände wurden schon im Mittelalter für das Stift angefertigt oder vom Stift erworben und haben den Verband der Schatzkammer seither nie verlassen. Die Hauptstücke werden bis heute in den Schränken, die im späten 17. Jahrhundert für sie gebaut wurden, bewahrt und auch präsentiert. Erst seit 2011 ist die Schatzkammer in drei Räumen im barocken Kaisertrakt öffentlich zugänglich.
Der Ursprung der Schatzkammer von Klosterneuburg ist bezüglich der Reliquien bis in die Anfangszeit des Stiftes zurückzuverfolgen. Schon vom Sohn Markgraf Leopolds III., Otto, dem späteren Bischof von Freising, wird berichtet, er habe von seinem Studium in Frankreich kostbare Reliquien mitgebracht und seinem Vater für dessen Stiftung Klosterneuburg übergeben. Der Status einer Kirche oder eines Klosters hing nicht zuletzt von seinem Reliquienbesitz ab und so war jedes wohlhabende Kloster bestrebt, neue Reliquien für seine Schatzkammer zu erwerben. Daneben sammelte sich im Laufe der Jahrhunderte kostbares liturgisches Gerät, also Kelche, Ziborien, Hostienschalen und sakrale Gewänder, an.
In unserer Zeit hat allerdings eine radikale Umbewertung der in einer kirchlichen Schatzkammer bewahrten Gegenstände stattgefunden. Sahen die Menschen früher die Reliquien als die wahren Schätze an, so bewundern wir heute in erster Linie die kostbaren Gefäße, die man von Goldschmieden für diese anfertigen ließ. Die historisch-materialistische Sichtweise hat die rein spirituelle weitgehend abgelöst.
Als Schatzkammer diente seit alters her die Nikolauskapelle, ein romanischer Bau, der sich direkt an den Kapitelsaal im Bereich des Kreuzganges anschloss. Unmittelbar vor der Schwelle wurde das Grab Leopolds eingerichtet. So wurde dieser Platz zum Zentrum der Verehrung des Heiligen. Für diese Kapelle wurden 1677 die barocken Schränke angefertigt, die auch an ihrem neuen Aufstellungsort nach wie vor den Kern der Klosterneuburger Schatzkammer bilden.
Als die Nikolauskapelle im Zuge der Bauarbeiten für die Vollendung des Kaiserhofes unter dem Architekten Joseph Kornhäusel 1837 abgetragen wurde, musste die Schatzkammer in den barocken Kaisertrakt übersiedeln. Die Schränke wurden in einem rechteckigen Saal in einer Front aufgestellt. 1980 erfolgte eine erneute Übersiedlung. Es wurde ein Ensemble geschaffen, bei dem die Schränke alle vier Wände eines quadratischen Raumes komplett auskleiden, was einen wesentlich harmonischeren Eindruck ergab als vorher. Diese Aufstellung wurde im Großen und Ganzen auch in die neue Schatzkammer übernommen
Heute betritt man die Schatzkammer durch ein 2010 geschaffenes Portal mit dem Wappen des Propstes Bernhard Backovsky (reg. seit 1995). Dahinter öffnet sich die historische Schatzkammertür aus dem 17. Jahrhundert in den ersten der insgesamt drei Räume. Hier befinden sich die wertvollsten Stücke des mittelalterlichen Stiftsschatzes.
Die Schatzkammer im Stift Klosterneuburg,
Gebundene Ausgabe
Wolfgang Christian Huber, 208 Seiten, zahlreiche Farbtafeln
EUR 29.-