Die Farbe Orange#
von Peter Diem
In der strengen Heraldik kann die Farbe Orange, so wie die Farbe Braun, höchstens als „Zaungast" mitmischen. Sie heißt dort auch manchmal noch „Hyazinth" und wird in Schwarzweiß-Darstellungen durch eine Schraffur ausgedrückt, deren vertikales Strich-Punkt-Muster nichts anderes als die Kombination von Rot und Gelb darstellt, was ja dem tatsächlichen Mischungsvorgang entspricht. Orange vereinigt als Zwischenton von Rot und Gelb die Bedeutung beider Grundfarben in sich. Es symbolisiert die „humanisierte Staatsgewalt" und die „erotisierte Sexualität", mit anderen Worten: es mildert und „verjüngt" die Eigenschaften des Rot, und es intensiviert die Eigenschaften des Gelb und macht sie „älter".
Als Farbe, die in der nördlichen Hemisphäre und ihren gemäßigten Zonen in der Natur nur selten vorkommt, hat Orange einen eigenen, erfrischenden Reiz. In Flaggen kommt Orange öfter vor, so in den Flaggen Irlands, Indiens, Nigers und Sri Lankas.
Irland | Indien | Niger | Sri Lanka |
Nach dem Fürstenhaus Oranje-Nassau war die niederländische Flagge ursprünglich orange-weiß-blau. "Oranje" ist bis auf den heutigen Tag Kennzeichen des niederländischen Königshauses und feiert bei jedem Länderspiel als Farbe der holländischen Fans weithin sichtbare Auferstehung.
Und genau das ist die wichtigste politische Bedeutung der Farbe Orange: In den späten sechziger Jahren entfernten sich die SPD und in der Folge auch die SPÖ vom Rot ihrer Gründungszeit und stützten sich insbesondere in der Wahlpropaganda massiv auf Orange. Beide Parteien erzielten damit anfänglich auch gute Erfolge, weil ihr strategischer Weg in die Mitte des politischen Spektrums und ihr neues Selbstverständnis als „linke Volksparteien" durch diesen Farbton symbolpublizistisch wirkungsvoll unterstützt wurde. Dieser Farbton wurde allerdings sowohl in Deutschland wie in Österreich in jüngster Zeit wieder in Richtung Rot "zurückgebaut".
Vgl. "Orange sieht Rot" in der "Wiener Zeitung"