Große Komponisten (Musik-Kolleg Online)#
Teil des Austria-Forum Archivs#
Was ist unter "Musik-Kolleg" zu verstehen?#
Seit über 40 Jahren bringt Dr. Manfred Schilder, Professor für Musikerziehung am Bundesgymnasium Gänserndorf, Eltern und Schüler im Rahmen von "Musik-Kollegs" an das Hören und Verstehen von Musik heran. In regelmäßigen Vortragsabenden werden verschiedene Musikwerke berühmter Komponisten audiovisuell vorgestellt. Anhand von graphisch aufbereiteten Partituren wird der Aufbau der Werke erklärt und gleichzeitig die entsprechenden Musikbeispiele vorgespielt. Dadurch wird in kurzer Zeit auch vom Musiklaien das Hören von Musik nach dem Grundsatz "Sehen - Verstehen - Hören - Empfinden" erreicht.
Was ist unter "Musik-Kolleg Online" zu verstehen?#
In dem Projekt "Musik-Kolleg Online" wird versucht, das bewährte Konzept des Musik-Kollegs mit Hilfe der neuen Medien einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.
Bisher sind Werke folgender Komponisten auf diese neue Methode aufbereitet worden:#
- Ludwig van Beethoven
- Wolfgang Amadeus Mozart
- Joseph Haydn
- Franz Schubert
- Anton Bruckner
- Johann Strauß
- Johannes Brahms
- Arnold Schönberg
- Josef Matthias Hauer
- Karl Schiske
50 Jahre Musikkolleg – Rückblick Sehr geehrte Damen und Herren!
Die letzte Kulturaussendung, die mit der Frage geendet hat, ob ein verfasster Rückblick aus Anlass der bevorstehenden Kulturaussendung Nr. 500 geschrieben werden soll, stellte sich bei Durchsicht der versendeten Kulturaussendungen als schwierig heraus diese zu schreiben, da die Anzahl der Veranstaltungen sehr groß ist.
Es begann als eine namenlose musikpädagogische Initiative im Bundesgymnasium Gänserndorf im Schuljahr 1969/70 – Musik nicht nur hören, sondern auch sehen, erleben und verstehen. Eltern fragten an, was sich im Musikunterricht tut – und ich lud zu Musikabenden ein, nicht nur die Eltern, sondern auch persönliche Freunde und den ÖCV-Zirkel Gänserndorf.
Daraus entwickelte sich das Musikkolleg: 301 Elternabende fanden bis heute im Bundesgymnasium Gänserndorf statt, die meisten im Musikzimmer, manche in der Aula, einige, wegen des großen Andrangs, im Turnsaal. Um die Idee bekannt zu machen und Mitstreiter zu finden, wurden an meinen freien Tagen alle Hauptschulen Niederösterreichs aufgesucht und in allen Klassen audio-visuelle Vorträge präsentiert, dazu kamen die Vortragstätigkeiten und Lehrerfortbildungsveranstaltungen in ganz Österreich.
Daneben gab es noch andere Aktivitäten: Höhepunkte waren die Besuche im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins (Proben und Konzerte von Österreichs Spitzenorchestern) und 1950 Opernbesuche in der Wiener Staatsoper, die fast immer wurden auf Stehplatz durchgeführt wurden. Eingebettet in die Vielzahl von Aktivitäten waren Diskussionsveranstaltungen mit Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens (Staatsoperndirektor, Kulturkritiker, ausübende Künstler wie Sabine Meyer, Klarinette, (Zitat: „Ich spreche über alles, nur nicht über Karajan“), Hans Weigel; ein Abend mit Marcel Prawy aus Anlass des Todes von Karl Böhm im Wiener Musikverein, mit Architekt Univ. Prof. Gustav Peichl, Begegnungen mit österreichischen Komponisten, aber auch Besuche von Musikereignissen in Österreich von Schärding bis Schloss Hof (mit Fourage für 650 Personen und anschließender „Aida“ in der Oper Bratislava!),Grafenegg-Besuche, Operette in Schärding, Oper in Klosterneuburg, Stadtrundgänge auf musikhistorischen Wegen in Wien, mehrfache Fahrten mit mehreren Bussen zur Linzer Klangwolke, Veranstaltungen im Lehar Schlössl in Wien XIX (1905 war das Jahr der Uraufführung von „Salome“ und „Die lustige Witwe“), Besuche des Johann Strauss-Orchester (Bühnensitze im Wiener Musikverein!), Raimundspiele in Gutenstein/NÖ, Richard Wagner-Festspiele 2020 in Nikolsburg und Aktion „Eine Stunde österreichische Musik für österreichische Soldaten“.
Die mich persönlich berührendste Veranstaltung war die mit dem Kulturkritiker der Tageszeitung „Die Presse“. Dr. Franz Endler. Er referierte zum Thema Bundestheaterbericht, erlebte dann ein Musikkolleg, verließ das Gymnasiumsgebäude Gänserndorf mit den noch anwesenden Eltern um 1 Uhr früh und schrieb dann einen denkbar positiven Bericht unter dem Titel „Auf nach Gänserndorf“, der anerkennende Leserbriefe provozierte.
Es gab aber nicht nur Musikveranstaltungen, sondern auch Museums-, Kabarett- und Theaterbesuche (2 x wurde der Simpl komplett angemietet), Frühlingsbälle auf Schloss Coburg zu Ebenthal mit mitternächtlich abgehaltenen Musikkollegs, politische Diskussionen, Aufsuchen der Mozart Grabstätte nachts mit Fackelbeleuchtung und Punsch-Konsum. Wesentlich für die Verbreitung der Idee war die Einbeziehung von Institutionen wie Forum Marchfeld, Arbeitsgemeinschaft der Musikerzieher Österreichs, Bildung Babenberg Deutsch-Wagram, der katholischen Verbände MKV und ÖCV. Die Verständigung erfolgte bis heute über fast 500 per mail verschickte Kulturaussendungen. Im Rahmen der 750 Veranstaltungen stieg die Zahl der teilnehmenden Personen auf 270.000.
Das Musikkolleg leistet somit einen wesentlichen und einfach zu bewältigenden Beitrag zur gelebten Schulpartnerschaft zwischen Eltern, Lehrern und Kindern. Nebenbei wird erreicht, dass der Stellenwert der ästhetischen Fächer gegenüber den kognitiven Fächern im Schulkanon eine bedeutende Betonung erfährt. Das Musikkolleg entspricht somit der Forderung nach der „offenen Schule“ und dem „lebenslangen Lernen“, da es die interessierte Bevölkerung in die vorhandene regionale Kulturarbeit einbindet und die Aufgaben einer kulturellen Nahversorgung erfüllt.
Bei abgehaltenen Musikkollegs in den Ländern Tschechien, Slowakei, Ungarn und Slowenien spielt das völkerverbindende Element der Kultur eine bedeutende Rolle, ebenso der Besuch grenznaher Gymnasien in Tschechien und der Slowakei mit Rückeinladungen nach Österreich.
Es gab Opernfahrten in das benachbarte Ausland, wie Györ, Preßburg, Böhmisch-Krumau, Brünn, Böhmisch-Budweis, Olmütz, Banská Bystrica, Trnava, Veszprém, Mailand, Stuttgart, Mühlhausen, Leipzig, Venedig, Triest, Dresden, Berlin, Paris, Breslau, Nizza, Monaco, Weimar, Brescia, Piacenza, Barcelona, Nürnberg, Budapest, Lyon, Kopenhagen, Turin, Hamburg, Nikolsburg und Riga. Bei allen Opernfahrten – auch dies ein Charakteristikum des Musikkollegs – wurden von mir vorbereitende und besprochene Kassetten, später Compact Disc, in den Bussen abgespielt. Und manchmal waren zum Opernhaus 14 Busse unterwegs.
Unvergesslich bleibt mir mein Einführungsvortrag „Tristan und Isolde“ bei den Bayreuther Festspielen 2005. Die Methode Dr. Schilder.
Neu an Schilders Methode ist, dass in den Notenseiten die relevanten Teile durch spezielle Klammern gekennzeichnet sind, dies sowohl graphisch als auch verbal. In der Notenseite stehen dann musikalische Begriffe wie Exposition, Hauptthema oder Salome-Motiv. Bei meinen Vorführungen, bei denen die Notenseiten mit einem Diaprojektor an die Wand projiziert werden, weise ich mit dem Zeigestab auf die jeweils gespielten Noten und Erklärungen hin. Der Zuhörer hört nicht nur das Salome-Motiv, er nimmt es intellektuell wahr, weil er es im Augenblick des Erklingens auch gelesen hat. Die Idee der multisensorischen Rezeption ist dadurch gegeben. Selbst der Notenunkundige kann dem musikalischen Geschehen folgen. Musik hören, sehen, verstehen und erleben ist Realität geworden. Wäre diese Entwicklung im Musikkolleg nicht gewesen, gäbe es keine Musikkolleg-Besucher.
Besucher des Musikkollegs im BG/BRG Gänserndorf:
Bundespräsident Dr. Kurt Waldheim, österreichische Bundesminister und Staatssekretäre, die Landeshauptleute von Niederösterreich (LH Mag. Siegfried Ludwig hat drei Jubiläumsveranstaltungen des Musikkollegs im Gymnasium Gänserndorf aufgesucht), Rektoren von Universitäten und Musikhochschulen, Medienfachleute, die führenden Kritiker der überregionalen Presse, zahlreiche Universitätsprofessoren. Österreichische Komponisten, Johann Sklenka, Kabarettist und Komponist, Prof. Gerhard Tötschinger, etc.
Das Musikkolleg ist unter der Adresse http://www.aeiou.at (Album Musikkolleg) oder www.austria-forum.org abrufbar. Ich habe gerne unterrichtet, Geschichte sehr selten, Musikerziehung immer. Wäre das Musikkolleg nicht im Mozarthaus gegründet worden, mein Leben wäre etwas ärmer. Ich wurde auch gebeten, Diareihen an Kollegen weiterzugeben – insgesamt wurden 60.000 Dias hergestellt. Ursprünglich habe ich Filme zu 1,60 Meter erworben, zuletzt kaufte ich die Filmrollen zu 600 Meter.
Der zurückgelegte Weg des Musikkollegs kann als Erfolgsmodell beschrieben werden, deshalb sollten Gedanken bezüglich Nachfolge und Erweiterung erfolgen.
Ich danke für die vielen schönen Stunden, die ich mit euch erleben durfte.
Manfred Schilder
-- gamauf gerald antal, Freitag, 6. November 2020, 04:31