Reformationszeitalter 1522-1620#
Die Entwicklung des Habsburgerreichs war in dieser Phase durch starke räumliche Veränderungen gekennzeichnet: Maximilian I. konnte 1493 nach dem Tod seines Vaters Friedrich III. alle habsburgischen Besitzungen in seiner Hand vereinigen, da er 1490 auch Tirol und die Vorlande von seinem Vetter Sigmund erhalten hatte. Durch die Heirat seines Sohnes Philipp mit Johanna von Kastilien erstreckte sich nach 1516 die habsburgische Macht nicht nur über weite Teile Westeuropas (Niederlande, Burgund, Spanien), sondern auch auf den allmählich in Besitz genommenen amerikanischen Kontinent; in Relation zu diesen Flächenerweiterungen nahm die Bedeutung der deutschsprachigen Gebiete ab. Maximilians Enkel Karl V. teilte den riesigen Besitz mit seinem Bruder Ferdinand. Karl behielt den spanisch-burgundischen Bereich und die Kaiserwürde, Ferdinand I. bekam die deutschen Erblande mit den Vorlanden. Für ihn wurde durch seine Heirat mit Anna von Ungarn († 1547) die Anwartschaft auf die böhmischen und ungarischen Kronen entscheidend, denn dadurch wurde der Schwerpunkt seiner Macht auf Mitteleuropa konzentriert. Mit diesem Erbe nach dem Tod König Ludwigs II. 1526 begann aber der jahrhundertelange Konflikt mit dem bis Ungarn vorgedrungenen Osmanischen Reich. Künftig banden die Türkenkriege und die Sorge vor weiteren Einfällen die militärischen Kräfte; zunächst konnten gerade Westungarn und die Slowakei gehalten werden, die Etablierung eines türkischen Paschaliks im Zentrum Ungarns und eines osmanischen Satellitenstaats in Siebenbürgen musste man hinnehmen.
Diese Situation hatte Einfluss auf der Verlauf der Reformation, die auch in den österreichischen Ländern zu einer bedeutenden Bewegung anwuchs, und die ständischen Autonomiebestrebungen.
Da der Landesfürst bei der Finanzierung der Verteidigung auf das Wohlwollen des Adels angewiesen war, war die Politik dieser Jahrzehnte durch viele Junktime geprägt, die sich allerdings des Öfteren negativ auswirkten. Ferdinand I. versuchte redlich (aber ohne Erfolg), die konfessionellen Schranken zu überwinden, seinem Sohn Maximilian II. wurde sogar nachgesagt, er sympathisiere mit den Protestanten. Dieser blieb aber katholisch und legte durch das Zugeständnis der freien Religionsausübung für den Adel und dessen Untertanen in den Jahren 1568-71 sogar die Grundlage für die einsetzende Gegenreformation. Die Voraussetzung dafür war aber eine Reform der katholischen Kirche, die durch viele Maßnahmen, vor allem durch die Berufung der Jesuiten, gelang.
Die Lage unterschied sich in den einzelnen habsburgischen Ländern, die nach dem Tod von Ferdinand I. unter dessen Söhnen geteilt wurden, beträchtlich. Maximilian II. wurde Kaiser und behielt neben Österreich die böhmischen Länder und Ungarn. Karl II. bekam Innerösterreich mit dem Zugang zum Meer und der Verpflichtung, die kroatische Grenze gegen die Osmanen zu verteidigen. Sein Sitz wurde Graz, wo nun ein Hof und Behörden geschaffen wurden. Er wurde von den Protestanten hart bedrängt, freie Religionsausübung zu gewähren. Er wollte die katholische Kirche erneuern, berief 1572 die Jesuiten, übergab ihnen die 1585 gegründete Universität in Graz, musste aber 1578 in der Brucker Pazifikation den Evangelischen weitgehende Zugeständnisse einräumen. Erzherzog Ferdinand II. nahm aufgrund seiner Heirat mit Philippine Welser in der Familie eine Randstellung ein, er erhielt Tirol und die Vorlande und führte als Renaissancefürst einen kulturell beachtlichen Hof, von dem Schloss Ambras und seine Kunst- und Wunderkammer zeugen. Da seine Nachkommen von der Erbfolge ausgeschlossen waren, regierte Erzherzog Maximilian III. 1602-18 Tirol, dann ab 1619 Leopold V., der in Tirol eine neue Nebenlinie der Habsburger begründete, die bis 1665 bestand.
Das 16. Jahrhundert brachte aber auch vielerlei wirtschaftliche Probleme. Neben den Grundherrschaften, deren Ausbeutungspolitik zu mehreren Bauernaufständen führte (1525 in Tirol und Salzburg, 1595-97 in Oberösterreich und Niederösterreich), wurden das Gewerbe und die frühkapitalistischen Gewerke immer wichtiger. Diese verarbeiteten das Eisen, das vor allem auf dem steirischen Erzberg gewonnen wurde. Dazu war eine großräumige Organisation ("Widmung") erforderlich, deren Aufgabe die Versorgung des Eisenerzer Gebiets mit Lebensmitteln und der Absatz des Eisens und der Eisenwaren war. Das Gebiet um Leoben, die Stadt Steyr und der Raum um Kirchdorf in Oberösterreich sowie um Waidhofen an der Ybbs in Niederösterreich wurden davon geprägt. Nicht unbedeutend waren auch der Vieh- und Weinhandel auf der Donau sowie der Transport von Salz aus den Fundstätten im Dürrnberg und im Salzkammergut nach Niederösterreich und Böhmen.
Im 16. Jahrhundert setzte sich auch der Renaissancestil in der Baukunst durch, mehrere Schlossbauten zeugen davon, eines der bedeutendsten Beispiele ist der Arkadenhof der Schallaburg bei Melk. Aber auch in Städten hinterließ diese Epoche ihre Spuren (Rathäuser, Fassaden mit Sgrafitti).
Trotz des feindlichen Verhältnisses zu den Türken wurden Zierpflanzen wie Tulpe und Flieder aus deren Ländern übernommen; unter Maximilian II. wurde erstmals ein Elefant aus Spanien durch Österreich nach Wien getrieben, um in der Menagerie von Kaiserebersdorf gezeigt zu werden.
Unter Ferdinand I. wurden die Befestigungsanlagen von Wien erneuert, um gegen einen eventuellen Vorstoß der Türken gerüstet zu sein. Unter seinem Enkel Rudolf II., der seinen Wohnsitz auf den Hradschin in Prag verlegte, erlebte diese Stadt eine besondere kulturelle Blüte, der politischen Praxis war Rudolf aber nicht in vollem Maß gewachsen. In den österreichischen Ländern wurde auf sein Geheiß gewaltsam die Gegenreformation vorangetrieben, die kirchlichen Einrichtungen wurden wieder in guten Zustand versetzt. Im donau-österreichischen Raum war Kardinal Melchior Klesl der wichtigste Helfer von Erzherzog Ernst, später auch Berater von Kaiser Matthias. Dieser wurde nach 1600, als neuerlich der 1593 ausgebrochene Türkenkrieg die Erblande bedrohte und Rudolf II. in Prag untätig blieb, von den übrigen Erzherzögen als Haupt der Familie anerkannt, kontinuierlich entmachtete er Rudolf ("Bruderzwist"). Als Rudolf 1612 starb, wurde Matthias sein Nachfolger, blieb aber nun seinerseits untätig, so dass dessen Nachfolger Ferdinand II. aus der steirischen Linie zum neuen Hoffnungsträger wurde. Dieser war streng katholisch und setzte die Gegenreformation in Innerösterreich mit harter Hand durch. Von Tirol aus griff Maximilian III. in die österreichischen Angelegenheiten ein. Bekannt geblieben ist er als der Stifter des österreichischen Erzherzogshuts (aufbewahrt im Stift Klosterneuburg).
Noch unter Kaiser Matthias brach mit dem Prager Fenstersturz am 23. 5. 1618 der Dreißigjährige Krieg aus. In dessen Anfangsphase musste sich Ferdinand II. gegen massive Forderungen der evangelischen Stände von Niederösterreich durchsetzen. Nur mit dem Zugeständnis, ihren Glauben zu belassen, konnte er die Huldigung erlangen. Er hielt zwar sein Wort, als er nach der Schlacht am Weißen Berg (8. 11. 1620) auch in Österreich die Oberhand behielt, die führenden Protestanten wurden aber ihrer Güter verlustig erklärt, wenn auch die Besitzveränderungen weniger hart durchgezogen wurden als in Böhmen und Mähren. Die Stände büßten ihren politischen Einfluss ein, mit dem Jahr 1620 begann der landesfürstliche Absolutismus und damit eine neue Epoche der Geschichte.
Literatur#
- A. Novotny und B. Sutter (Hg.), Innerösterreich 1564-1619, 1967
- Renaissance in Österreich, 1974
- G. Heiß, Reformation und Gegenreformation (1519-1620), Die Quellen der Geschichte Österreichs, Schriften des Instituts für Österreichkunde 40, 1982
- R. J. Evans, Das Werden der Habsburgermonarchie, 1989
- K. Vocelka, Kaiser Rudolf II. und seine Zeit, 1985
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